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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Zeitung gedacht. Und dafür wenigstens hat euch das Abendblatt ,Dankeschön’ zu sagen. Und was mich betrifft, so will ich das nicht auf die lange Bank schieben. Sag, wann habt ihr dieses Jahr euer Rennen ums ,Grüne Band’?“
    „In drei oder vier Wochen.“
    „So lange will ich nicht warten. Hm — aber halt — Trainings-Ausscheidungen. Ihr trainiert doch vorher mit euren Rädern, wie?“
    „Klar. Damit soll’s noch in dieser Woche losgehen.“
    „Gut. Dann sagst du mir einen Tag, wenn ihr mal alle zusammen seid. Dann rückt ihr mir alle Mann hoch zu Kaffee und Kuchen auf die Bude. Abgemacht?“
    „Abgemacht.“
    Sprinter sah auf seine Armbanduhr.
    „Ich muß los. Mr. Voss hat es nicht gerne, wenn man ihn warten läßt — “
    Draußen auf dem hellen Flur mit den vielen Türen auf jeder Seite verabschiedete sich Sprinter von Alibaba.
    „Vor allem dichthalten! Und sag den Jungen, daß ich auf eurer Seite stehe. Servus!“
    Sprinter stürmte jetzt zum Fahrstuhl.
    Alibaba benutzte die Treppe. Er stieg gerne über Treppen.
    Besonders, wenn er etwas zu überlegen hatte. Und das war im Augenblick der Fall.
    Es hing mit diesem Harald Madelung zusammen.
    Daß er, Alibaba, Chef und Boß der Abendblatt-Jungen war, darüber hatte es noch nie Zweifel gegeben. Er war gewählt und auf seinen Thron gesetzt worden, weil er allen anderen überlegen war. Und er hatte diese Wahl angenommen, weil er diese Überlegenheit gefühlt hatte. Und die Zeit hatte ihm sein Recht, die Horde zu führen, nur bestätigt.
    Der einzige, der zuweilen nach Krone und Zepter schielen mochte, war wohl Erwin Kogge.
    Aber Erwin Kogge war kein Rivale von Bedeutung.
    Anders dieser Neue.
    Er war groß und schien auch entsprechend stark zu sein. Er war ein Junge, den man ernst zu nehmen hatte. Und daß er nicht gerade auf den Kopf gefallen war, hatte ihm eben erst der Chefredakteur des Abendblattes erneut bestätigt. Hand aufs Herz: er, Alibaba, hätte es nicht fertiggebracht, eine Arbeit zu schreiben wie die, die jetzt in Sprinters blauer Umschlagmappe steckte!
    Der Boß der Zeitungsjungen blieb unwillkürlich stehen. Er hatte nämlich plötzlich etwas entdeckt, und bei dieser Entdeckung mußte sich Herr Alibaba über Herrn Alibaba doch sehr wundem: Vom ersten Augenblick an hatte er gewußt, daß der Neue eines Tages gefährlich werden könnte.
    Alibaba war bis zur Stunde ehrlich darum bemüht, daß unter den Jungen stets jedes Ding seine Ordnung hatte. Dabei hatte er meist die anderen zwingen müssen, dieses oder jenes einzusehen. Auch gegen ihr eigenes Interesse, wenn es das Wohl der Horde erforderte. Er selbst hatte immer seine freiwilligen und selbstverständlichen Pflichten erfüllt, einerseits als Teil der Horde, wie jeder andere Junge auch, andererseits als Boß.
    Aber nun reichte das plötzlich nicht mehr. Etwas kam dazu. Etwas, das er ganz allein mit sich auszumachen hatte.
    Er allein wußte und begriff, was der Neue vielleicht eines Tages für die Horde bedeuten konnte. An ihm allein lag es jetzt zu fördern oder zu unterdrücken.
    Und Alibaba nahm sich in diesem Augenblick fest vor, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Er würde seine Stellung verteidigen, solange es ging. Das war sein gutes Recht. Aber er würde auch dem anderen seine Chance lassen. Am Ende zeigte es sich dann ganz von selbst, was für die Horde besser war.
    Alibaba holte tief Luft. So, als habe er am Reck eine Riesenwelle gedreht. Dann rannte er plötzlich los und pfiff vor sich hin. Natürlich den Toreromarsch aus Carmen.

Was sich Mister Voss so denkt

    An jedem zweiten Tag, also dreimal in der Woche, hatten die Jungen vom Abendblatt regelrechten Unterricht.
    Mr. Voss, der ja selbst einmal als Zeitungsjunge angefangen hatte, wußte genau, wie schwer es war, eines Tages wieder vom Fahrrad herunter und ein Stück weiterzukommen.
    „Wer von euch länger als zwei Jahre am Zeitungausfahren kleben bleibt, muß gehen. Ich gebe euch Gelegenheit, was zu lernen. Das, was ihr im Augenblick macht, ist nämlich nur so etwas wie ein Übergang. Zeitungen ausfahren ist kein Beruf. Aber ohne einen Beruf kommt ihr nicht weiter, und zudem muß es noch ein Beruf sein, der euch Spaß macht. Vielleicht habt ihr noch nicht daran gedacht: den größten Teil unseres Lebens verbringen wir mit der Ausübung unseres Berufes. Wenn wir also keine Arbeit finden, die uns Freude macht, können wir einpacken. Dann macht uns im Grunde nämlich unser ganzes Leben keinen Spaß. Aber ich helfe euch, so gut

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