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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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haben›?» Robin ließ sich auf einen Stuhl sacken. «Ich hab gesagt, dass ich Illustrator bin und du dich mit alternativen Heilmethoden beschäftigst. Ich hab gesagt, dass du Engländerin bist und dass wir uns auf einer Konferenz in Neuengland kennengelernt haben. Aus unerfindlichen Gründen hab ich nicht erzählt, dass es um den Wicca-Kult ging und dass die Konferenz in Salem stattgefunden hat. Ich hab nicht erwähnt, dass wir verheiratet sind, und auch nicht von der Wicca-Hochzeit erzählt. Und als er dann mit Religion anfing, war ich schrecklich diskret und habe einfach gesagt, wir wären keine Kirchgänger.»
    Betty atmete auf. «O.   k. Tut mir leid. Ich vertraue dir ja, ich war nur ziemlich angespannt.»
    «Weil du dir selbst und deinem Glauben gegenüber nicht ehrlich bist», sagte Robin ernst.
    «Wie war er denn eigentlich?»
    «Nicht weiter ungewöhnlich. Freundlich, aufmerksam, offen, aber   … irgendwie auch zurückhaltend. Er ist mittelgroß, wirkt aber größer, das macht seine Haltung. Sieht aus wie ein Hinterwäldler, wirkt fit – er hat nur ein Bier getrunken, während ich ja offensichtlich drei getrunken habe. Die Haare, mittelblond übrigens, hat er zum Pferdeschwanz gebunden, was ziemlich cool aussieht. Ich mein, ich hab keine besonderen Probleme mit diesen Typen – als spirituelle Gruppe. Als Beruf.»
    «Aber?»
    Robin stand auf und legte ein paar Scheite in den Rayburn. Dann sah er Betty an.
    «Wenn du die Wahrheit hören willst, Babe, ich glaube, wir haben es hier mit einem sehr üblen und gefährlichen Exemplar dieser Spezies zu tun.»
     
    Robin hatte darauf geachtet, dass der Pfarrer in der Küche blieb. Es wäre nicht ganz einfach gewesen, das Messing-Pentagramm über dem Kamin im Wohnzimmer zu erklären. Es wäre auch nicht günstig gewesen, wenn er sich das Bücherregal näher angesehen hätte.
    Und als Ellis gefragt hatte, ob er sich die alte Kirche einmal angucken dürfte, war Robin schneller an der Tür, als es die Höflichkeit erlaubte.
    Draußen regnete es immer noch. Der Pfarrer hatte Wanderstiefel an und zog ein Beret hervor. Sie gingen über den Hof, um die Scheune herum, und da stand die Kirche, mit ihren nass glänzenden Steinen und ihrem stolzen Turm, aber ohne Dach, sodass sie an einen ausgenommenen Fisch erinnerte.
    «Ziemlich cool, Nick, finden Sie nicht auch?» Robin erzählte dem Pfarrer, dass die Kirche wahrscheinlich nicht mehr genutzt wurde, weil es hier keine Straßenbrücke über den Hindwell-Fluss gab.
    Der Pfarrer lächelte skeptisch. «Das ist
Ihre
Theorie, oder?»
    «Na ja, dazu kam natürlich, dass die Menschen generell nicht mehr so   … gläubig waren. Ich vermute, die Leute haben angefangen, nach etwas zu suchen, das moderner ist, dynamischer.»
    Pfarrer Ellis blieb stehen. Sein Gesicht hatte etwas Verlebtes, aber keine Falten. Wahrscheinlich war er um die vierzig.
    «Was meinen Sie damit, Robin?»
    «Na ja   … hm   …», Robin spürte, dass er rot wurde. Er redete weiter und sagte, dass die Kirche irgendwie engstirnig geworden sei: immer dieselben Lieder, überhaupt immer dasselbe   …
    Der Pfarrer sagte nichts, stand nur da – er wirkte jetzt noch größer   –, während sich Robin abstrampelte.
    «Also   … was ich damit sagen will, ist   … die Leute hatten vielleicht das Gefühl, dass die Kirche ihnen nicht so viel geboten hat, keine Möglichkeiten, sich persönlich weiterzuentwickeln, wissen Sie?»
    Und dann sagte Ellis: «Ja, ich weiß genau, was Sie meinen, und Sie haben verdammt recht.»
    «Oh. Ich hatte schon befürchtet, ich hätte Sie beleidigt.»
    «Die Kirche hier
hat
viel von ihrer Dynamik verloren. Ich muss Ihnen ja nicht sagen, dass in den Staaten ein viel größerer Prozentsatz der Bevölkerung regelmäßig zum Gottesdienst geht als in diesem Land.»
    «Wie kommt es überhaupt, dass Sie dann hier arbeiten?» Robin ergriff seine Chance, das Thema zu wechseln.
    «Ich bin mit meiner Mutter in die USA gegangen, da war ich noch ein Teenager, und sie hatte gerade eine gescheiterte Ehe hinter sich. Wir sind ziemlich rumgekommen, vor allem im Süden.»
    «Wirklich? Interessant. Meine Mutter war Engländerin und hat meinen Vater kennengelernt, als er mit der Air Force im Norden Englands war. Sie ist dann mit ihm nach New Jersey gegangen. So ähnlich wie   …»
    «Und dort bin ich auch zum ersten Mal dem ausgesetzt gewesen», fuhr Nicholas Ellis unbeirrt fort, «was Sie für eine ‹dynamischere› Version des Christentums

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