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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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verstehst das nicht ganz, Robin. Das
ist
die Energie. Die Feindseligkeit um uns herum, die negativen Schwingungen aus dem Dorf, das ist alles wichtig, um diese besondere Spannung hervorzurufen. Das ist der ganz große Kampf in einem Mikrokosmos. Mit diesen fanatischen, fundamentalistischen Christen auf der anderen Seite des Tors, die ihre simplen Lieder singen und uns alle spirituelle Energie entgegensetzen, die ihnen noch geblieben ist.»
    «Reibung, Mann.» George Webster rieb seine Hände aneinander und machte wieder diese Rauch-Sache. «Es geht um den Zündfunken. Es ist ein Feuerfest. Der Drache erhebt sich.»

42
Den Einsatz erhöhen
    «Christus sei bei mir, Christus sei in mir, Christus sei hinter mir, Christus sei vor mir   …»
    Es waren die Worte von Sankt Patricks Harnisch, dem alten keltischen Schutzgebet.
    Merrily kniete in der Kirche von Ledwardine auf den Altarstufen und bat um einen klaren Verstand und das Verschwinden der Albträume. Heute war Mariä Lichtmess, von den Heiden Imbolg genannt. Die katholische Kirche weihte an diesem Tag ihre Kerzen. In der Gemeinde von Nicholas Ellis wurden sie ins Fenster gestellt, um die Hexen fernzuhalten.
    Merrily erinnerte sich immer noch an einzelne Sätze aus Ellis’ Exorzismus von Marianne Starkey.
    «Verfluchter Drache, wir warnen dich im Namen von Jesus Christus und Michael, im Namen von Jehova, Adonai, Tetragrammaton   …»
    Offensichtlich folgte Ellis mit seinen Exorzismen einer Tradition, die es hier an der Grenze seit Jahrhunderten gab. Betty hatte ihr aufgeschrieben, was ihr von dem Spruch, der im Kamin gefunden worden war, und von dem in der Kirche von Cascob noch in Erinnerung war. Eine schlaue Mischung aus Katholizismus, Anglikanismus, Heidentum und ritueller Magie. Genau das, was man erwarten konnte in einer Gegend, in der verschiedene Kulturen, Sprachen und Religionen aufeinandertreffen. Diese Litanei machtvoller Namen, diese magischen Wiederholungen wirkten wie eine Keule. Merrily stellte sich vor, wie Elizabeth Loyd vor dreihundert Jahren eingeschüchtert auf dem Steinboden der St.-Michael-Kirche in Cascob gekniet hatte.
    Wenn man auf einen Widersacher traf, dämonisierte man ihn einfach und erschlug ihn mit Hilfe der heiligen Namen. Es war eine harte, zweckmäßige Praxis   … und seit Jahrhunderten bewährt.
    «Vater Ellis ist keiner von diesen rührseligen Pfarrern.»
    «Das passt kaum zu Jeffery Weal, oder?»
, hatte Barbara Buckingham über Ellis’ evangelikale Erweckungsgottesdienste mit ihrem emotionalen Überschwang gesagt. Nein, wohl kaum. Aber diese Art Gottesdienste waren auch nur die Oberfläche des Ganzen. Mit ihnen vereinte er die Gemeinde und umgarnte die Einheimischen und die Zugezogenen gleichermaßen.
    Aber unter dieser Oberfläche passte Ellis zu diesem Dorf, genau wie Judith gesagt hatte. Ein ruhiger Evangelist, weder überschwänglich noch charismatisch im üblichen Sinne, eher praktisch veranlagt und manchmal beinahe angezogen wie ein Armeekaplan. Und wenn es nötig war, konnte er den Leuten wahre Gottesfurcht einflößen: der Sohn des Landrats, der das Auto gestohlen hatte und damit Schande über seine gut beleumundete Familie zu bringen drohte   … der Jugendliche mit einer Tasche voll Ecstasy   … der Anwalt, der nichts weiter wollte, als dass seine Frau ihn genauso liebte wie er sie   … die gelangweilte, laszive Frau des Wirts, die, früher oder später, einen
einheimischen
Mann verführen könnte.
    Ellis hatte sich seine Unterstützung erarbeitet, indem er die sonst so ruhigen Gewässer von Old Hindwell aufgepeitscht hatte, während er sich in aller Ruhe auf ein größeres, dunkleres, nebulöseres Ziel konzentriert hatte. In der Dorfhalle hatte er einen imaginären Dämon der Lust ausgetrieben. Aber er hatte durch Marianne auch Robin Thorogood angegriffen und das, wofür er stand.
    Aber wofür stand er? Die Thorogoods hatten niemanden bedroht, sie hatten im Ort keine bestimmte Ansicht vertreten – Betty schien sogar unsicher zu sein, dass die Hexerei überhaupt das Richtige für sie war. Doch Ellis hatte keine Zeit verloren und die beiden sofort dämonisiert.
    «Da ham Sie ’n Problem, junge Frau. Die Frage is doch, auf welcher Seite stehn Sie, nich?»
    Merrily trat näher an den Altar. Die bunten Kirchenfenster erwachten langsam zum Leben, es dämmerte. Sie sprach den letzten Vers des Gebets:
    «Lass mich nicht vor Deiner Liebe flüchten,
    sondern bewahre mich vor den Mächten des Bösen.
    Wenn ich

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