Die Fünf Tore 1 - Todeskreis
schreckliche Mrs Deverill war wenigstens eine gute Köchin. Als Matt noch bei Gwenda Davis gewohnt hatte, waren all seine Mahlzeiten aus dem Gefrierschrank direkt in die Mikrowelle gewandert. Hier war das Essen viel besser: selbst gebackenes Brot, dicke Eintopfgerichte und Obstkuchen mit knusprigem Rand.
Matt hatte sich verändert. Er spürte, dass im Verlauf seiner Krankheit etwas mit ihm geschehen war, auch wenn er nicht wusste, was es war. Es war, als wäre in ihm ein Schalter umgelegt worden. Er konnte es nicht erklären, aber er fühlte sich jetzt stärker und zuversichtlicher als je zuvor.
Matt war froh über diese Veränderung, denn er hatte einen Entschluss gefasst. Er würde weglaufen. Er fand es immer noch empörend, dass das FED-Programm ihn in diese gottverlassene Gegend geschickt hatte, damit er Sklavenarbeit für eine verbitterte, niemals lächelnde Frau verrichtete. Matt konnte Mrs Deverill nicht leiden, doch Noah war fast noch schlimmer. Normalerweise war er draußen auf den Feldern und holperte auf einem uralten Traktor herum, der schwarzen Rauch ausstieß. Aber wenn er auf dem Hof war, starrte er Matt pausenlos an, und sein abschätziger, schadenfroher Gesichtsausdruck schien anzudeuten, dass er etwas wusste, was Matt nicht wusste. Matt fragte sich, ob er geistig behindert war. So benahm sich doch kein normaler Mensch.
Matt war egal, was aus ihm wurde, er wusste jedenfalls genau, dass er nicht in Hive Hall bleiben konnte. Kein ganzes Jahr. Nicht einmal mehr eine Woche. Er hatte kein Geld, aber er war sicher, dass er im Haus welches finden würde, wenn er nur gründlich genug danach suchte. Dann würde er entweder per Anhalter oder mit dem Zug nach London fahren und dort untertauchen. Er hatte zwar schon jede Menge Horrorgeschichten über ein solches Leben gehört, aber er war überzeugt davon, dass er es durchstehen würde. Und in zwei Jahren würde er sechzehn sein und selbst über sein Leben bestimmen können. Dann würde ihm nie wieder ein Erwachsener Vorschriften machen.
Mrs Deverill erschien an der Tür des Farmhauses und rief nach ihm. Matt hatte seine Uhr nicht um, aber er vermutete, dass es ein Uhr war. Sie war immer pünktlich. Er ließ den Spaten fallen und kletterte aus dem Pferch. In einiger Entfernung kam Noah mit zwei Eimern Tierfutter über den Hof. Noah aß nie im Haus. Er hatte ein Zimmer auf dem Heuboden der Scheune, und dort kochte er, schlief und wusch sich – allerdings wohl nicht allzu oft, denn er stank schlimmer als die Schweine.
Matt zog die Stiefel vor der Haustür aus und wusch sich am Spülbecken die Hände. Mrs Deverill stellte einen Topf mit Gemüsesuppe auf den Tisch, auf dem schon Brot, Butter und Käse standen. Auf der Kommode saß Asmodeus, und Matt lief eine Gänsehaut über den Rücken. Er verabscheute diesen Kater noch mehr als Noah – und das lag nicht nur an der gezackten Narbe auf seiner Hand. Genau wie Noah beobachtete ihn der Kater ständig. Er schien einfach überall zu sein. Matt brauchte nur den Kopf zu wenden, und prompt sah er ihn – auf einem Baum sitzend, auf dem Fensterbrett oder auf einem Stuhl, und immer waren seine hässlichen gelben Augen auf ihn gerichtet. Normalerweise starrte Asmodeus Matt nur an, doch wenn er dem Kater zu nahe kam, machte er einen Buckel und fauchte ihn an.
»Bitte verlass die Küche, Asmodeus«, sagte Mrs Deverill. Sie sprach mit dem Kater wie mit einem Menschen, und er schien jedes Wort zu verstehen. Er sprang aus dem Fenster und verschwand.
Matt setzte sich und begann zu essen.
»Ich möchte, dass du heute Nachmittag etwas für mich tust, Matthew«, sagte Mrs Deverill.
»Ich miste den Schweinestall aus.«
»Ich weiß, was du tust. Du musst allmählich lernen, dass es dich kein bisschen weiterbringt, unhöflich zu Leuten zu sein, die älter und klüger sind als du. Ich habe eine Aufgabe für dich, die dir wahrscheinlich gefallen wird. Ich möchte, dass du etwas für mich in der Apotheke von Lesser Malling abholst.«
»Was soll ich abholen?«
»Es ist ein Päckchen, auf dem mein Name steht. Du kannst nach dem Mittagessen gehen.« Sie hielt einen Löffel voll Suppe an ihre Lippen. Der Dampf stieg vor ihrem harten, niemals lächelnden Gesicht auf. »In der Scheune steht ein altes Fahrrad, das du benutzen kannst. Es hat meinem Mann gehört.«
»Sie waren verheiratet?« Das war Matt neu. Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand freiwillig sein Leben mit dieser Frau verbrachte. »Nur für kurze Zeit.«
»Was
Weitere Kostenlose Bücher