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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Falle bediene ich mich nicht der Spitze.« – »Gut, dann habe ich einen Grund, Euch zu hassen. Und eines Tages, an einem Tage der Schwäche von Eurer Seite, werde ich Euch erwischen, wie Ihr es mit mir getan habt, und Euch in der Verzweiflung töten.«
    Ernauton steckte seinen Degen wieder in die Scheideund sagte: »Ihr seid ein seltsamer Mann, und ich beklage Euch aus tiefstem Herzen.« – »Ihr beklagt mich?«
    »Ja, denn Ihr müßt furchtbar leiden.« – »Furchtbar.«
    »Ihr müßt nie lieben?« – »Nie.«
    »Doch Ihr habt wenigstens Leidenschaften?« – »Eine einzige.«
    »Die Eifersucht, wie Ihr mir gesagt habt.« – »Ja, und Folge davon ist, daß ich sie alle in einem unsäglichen Grade der Schande und des Unglücks habe, – ich bete eine Frau an, sobald sie einen andern als mich liebt, – ich liebe das Gold, wenn es von einer andern Hand berührt wird, – ich trinke, um den Zorn in mir zu erhitzen, das heißt, um ihn scharf zu machen, wenn er nicht chronisch ist, um ihn ausbrechen und brennen zu lassen, wie Blitz und Donner; – oh! ja, ja, Ihr habt es gesagt, Herr von Ernauton, ich bin unglücklich.«
    »Habt Ihr es nie versucht, gut zu werden?« – »Es ist mir nicht gelungen.«
    »Was hofft Ihr denn? Was gedenkt Ihr zu tun?« – »Was tut die Giftpflanze? Sie hat Blüten, wie die anderen Pflanzen, und einige Leute wissen Nutzen daraus zu ziehen. Was machen der Bär und der Raubvogel? Sie beißen; doch die Bändiger wissen sie für die Jagd zu dressieren; so bin ich, und so bleibe ich wahrscheinlich in den Händen des Herrn von Epernon und Herrn von Loignac, bis zu dem Tage, wo man sagen wird: diese Pflanze ist schädlich, reißen wir sie aus, dieses Tier ist wütend, töten wir es.«
    Ernauton hatte sich allmählich besänftigt. Sainte-Maline war für ihn nicht mehr ein Gegenstand des Zorns, sondern des Studiums; er fühlte beinahe Mitleid mit ihm nach seinem seltsamen Geständnis.
    Vergebens suchte Ernauton seinen verzweifelten Partner mit tröstenden Worten aufzurichten.
    Dann schlugen beide, stumm und düster, wieder den Weg nach Paris ein. Plötzlich reichte Ernauton Sainte-Maline die Hand und sagte: »Soll ich Euch heilen?«»Kein Wort mehr,« erwiderte Sainte-Maline; »versucht das nicht, Ihr würdet scheitern. Haßt mich im Gegenteil, dies wird das Mittel sein, Euch zu bewundern.«
    »Noch einmal, ich beklage Euch,« sagte Ernauton.
    Eine Stunde nachher kamen die Reiter in den Louvre zurück und wandten sich nach der Wohnung der Fünfündvierzig. Der König war ausgefahren und sollte erst am Abend zurückkehren.

Zurück in Paris.
    Beide jungen Leute stellten sich an das Fenster ihrer kleinen Wohnung, um die Rückkehr des Königs zu erwarten.
    Jeder stand hier mit sehr verschiedenen Gedanken. Sainte-Maline ganz von seinem Haß, ganz von seiner Scham, ganz von seinem Ehrgeiz erfüllt, die Stirn gerunzelt, das Herz glühend, Ernauton, das, was vorgefallen, schon wieder vergessend und nur mit einem beschäftigt, nämlich, wer die Frau sein könnte, die er in der Kleidung eines Pagen in Paris eingeführt und nun in einer so reichen Sänfte wiedergefunden hatte.
    Hierin lag Stoff genug zum Nachdenken für ein Herz, das mehr zu Liebesabenteuern, als zu ehrgeizigen Plänen geneigt war. Ernauton versenkte sich allmählich in seine Betrachtungen, und zwar so tief, daß er erst, als er den Kopf wieder erhob, bemerkte, daß Sainte-Maline nicht mehr da war.
    Ein Blitz durchzuckte seinen Geist. Minder in Anspruch genommen als er, hatte Sainte-Maline auf die Rückkehr des Königs gelauert, der König war zurückgekehrt, und Sainte-Maline befand sich bei ihm.
    Er erhob sich rasch, durchschritt die Galerie und kam zu der Tür des Königs gerade in dem Augenblick, wo Sainte-Maline heraustrat.»Seht,« sagte dieser strahlend, »das hat mir der König gegeben.«
    Und er zeigte ihm eine goldene Kette.
    »Ich mache Euch mein Kompliment,« erwiderte Ernauton, ohne daß seine Stimme die geringste Aufregung verriet. Und er trat ebenfalls beim König ein.
    Sainte-Maline hatte sich auf eine Kundgebung der Eifersucht gefaßt gemacht. Er war daher ganz erstaunt über diese Ruhe und wartete, bis Ernauton wieder herauskam. Die zehn Minuten waren Jahrhunderte für ihn.
    Endlich trat Ernauton heraus. Sainte-Maline war noch an derselben Stelle; mit einem raschen Blicke überschaute er seinen Gefährten; dann erweiterte sich sein Herz; Ernauton brachte nichts zurück, wenigstens nichts Sichtbares.
    »Und Euch?«

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