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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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allein liebte, sei gerettet.
    »Gott befohlen, edle Frau, Gott befohlen!« rief er; »ich gehe zuerst und werde dem, der uns erwartet, sagen, daß Ihr lebt, um ....«
    Remy vollendete nicht, ein Wasserberg schoß über ihn hin und stürzte unter den Füßen von Henris Pferde nieder.
    »Remy, Remy,« rief die Dame; »ich will mit dir sterben. Mein Herr, ich will ihn erwarten. Ich will zu Boden steigen; ich will es, im Namen des lebendigen Gottes!«
    Sie sprach diese Worte mit so viel Energie, mit einer solchen Macht, daß der junge Mann seine Arme löste und sie zu Boden gleiten ließ.
    »Gut, Madame, dann werden wir alle drei hier sterben, und ich danke Euch, daß Ihr mir diese Freude gewährt, auf die ich nicht gehofft hatte.«
    Und während er diese Worte sprach, erreichte ihn das springende Wasser, wie es Remy erreicht hatte; doch durch eine letzte Bewegung der Liebe hielt er am Arm die junge Frau zurück, die den Fuß auf die Erde gesetzt hatte.Das Wasser überwältigte sie, die wütende Woge wälzte sie einige Sekunden lang durcheinander mit anderen Trümmern fort.
    Es war ein erhabenes Schauspiel, das die Kaltblütigkeit dieses jungen und ergebenen Mannes bot, der mit seiner Brust aus den Wellen ragte, während er seine Gefährtin mit der Hand unterstützte, und seine Knie, das verscheidende Pferd lenkend, dessen letzte Kräfte zu benutzen suchten.
    Die Dame, von Henris rechter Hand gehalten, suchte beständig mit dem Kopf das Wasser zu überragen, während er mit der linken Hand die schwimmenden Balken und die Leichname, deren Stoß sein Pferd unter das Wasser getaucht oder zerschmettert hätte, auf die Seite schob.
    Einer von diesen schwimmenden Körpern rief oder seufzte vielmehr, als er an ihnen vorüberkam: »Gott befohlen, edle Frau, Gott befohlen!«
    »Beim Himmel!« rief der junge Mann, »es ist Remy! Auch dich werde ich retten.«
    Und ohne die erhöhte Gefahr zu achten, ergriff er Remy am Ärmel, zog ihn auf seinen linken Schenkel und ließ ihn frei atmen. Doch durch die dreifache Last erschöpft, sank zugleich das Pferd bis an den Hals, dann bis an die Augen unter, seine gelähmten Knie bogen sich unter ihm, und es verschwand gänzlich.
    »Wir müssen sterben!« sagte Henri. »Mein Gott! nimm mein Leben, es war rein.«
    »Ihr, edle Frau, empfangt meine Seele, sie gehörte Euch!« fügte er hinzu.
    In diesem Augenblick fühlte Henri, daß ihm Remy entschlüpfte; er leistete keinen Widerstand, um ihn zurückzuhalten; jeder Widerstand wurde nun vergeblich.
    Es war seine einzige Sorge, die Dame über dem Wasser zu halten, damit sie wenigstens zuletzt stürbe, und er sich in seinem letzten Augenblick sagen könnte, er habe alles getan, was ihm möglich gewesen, um sie dem Tode streitig zu machen.Plötzlich hörte er einen Schrei an seiner Seite. Er wandte sich um und sah Remy, der eine Barke erreicht hatte.
    Es war die des kleinen Hauses. Das Wasser hatte sie fortgerissen, und Remy hatte sich, als er sie in seinem Bereiche vorüberkommen sah, keuchend von Henri losgerissen und war schwimmend zur rettenden Barke gelangt.
    Zwei Ruder waren an ihrem Bord angebunden, und ein Bootshaken rollte auf dem Boden.
    Er reichte den Haken Henri, der ihn ergriff und die Dame nach sich zog, die er sodann über seine Schultern erhob, wo sie Remy aus seinen Händen nahm. Dann packte er selbst die Randleiste der Barke und stieg zu ihnen ein.
    Als die ersten Strahlen des Tages am Himmel hervorbrachen, zeigten sie die überschwemmten Ebenen und die Barke, die sich wie ein Atom auf diesem ganz mit Trümmern bedeckten Ozean schaukelte.
    Ungefähr zweihundert Schritte von ihnen erhob sich links ein kleiner Hügel, der, ganz von Wasser umgeben, eine Insel inmitten des Meeres zu sein schien. Henri ergriff die Ruder und steuerte auf den Hügel zu, gegen den sie auch die Strömung des Wassers trieb.
    Remy faßte den Bootshaken und war, auf dem Vorderteile stehend, bemüht, die Ballen wegzuschieben, an denen sich die Barke stoßen konnte.
    So gelang es ihnen, den Hügel zu erreichen. Remy sprang zu Boden und faßte die Kette der Barke, die er nach sich zog. Henri schritt vor, um die Dame in seine Arme zu nehmen, aber sie streckte ihre Hand aus, stand allein auf und sprang ebenfalls zu Boden.
    Henri stieß einen Seufzer aus; einen Augenblick hatte er den Gedanken, sich wieder in den Abgrund zu werfen und vor ihren Augen zu sterben; doch ein unwiderstehliches Gefühl fesselte ihn an das Leben, solange er diese Frau sah, nach deren

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