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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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halten.»
    «Im, hm, Bible Belt?»
Schlangen und heiße Kohlen?
    «Dort ist mir die Macht Gottes bewusst geworden.» Der Pfarrer sah die nebelverhangene Kirche an. «Wenn Sie so wollen, ist der Heilige Geist auf mich niedergekommen und hat mich berührt.»
    Nein,
das
wollte Robin nicht. «Sehen Sie, wie der Nebel den Turm einhüllt? Für einen Maler ist das faszinierend.»
    «Diese reine Leidenschaft, diese fast elektrische Spannung, die in diesen kleinen Kirchen herrschte.» Ellis’ Hände ballten sich zu Fäusten. «Die lebendige Kirche – ich habe zum ersten Mal begriffen, was das heißt. Und hier haben wir all diese schönen alten Gebäude mit jahrhundertealter Tradition   … und wir verlieren es, Robin, wir verlieren es.»
    «Das stimmt», sagte Robin neutral.
    Ellis nickte in Richtung der Ruine. «Dichter besingen die Schönheit dieser Kirchen auf dem Lande   … und sie meinen die Gebäude, die Natur. Aber ist das nicht eine sehr oberflächliche Auffassung von Schönheit?»
    «Hm   … wahrscheinlich.» Robin überlegte, was Betty an seiner Stelle sagen würde, und äußerte sich lieber nicht dazu. Aber im Innersten wusste er, dass das, was diese Dichter beschworen, ob sie sich nun darüber im Klaren waren oder nicht, die
Energie
dieser Orte war, die es schon lange vor dem Christentum gegeben hatte. Die Energie, die Robin jetzt gerade spürte beim Anblick des Turms im Nebel und dem Geräusch des strömenden Wassers. Klar, dass die Christen das aufgegriffen hatten, vor allem im Mittelalter mit seinen riesigen gotischen Kathedralen. Aber im Grunde, dachte Robin, als er den Pfarrer ansah, ist das eine heidnische Sache.
    Und in diesem Moment wurde ihm klar, was sein Ziel war. Was immer die Zukunft für ihn und diesen lässig gekleideten Pfarrer bereithielt, es würde nichts mit freundlicher Rivalität und gutmütigem Spott zu tun haben.
    «Die Gebäude sind Schmuckstücke und dennoch nur hohler Schein», sagte Ellis. «Als ich nach Hause kam, fühlte ich mich wie ein Missionar im eigenen Land. Ich habe damals als Lehrer gearbeitet. Aber als ich später ordiniert wurde und hier gelandet bin, wusste ich, dass dies der Ort ist, an dem ich sein sollte, es ist eine Bestimmung. Die Leute hier wissen, was wirklich wichtig ist.»
    «Was denn?»
    Ellis überging die Frage. Er sprach jetzt darüber, dass die Staaten auch ihre schlechten Seiten hätten. Dass die Leute in Kalifornien ihre Seelen wegwürfen wie Bonbonpapier und in den Schaufenstern Teufel säßen wie Weihnachtsmänner in der Adventszeit, mit Tarotkarten, Runen und I-Ging -Sets.
    «Unglaublich, diese Leute, oder?» Robin wandte sich ab und unterdrückte ein Grinsen. Er war zwar an der Ostküste aufgewachsen, aber er gehörte eindeutig zu
diesen Leuten
.
    «Hier ist es weniger offensichtlich. Dafür sitzt es aber viel tiefer», sagte Ellis.
    Robin sagte nichts, war aber nicht sicher, ob das die beste Reaktion war. Vielleicht hätte jeder normale Mensch, der mit solchem Mist bombardiert wurde, schon lange behauptet, dass er zu tun hätte – war nett, mit Ihnen zu sprechen, vielleicht treffen wir uns ja bald mal wieder.
    Ellis sah zu den regenverhangenen Hügeln hinüber und sagte, dass genau in der Woche seiner Ankunft bekanntgegeben worden sei, dass Archäologen im Radnor Valley Hinweise auf die größten prähistorischen Holztempel gefunden hätten, die jemals in Europa entdeckt worden seien.
    Robin hatte gesagt: «Ja, ist das nicht toll?»
    Als Ellis sich zu ihm umdrehte, stand in seinen Augen ein Leuchten, das Robin an einen Gasbrenner erinnerte.
     
    «Er hat gesagt, das sei ein Zeichen dafür, dass etwas an die Oberfläche kommt.»
    «Dass sie die prähistorische Stätte gefunden haben?» Betty setzte sich auf und strich sich die Haare hinter die Ohren.
    «Er hat gesagt, es sei wie ein Hautausschlag. Wie eine Krankheit unter der Oberfläche, die man erst sehen kann, wenn der Ausschlag hinzukommt, weißt du?»
    «Was meint er denn damit?»
    «Das ist ein Mann mit klaren Zielen, Bets.» Robin entdeckte in einer der Flaschen einen Rest Bier und kippte ihn in den Ausguss. «Wenn ich irgendwas gleich erkenne, dann ist es, wenn ich einen anderen Mann mit klaren Zielen vor mir habe.»
    «Robin,
du
hast keine klaren Ziele. Was du hast, sind wirre Phantasien.»
    «Willst du das jetzt hören oder nicht?»
    «Ja, bitte, sprich weiter», sagte Betty leicht genervt.
    Robin erzählte ihr, dass Ellis sich, als er damals in diese Gegend gekommen war – bevor die

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