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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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vorgeschlagen, dass man St.   Michael bei nächster Gelegenheit loswerden sollte.»
    Robin war fassungslos. «Er hat ihnen gesagt, sie sollten seine eigene Kirche loswerden? Einfach so?»
    «Einfach so. Das konnte wirklich niemand glauben.»
    «Wow.» Robin dachte fieberhaft nach. War Penney klar gewesen, dass dies eine machtvolle heidnische Stätte war? War es so einfach? Hatte er etwas entdeckt? Er versuchte seine Aufregung zu verbergen. «War er verrückt geworden?»
    «Vielleicht war er schon immer ein bisschen verrückt», sagteMrs.   Prosser. «Und wir haben es nicht bemerkt, bis es zu spät war.»
    «Und   … was hat er dann gemacht?»
    Judith Prosser stellte ihre Kaffeetasse ab. «Darüber spricht hier niemand gern. Aber, da Sie jetzt nun mal der Eigentümer sind, nehme ich an, Sie haben ein Recht, es zu erfahren.»
     
    Zu den wenigen guten Dingen in Old Hindwell gehörte die Tatsache, dass die Post schon vor neun kam; in manchen ländlichen Gegenden konnte man nicht einmal davon ausgehen, dass sie vor dem Mittagessen da war.
    Heute brachte sie den Bestellkatalog eines Gartencenters – wie schnell diese Leute einen ausfindig machten – und einen Brief, adressiert an ‹Mrs.› Thoroughgood, abgestempelt in
Hereford
.
    Das ‹Mrs.› verriet Betty, worum es sich handelte.
    Sie setzte sich und legte den Brief vor sich auf den Tisch. Ein billiger weißer Umschlag. Sie hatten zwei davon bekommen, als sie noch in Shrewsbury gelebt hatten. Es standen Dinge drin wie:
Wir wissen über eure perversen Nacktzeremonien Bescheid, mit denen ihr euren Heidengöttern huldigt. Der Herr wird euch bestrafen.
    Wie hatten sie es herausbekommen? Wer hatte es ihnen gesagt? War Robin unvorsichtig gewesen? Die Ironie war, dass sie nicht mehr als Hexe praktiziert hatte, seit sie hergezogen waren – und wahrscheinlich würde sie es nie mehr tun, jedenfalls nicht auf irgendeine organisierte Art.
    Sie überlegte, ob sie den Brief ungeöffnet in den Ofen stecken sollte, aber dann würde die Erinnerung an ihr nagen, und das wäre noch viel schlimmer.
    Widerwillig schlitzte Betty den Umschlag auf.
    Sie las die Zeilen drei Mal. Die üblichen Großbuchstaben, die übliche schlechte Rechtschreibung. Aber sonst nicht ganz das, was sie erwartet hatte.
     
    SAG DIESEM LANGHAARIGEN RÜPEL, WENN ER DIE DIENSTE DER GRÖSTEN HURE DES GANZEN ORTES IN ANSPRUCH NEHMEN WILL, SOLTE ER DAS ETWAS UNAUFFELIGER ANSTELLEN.

17
Offenbarungen
    Es war unglaublich! Es war so wunderbar bizarr, dass Robin auf dem Rückweg nach St.   Michael ganz vergaß, sich mit dem Gedanken an dieses Arschloch Blackmore zu quälen, das dachte, sein Status als Bestsellerautor hätte ihm automatisch auch die Kompetenzen eines Kunstkritikers verliehen.
    Auf dem Steg über den Hindwell-Fluss blieb er einen Moment stehen und stellte sich die unglaubliche Szene vor, die an jenem Oktobermorgen in den Sechzigern stattgefunden hatte, als der Fluss über die Ufer getreten war. Ob wohl irgendjemand fotografiert hatte? Konnte es sein, dass es noch irgendwo Fotos gab?
    Vermutlich nicht. Jeder, der eine Kamera rausgeholt hätte, wäre wahrscheinlich dazu gezwungen worden, sie Landrat Prosser auszuhändigen – egal, welcher Prosser damals gerade Landrat war.
    Judith Prosser hatte ihn zur Vordertür hinausgelassen, nachdem sie eine Diele mit Eichentäfelung durchquert hatten. In der Diele stand ein übergroßer Stuhl mit Lederbezug und einem Messingschild. Der Stuhl des Gemeinderatsvorsitzenden. Der Gemeinderat war vor ein paar Jahren aufgelöst worden, als die Regionalverwaltung umstrukturiert worden war, hatte Judith erklärt, als Robin nachgefragt hatte. Und, ja, Gareth war sein Vorsitzender gewesen, zwei Mal.
    Robin fragte sich, ob Judith Prosser ihren Mann mit seinemTitel ansprach. Vielleicht machte es sie an, im Bett zu rufen:
Oh, oh   … gib’s mir, Landrat, ja, härter   …
    Er grinste die Wintersonne an. Er fühlte sich viel unbeschwerter. Verdammte Scheiße, er hatte tatsächlich ein sinnvolles Gespräch mit einer Einheimischen geführt! Und es war sogar etwas dabei herausgekommen.
    Er hatte sogar das Gefühl, als könnte man das Imbolg-Fest doch noch in Angriff nehmen. Er sah schon vor sich, wie das Kerzenlicht die dunkle Kirche zum Leben erwecken würde. Er beschwor den Klang keltischer Trommeln und Flöten herauf.
Son et lumière
. Im Vordergrund stellte er sich Bettys grazile Silhouette vor – Betty in ihrem hellen Umhang und mit einem aus Zweigen geflochtenen

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