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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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der groben Männerkleidung, die sie trug, zurückgeworfen, musste Diana wie eine erhabene Vision den Blicken erscheinen, die das Heiligtum ihres Asyls verletzen wollten.
    Als sie der Herzog erblickte, konnte er sich einer Bewegung der Bewunderung nicht erwehren; er stützte sich auf den Rand des Fensters und verschlang mit den Augen diese ideale Schönheit bis auf die kleinsten Einzelheiten.
    Doch plötzlich, mitten unter dieser Betrachtung, faltete sich seine Stirn; er stieg wieder zwei Sprossen mit einer Art nervöser Hast herab, lehnte sich an die Wand, kreuzte seine Arme über seiner Brust und träumte.
    Aurilly, der ihn nicht aus den Augen verlor, konnte sehen, wie seine Blicke unbestimmt im Raume umherschweiften, wie die eines Menschen, der seine ältesten Erinnerungen zurückruft.
    Nachdem er so zehn Minuten unbeweglich verharrt war, stieg der Herzog wieder zum Fenster hinauf, schaute abermals, behielt aber dieselbe Ungewißheit in seinem Blicke. Na näherte sich Aurilly plötzlich der Leiter und flüsterte ihm zu: »Rasch, rasch, Hoheit, steigt herab, ich höre Tritte am Ende der nächsten Straße.«
    Doch der Herzog stieg, immer noch in Gedanken versunken, sacht herab.
    »Es war Zeit,« sagte Aurilly.
    »Von welcher Seite kommt das Geräusch?« fragte der Herzog. – »Von dieser Seite,« antwortete Auritly; under streckte die Hand in der Richtung eines düsteren Gäßchens aus.
    Der Prinz horchte.
    »Ich höre nichts,« sagte er.
    »Die Person wird stillstehen; man belauscht uns.«
    »Nimm die Leiter weg!« sagte der Prinz.
    Aurilly gehorchte; der Prinz setzte sich mittlerweile auf die steinerne Bank, die auf jeder Seite die Tür des Hauses begrenzte. Das Geräusch hatte sich nicht wiederholt, und niemand schien am Ende des Gäßchens zu sein. Aurilly kam zurück.
    »Nun! Monseigneur,« fragte er, »ist sie schön?« – »Sehr schön,« antwortete der Prinz mit düsterer Miene.
    »Was macht Euch denn so traurig, gnädigster Herr? sollte sie Euch gesehen haben?« – »Sie schläft.«
    »Was beunruhigt Euch dann?« – Wer Prinz antwortete nicht.
    »Braun? ... blond?« – »Es ist seltsam, Aurilly,« murmelte der Prinz, »ich habe diese Frau irgendwo gesehen.«
    »Ihr habt sie also erkannt?« – »Nein, denn ich vermag den Namen nicht zu finden; nur hat mir ihr Anblick einen heftigen Schlag im Herzen versetzt. Ja, in der Tat,« fuhr der Prinz auf einen spöttischen Blick Aurillys fort, »ich weiß nicht, was ich empfinde; doch,« fügte er mit düsterer Miene hinzu, »ich glaube, ich habe unrecht gehabt, zu schauen.«
    »Doch gerade wegen der Wirkung, die ihr Anblick auf Euch hervorgebracht hat, muß man wissen, wer diese Frau ist, Monseigneur.« – »Allerdings.«
    »Sucht wohl in Euren Erinnerungen, gnädigster Herr; habt Ihr sie bei Hofe gesehen?« – »Nein, ich glaube nicht.«
    »In Frankreich, in Navarra, in Flandern?« – »Nein.«
    »Ist es vielleicht eine Spanierin?« – »Ich glaube nicht.«
    »Eine Engländerin? Eine Dame der Königin Elisabeth? – »Nein, nein; sie muß mit meinem Leben aufeine engere Weise verknüpft sein; ich glaube, daß sie mir unter furchtbaren Umständen erschienen ist.«
    »Dann werdet Ihr sie leicht erkennen, denn, Gott sei Dank! im Leben Monseigneurs hat es nicht viele furchtbare Umstände gegeben.«
    »Findest du?« sagte Franz mit düsterem Lächeln.
    Aurilly verbeugte sich und sagte: »Wenn Eure Hoheit erlaubt, so schaue ich auch und grabe in meinen Erinnerungen nach.«
    »Meiner Treu, du hast recht, Aurilly, hole die Leiter, lege sie an und steige hinauf. Was liegt dir an dem Späher? Schau! Aurilly, schau!«
    Aurilly hatte schon einige Schritte gemacht, um seinem Herrn zu gehorchen, als man plötzlich jemand hastig herbeieilen hörte, und Henri dem Herzog zurief: »Zu den Waffen! Monseigneur! Zu den Waffen!«
    Mit einem einzigen Sprung war Aurilly wieder beim Herzog.
    »Ihr,« sagte der Prinz, »Ihr hier, Graf? Unter welchem Vorwand habt Ihr Euren Posten verlassen?«
    »Monseigneur,« antwortete Henri voll Festigkeit, »wenn mich Eure Hoheit bestrafen zu müssen glaubt, so wird sie dies tun. Aber es war meine Pflicht, hierher zu gehen, und ich bin gegangen.«
    Der Herzog warf mit einem bezeichnenden Lächeln einen Blick nach dem Fenster und erwiderte: »Eure Pflicht, Graf? Erklärt mir das.«
    »Monseigneur, es sind Reiter bei der Schelde erschienen; man weiß nicht, ob es Freunde oder Feinde sind.«
    »In großer Anzahl?« fragte der Herzog unruhig.
    »Sehr

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