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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Theke standen etwa vier oder fünf Personen, die sich gerade vor Lachen ausschütten wollten. Schön, das war nicht der richtige Ort, um einen Zeitungsartikel zu schreiben. Das leuchtete Alibaba ein. „Also schön — hier ist nichts zu machen! Kann ich verstehen. Aber was dann, wenn dir zu Hause auch nichts einfallt?“
    Brille hatte seine Gläser abgenommen und hielt sie gegen das Licht. „Ich werde versuchen, was ich kann Da legte Alibaba wieder einmal seinen rechten Zeigefinger an die Nase. Eine Weile überlegte er. Gute vier oder fünf Sekunden lang. Bis er dann als der Weisheit letzten Schluß folgenden einleuchtenden Vorschlag verkündete:
    „Das Ding muß morgen früh fertig sein und morgen früh auch noch zu Sprinter, wenn es am Abend erscheinen soll. Das Risiko, wenn sich Brille allein hinsetzt, ist zu groß. Kommt nichts dabei raus, stehen wir morgen mit leeren Händen da. Also Schulaufgabe: Jeder versucht bis morgen früh einen kurzen Artikel über die verkrachte Sondervorstellung des Nachtexpreß zu schreiben. Wir setzen uns dann alle zusammen und entscheiden gemeinsam, welche Arbeit wir Sprinter vorlegen wollen — Meine Herren Er faßte dabei nach seinem Glas und prostete wie der Festredner eines Kegelklubs in die Runde.
    „Auf Ihr Wohl — vor allem aber aufs spezielle Wohl all derer, die heute abend auf Grund bedauerlicher und widriger Umstände nicht den Weg zum Zirkus Bertoldi fanden. Ihrer laßt uns in stiller Andacht auf dem Heimweg gedenken!“
    Die Gläser klangen zusammen, und Sam verfuhr dabei wieder einmal so temperamentvoll, daß ihm beim Anstoßen eine ganze Welle seiner knallgelben Limonade über den Rand des Glases wippte. Dabei schmeckte sie so schön süß und hatte Zitronengeschmack.

„Brille“ meldet sich zu Wort

    Am nächsten Morgen waren es eigentlich nur zwei Arbeiten, die man dem Chefredakteur des Abendblatts vorlegen konnte.
    Alle Artikel, die noch in der vergangenen Nacht geschrieben worden waren — es waren so rund dreißig — , las Alibaba vor. Er saß dabei auf einem Tisch in der Packerei, und die Horde hatte rund um ihn herum Platz genommen.
    Der Boß nannte keine Namen. Wenn es nach dem Vorlesen zur Abstimmung kam, sollten die Jungen in ihrem Urteil ganz unbeeinflußt sein.
    „Links oder rechts?“
    Die Mehrzahl der Stimmen war entscheidend. Wurde „links“ abgestimmt, kam das Manuskript in die engere Wahl.
    Die Ablage nach „rechts“ bedeutete, daß man dem Chefredakteur nicht zumuten konnte, die Arbeit zu lesen.
    Schließlich waren es dann nur zwei Manuskripte, die links neben Alibaba auf dem Tisch lagen.
    „Ein Zirkus ohne Publikum“, so hatte der Verfasser der einen Arbeit seinen Artikel überschrieben. Er schilderte sehr lustig, was sich gestern abend im Zirkus Bertoldi zugetragen hatte.
    Die andere Arbeit war in ihrer Art und Anlage ganz anders. Sie erzählte weniger von der mißglückten Galapremiere und griff mehr die Methode an, mit welcher man hier Reklame machen wollte. Die Bewohner der Stadt hätten aber schon von sich aus richtig geantwortet. Sie seien einfach nicht gekommen. Am Schluß kehrte der Verfasser aber dann doch noch einmal in die Manege zurück und lobte ohne Einschränkung den Mut und das Können der „Zwei Remos“, die mit ihrem doppelten Salto ohne Schutznetz ein knallvolles Zelt verdient hätten. Schon ihretwegen würde es sich lohnen, den Zirkus Bertoldi zu besuchen. Überschrieben war das Ganze mit: „Zirkus im Zirkus“.
    Nun mußte zwischen diesen beiden Arbeiten entschieden werden. Aber das war gar nicht so einfach. Haargenau die Hälfte der Jungen war für Arbeit Nummer eins und die andere Hälfte für Arbeit Nummer zwei.
    Man redete hin und redete her. Es war wie verhext. Als Alibaba zum zweiten Mal abstimmen ließ, entschieden sich einige von den Jungen wohl anders als bei der ersten Wahl. Aber der Zufall wollte es, daß sich die Stimmen, die gewechselt hatten, gegenseitig wieder ausglichen.
    Da meldete sich Brille zu Wort.
    Er rückte nachdenklich an dem Ding, das ihm seinen Namen bei der Horde eingebracht hatte, und räusperte sich, bevor er sprach.
    „Der eine Artikel ,Ein Zirkus ohne Publikum’ ist von mir. Ich kann das jetzt sagen, weil ich der Meinung bin, daß der andere Artikel besser ist — “
    Zuerst waren die Jungen perplex und sahen Brille an, ohne etwas zu sagen. Aber dann wurden sie um so lebhafter:
    „Hört! Hört!“
    Das erinnerte an Radioübertragungen aus dem Bundestag.
    Da hob Brille beide

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