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Die Fünf Tore 1 - Todeskreis

Titel: Die Fünf Tore 1 - Todeskreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Ein großer, bärtiger Mann mit einer blutbespritzten Schürze schlug mit einem kleinen Beil auf ein Stück Fleisch. Matt konnte hören, wie die Schneide einen Knochen zerteilte.
    Es waren einige Leute auf dem Platz unterwegs, und als Matt das Fahrrad gegen das Kriegerdenkmal lehnte, tauchten noch mehr auf. Matt hatte den Eindruck, dass sie seinetwegen gekommen waren. Sie sahen eher neugierig als freundlich aus. Alle blieben in einiger Entfernung stehen und begannen, miteinander zu flüstern. Es war ein komisches Gefühl für Matt, im Mittelpunkt des Interesses dieser weltfernen Gemeinde zu stehen. Er war überzeugt, dass jeder der Dorfbewohner genau wusste, wer er war und warum er hier war.
    Eine Frau kam auf ihn zu, die ihm bekannt vorkam. Sie hatte langes weißes Haar, einen winzigen Kopf und schwarze Augen, die aussahen, als gehörten sie einer Puppe. Als sie näher kam, sah Matt, dass sie durch ein Feuermal entstellt war. Ein hässlicher lilafarbener Fleck bedeckte einen großen Teil ihres Gesichts. Er dachte zurück an die Zeit, in der er krank gewesen war. War diese Frau in seinem Zimmer in Hive Hall gewesen?
    »Wie schön, dich wieder auf den Beinen zu sehen«, sagte sie lächelnd. Ihre Stimme klang quietschend und zugleich rau, und sie verschluckte die Endungen aller Worte. »Mein Name ist Claire Deverill. Du lebst bei meiner Schwester.«
    Also harte er recht. Er hatte sie schon einmal gesehen.
    »Ich bin die Lehrerin der Grundschule von Lesser Malling«, fuhr sie fort. »Vielleicht kommst du bald zu uns.«
    »Ich bin zu alt für die Grundschule«, widersprach Matt.
    »Das mag sein, aber ich fürchte, für die fünfte Klasse bist du zu dumm. Ich habe deine Zeugnisse gesehen. Du warst faul. Du hast nichts gelernt. Kein gutes Beispiel für die anderen Kinder.«
    Eine andere Frau war aufgetaucht. Sie war groß und dünn und schob einen uralten Kinderwagen, dessen Räder bei jeder Umdrehung quietschten.
    »Ist das der Junge?«, fragte sie.
    »Ja, Miss Creevy, das ist er.« Claire Deverill lächelte.
    Matt warf einen Blick in den Kinderwagen. Es lag kein Baby darin. Miss Creevy fuhr eine große Porzellanpuppe spazieren, die mit einem eingefrorenen Lächeln und großen, leeren Augen zu ihm aufschaute.
    Matt konnte es nicht länger ertragen. Er wünschte sich, er wäre niemals hergekommen. »Ich suche die Apotheke«, sagte er.
    »Sie ist da drüben.« Claire Deverill zeigte ihm die Richtung. »Neben dem Geschäft mit den Süßigkeiten.«
    Zwei weitere Frauen, offenbar eineiige Zwillinge, waren auf der anderen Seite des Platzes aufgetaucht. Sie sahen wie Vogelscheuchen aus, ihre schwarzen Mäntel flatterten im Wind. Zur gleichen Zeit kam ein kleiner, dicker Mann mit blauen und grünen Tätowierungen auf den Armen, dem Gesicht und dem ganzen Kopf aus der Kneipe. Zwischen seinen Zähnen klemmte eine Pfeife aus Ton. Als er Matt entdeckte, fing er an zu lachen. Matt ging weg, bevor er ihm zu nahe kommen konnte.
    Eigentlich war es kein Wunder, dass alle Einwohner von Lesser Malling ein bisschen verrückt waren. Das muss man wohl sein, um hier zu leben, dachte Matt. In der Nähe der Kirche war ein Teich, und Matt bemerkte ein paar Kinder, die Enten fütterten. Er ging auf sie zu, aber schon im Näherkommen wurde ihm klar, dass er hier keine Freunde finden würde. Eines der Kinder war ein etwa zehnjähriger Junge mit merkwürdig aussehendem grünlichen Haar und fetten Beinen, die aus seinen Shorts quollen. Zwei Mädchen, die aussahen, als wären sie Schwestern, trugen identische, altmodische Kleider und Zöpfe. Der zweite Junge war ungefähr sieben und verkrüppelt. Er trug eine Metallschiene an einem Bein. Normalerweise hätte er Matt leid getan, doch als er näher kam, hob der Junge ein Luftgewehr und zielte damit grinsend auf die Enten. Hastig holte Matt aus und kickte eine Ladung Kies ins Wasser. Die Enten flogen auf. Der Junge schoss auf sie, traf aber keine.
    »Warum hast du das getan?«, fragte eines der Mädchen empört.
    »Was macht ihr hier?«, fragte Matt. »Wir füttern die Enten, und dann knallt Freddie sie ab«, erklärte das andere Mädchen. »Das ist ein Spiel.«
    »Ein Spiel?«
    »Schießbude!«, riefen beide Mädchen gleichzeitig.
    Freddie lud sein Luftgewehr nach. Angewidert schüttelte Matt den Kopf. Er verließ die Kinder und ging auf die Apotheke zu.
    Eine Apotheke wie diese hatte er noch nie gesehen: Sie war düster und roch widerlich. Auf den Regalen lagen ein paar Packungen mit Kopfschmerztabletten

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