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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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ging es in weiten Sprüngen über die eisernen Stufen, durch die Eingangshalle und zur gläsernen Drehtür. In sie stürzte er mit einem regelrechten Kopfsprung hinein wie in ein Schwimmbassin. Als er auf der anderen Seite wieder aus ihr herauskam, ging er im D-Zug-Tempo weiter zum Hof. Wer nicht ganz genau hinsah, spürte nur, wie etwas Schwarzes durch die Gegend flitzte.
    Vermutlich die Haare.
    Etwas Rotes---
    Höchstwahrscheinlich der Rollpullover.
    Etwas Weißes---
    Und dieses Weiße war es übrigens, weswegen der kleine Sam so lief, als ginge es um sein Leben.
    Dieses „Weiße“ war nämlich die erste Nummer der heutigen Abendausgabe. Es handelte sich allerdings nur um einen Andruck. Die Horde war in ihrem Hof schon vollständig versammelt. Spätestens in einer Viertelstunde oder in zwanzig Minuten würde Bombinsky anfangen auszuliefern. Man stand zusammen und unterhielt sich. Man wartete eben.
    Sam hielt sein Abendblatt in der ausgestreckten Hand wie eine Fahne. Aber er sagte kein Wort. Noch weniger schrie er irgend etwas. Er stürmte nur an der ersten Gruppe der Jungen vorbei, warf Brille zur Seite, weil er ihm im Wege stand — ließ auch Alibaba hinter sich und hielt erst, als er vor Klaus Verhoven stand. Dabei fiel er beinahe vornüber. Er hatte seinen Freund nämlich erst im letzten Augenblick bemerkt und dann in voller Fahrt sämtliche Bremsen gezogen, was sogar einen zweistöckigen Omnibus ins Schwanken gebracht hätte.
    „Ein — ein tolles Ding!“ Sam war vollkommen außer Atem und konnte nur noch japsen. Er warf Klaus Verhoven die Zeitung zu und dann klappte er zusammen wie ein Taschenmesser. Und zwar auf eine Margarinekiste. Er pumpte jetzt wie ein Maikäfer. Dabei schielte er mit seinen großen weißen Kugelaugen gespannt zum Gesicht seines Freundes hinauf.
    Klaus hatte das Blatt kaum in Händen, da war er schon von’ der ganzen Horde umringt.
    Die erste Schlagzeile des Abendblattes befaßte sich mit einer Atomkonferenz. Aber gleich darunter stand es dann über drei Spalten hinweg:
    „Überraschung im Unionhaus.“
    Brille hatte den Artikel als erster entdeckt und fing auch schon an, ihn laut vorzulesen. Aber da stand plötzlich wieder das schwarze Gesicht des kleinen Sam dicht vor Klaus Verhoven. Er schien sich einigermaßen erholt zu haben und konnte jetzt nicht länger ruhig bleiben.
    „Hier — da — das ist das Tollste! Das ist ja überhaupt —“
    Er fand im Augenblick kein Wort, das gewaltig genug gewesen wäre. So riß er einfach wieder die Zeitung an sich, drehte sie um und zeigte mit seinem schwarzen Zeigefinger auf ein Bild, das ziemlich groß in die erste Spalte der zweiten Seite gedruckt war. Dieses Bild war offensichtlich eine Porträtaufnahme. Aber das Gesicht des Abgebildeten war leider völlig überdruckt, so daß es nicht zu erkennen war. Wie gesagt, Sam hatte nur einen sogenannten Bürstenabzug, einen ersten Handabdruck, erwischen können.
    „Das ist — dein Vater Der Negerjunge jappte plötzlich wieder nach Luft. Aber jetzt aus reiner Aufregung.
    „Hans Verhoven, der wirkliche Komponist des Stückes, das am gestrigen Abend mit größter Begeisterung aufgenommen wurde“,
    las Brille die Bildunterschrift vor.
    Klaus wurde ganz rot im Gesicht und irgend etwas in seiner Kehle schnürte sich zusammen.
    „Toll! Einfach toll!“
    Brille führte einen regelrechten Indianertanz auf und wirbelte dabei den Abzug dieser sensationellen Abendausgabe über sich durch die Luft, bis ihn Alibaba am Arm festhielt und das Abendblatt wieder an sich nahm. Er hatte dabei nicht bemerkt, wie sich Harald und Mario bereits während des ersten Durcheinanders von der Horde abgesondert hatten. Sein ganzes Interesse galt jetzt diesem Stück Papier, das er sorgfältig glättete und erneut aufschlug. Der Boß der Abendblatt-Jungen überflog den Anfang. Als ihn die Fortsetzung dann wieder interessierte, las er immer lauter:
    „Als das,Adagio’ so begeistert gefeiert wurde, waren plötzlich Pfiffe zu hören. Zugleich bat Professor Beckmann von seiner ,Loge’ aus ums Wort. Aber mit der Absicht, seine Ansprache zu übertönen, wurde nunmehr der allgemeine Beifall von einer bestimmten Seite derart gesteigert, daß tatsächlich kein Wort des Gelehrten zu verstehen war. Insofern, als man im Verhalten des Leiters der Musikhochschule und insbesondere auch in den Pfiffen einen Protest gegenüber der vorgetragenen Komposition sah, war das Verhalten des Publikums durchaus begreiflich. Aber Professor

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