Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
Beckmann wurde leider mißverstanden. Er wollte gar nicht gegen die dargebotene Musik protestieren. Erst als der größte Teil der Besucher schon den Saal verlassen hatte, konnte er sich Gehör verschaffen.
    Unter den Zuhörern befand sich aber jetzt bedauerlicherweise niemand mehr von den Herren jener Zeitungen, die bisher den Komponisten Peter von Bertelmann so kritiklos gelobt hatten. Sie waren als erste aufgebrochen und müssen auch dafür verantwortlich gemacht werden, wenn durch ihr Verhalten die von Professor Beckmann beabsichtigte Aufklärung am gestrigen Abend nur vom kleinsten Teil des Publikums gehört wurde. Denn lediglich folgende Aufklärung hatte Professor Beckmann den Konzertbesuchern geben wollen…“
    Alibaba schob sich unwillkürlich seine Mütze aus der Stirn, wie er es immer tat, wenn die Dinge ihrem Höhepunkt zutrieben. Während er jetzt weiterlas, betonte er Wort für Wort.
    „---zeigte es sich, daß das im zweiten Teil des Konzerts vorgetragene Adagio gar nicht von Peter von Bertelmann komponiert war. In der klaren Erkenntnis, daß ein Skandal in der Luft lag, entschloß er sich in der Pause, ein Werk seines Studienfreundes Hans Verhoven ohne dessen Einverständnis und unter der falschen Behauptung, es handle sich um eine eigene Komposition, zu dirigieren.
    Mag es hierfür auch manche menschliche Entschuldigung geben, vor allem im Hinblick auf die Situation, in der sich Peter von Bertelmann befand, so bleibt doch die Tatsache bestehen, daß der Erfolg des Konzerts von einem Werk herrührt, das der ,gefeierte Komponist’ gar nicht geschrieben hat.
    Peter von Bertelmann mußte bei der Gegenüberstellung mit dem wirklichen Komponisten des Adagios seine Verfehlung eingestehen und bedauerte sie. Er wird sich vor einem Ehrengericht der Musikakademie zu verantworten haben.“
    Alibaba schnalzte mit der Zunge und spuckte haarscharf über den Rand der Zeitung hinweg. Es war diesmal der Deckel einer Schuhwichseschachtel, den er genau in der Mitte traf.
    „---in dem Blinden, mit dem er schließlich die Bühne betrat, konnte Professor Beckmann am Schluß Hans Verhoven vorstellen, den tatsächlichen Komponisten des,Adagios’. Er ist durch die sensationelle Art, mit der sein erstes Werk den Weg zur Öffentlichkeit fand, über Nacht in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses gerückt. Die Direktion des Abendblattes hat dem bisher unbekannten Komponisten die Mittel zur Verfügung gestellt, um sich bereits am kommenden Mittwochabend, 20 Uhr, ebenfalls wieder im Unionhaus, mit eigenen Werken dem Urteil der Öffentlichkeit zu stellen. Dabei erfüllt es uns mit Freude, mitteilen zu können, daß Giuseppe Mattoni bereits zwei Werke des neuen Komponisten zur Uraufführung für Mailand erworben hat--“ Alibaba wischte sich jetzt mit dem Rücken seiner linken Hand über den Mund, als ob er etwas sehr Gutes gegessen hätte.
    „Einen ausführlichen Artikel über den Komponisten Hans Verhoven veröffentlicht das Abendblatt in seiner morgigen Ausgabe — das steht hier noch zum Schluß.“ Der Chef der Abendblatt-Jungen faltete die Zeitung wieder zusammen. Dann grinste er und tippte Klaus Verhoven vor die Brust: „Ich bitte mir aus, daß wir alle Mann hoch am Mittwoch Freikarten bekommen, und zwar---“
    In diesem Augenblick geschah es!
    Es fing damit an, daß vom Aufenthaltsraum herüber lautes Rufen zu hören war. So laut, daß Alibaba unwillkürlich verstummte. Er wandte sich der Rückseite des Hofes zu. Mit ihm taten es auch die Jungen der Horde.
    Jetzt war deutlich eine Stimme zu hören, die Stimme des alten Bombinsky. Aber schon in der gleichen Sekunde tauchte unter der geöffneten Tür des Aufenthaltsraumes ein Junge auf.
    Mario schien es sehr eilig zu haben, und seine schwarzen Haare hingen ihm ins Gesicht. Beim Anblick der Horde, die ihm so überraschend zugewandt stand, blieb er plötzlich stehen. Aber nur für einen kurzen Augenblick. Dann rannte er weiter. Genau auf die Jungen zu. Nun stürzte er ohne jede Erklärung an ihnen vorbei in die Richtung zur Ausfahrt.
    Da tauchte Bombinsky auf. Er war in heller Empörung und schrie so laut er konnte: „Haltet den Burschen! Anhalten! So ein Lump! So ein Erdenlump! Aufhalten!“
    Irgend etwas stimmte da nicht. Der alte Bombinsky war nicht gerade ein Kirchenheiliger. Aber wenn er so schrie, mußte es seinen Grund haben.
    Alibaba war der erste, der die Verfolgung aufnahm. In wilden Sprüngen rannte er hinter Mario drein. Jetzt auch Brille und sogar Sam.

Weitere Kostenlose Bücher