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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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des jungen Artistenpaares und mußte gestehen, daß ihm dieses Mädel in seinem weißen Trikot außerordentlich gut gefallen habe. „Ganz meine Kragenweite!“ wie er zu sagen beliebte. Und wenn ihm die anderen dabei auch nicht gerade widersprachen, so schienen sie im Augenblick doch mehr von der mutigen Leistung beeindruckt. Um so mehr, als sie doch von einem Jungen und einem Mädchen ihres Alters vollbracht worden war. Und das wollte schon etwas heißen!
    Erst als der Motor eines Autos in der Nacht aufheulte und dann die graue Limousine des Nachtexpreß-Chefredakteurs nicht allzu weit an ihnen vorbei zur Hafenchaussee einbog, schien den Jungen wieder zu Bewußtsein zu kommen, weswegen sie sich eigentlich so heimlich an diesen Zirkus Bertoldi geschlichen hatten und was alles diesem ungewöhnlichen Besuch vorangegangen war. Als ihnen dies zum Bewußtsein kam, begann jetzt fast schlagartig ein allgemeines Berichten und Erzählen, wobei die Art, wie Harald die Leutchen des Nachtexpreß wieder zum Umkehren gebracht hatte, mit lautem Hallo gefeiert wurde. Erwin Kogge berichtete die Geschichte neidlos und war beinahe zu sehr bemüht, den besonderen Anteil des Neuen hervorzuheben. Dabei spürte Alibaba sehr wohl, daß Erwin Kogge damit auf ihn zielte. Irgendwie schien dieser eine Freude daran zu haben, Harald gegen den Boß auszuspielen. Doch hatte er damit im vorliegenden Falle wenig Glück, denn nun berichtete Alibaba seinerseits von seinem Erlebnis mit der grauen Limousine, und als er schließlich allen sichtbar die zehn Mark des Nachtexpreß-Chefredakteurs aus der Tasche zog, da hatte er die Lacher auf seiner Seite.
    Das Ganze war ein Erfolg gewesen. Eine glatte, runde Sache. Schließlich hatten die Jungen ja selbst die leeren Bankreihen gesehen. Man beschloß also, zur Feier des errungenen Sieges noch gemeinsam den Stehautomaten am Hansaplatz aufzusuchen, wo zumindest ein Bier oder eine Limonade fällig sei, je nachdem. Klaus Verhoven war der einzige, der vorgab, zu Hause erwartet zu werden. Er könne leider nicht mitkommen.
    Der Stehautomat am Hansaplatz hieß eigentlich „Arizona-Diele“. Man stand an kleinen runden Tischen. Bedienung gab es nicht. Man mußte sich seine Getränke selbst an der Theke holen. In der Ecke stand eine Musikbox.
    „Kommt mal etwas dichter ran“, meinte Alibaba, als jeder der Jungen mit einem Glas versorgt war. „Die ganze Geschichte von heute abend hat ja herrlich geklappt. Wir hatten aber auch ungeahntes Glück bei der Sache, daß uns kein Polizist in die Quere kam. Das Ganze hat natürlich nur einen Sinn, wenn möglichst viele Menschen von der geplatzten Galavorstellung erfahren. Der Nachtexpreß wird vermutlich nur kurz berichten oder überhaupt nicht. Also muß unsere Zeitung etwas bringen.“
    Alibaba kramte Papier und ein Stück Bleistift aus seiner Tasche.
    „Erst mal die Überschrift. Ich bitte um Vorschläge!“
    „Der Reinfall von Schaffhausen“, schlug einer vor. Er schien geographische Kenntnisse zu besitzen.
    „Eine komplette Pleite!“
    Man fand, daß dies doch etwas zu stark sei.
    „Die Bänke aber waren leer
    Das schien nicht gerade schlecht zu sein, und man einigte sich vorerst, an Stelle der Bänke „Sitze“ zu sagen.
    Aber der Schuß ins Schwarze war es auch noch nicht. Kurz und gut, man kam nicht so richtig vorwärts.
    „Mensch, Brille, wo bleiben heute deine Ideen?“
    „Brille“ war ein ziemlich dicklicher Junge, der als einziger der Horde Gläser trug. Eine Brille von Format selbstverständlich. Schildpatt, dunkelbraun, ziemlich breites Gestell. Kein Wunder, daß er damit unter den Jungen fast wie ein Professor wirkte.
    Und Brille war tatsächlich auch so etwas wie die „intellektuelle Abteilung“ der Horde. Er konnte mühelos alle deutschen Kaiser von vorne und von rückwärts heruntersagen wie das Einmaleins. Er hatte eine Ahnung von kommunizierenden Röhren, wußte die Jahreszahlen von mehr als fünfzehn historischen Schlachten, und da sein Vater bei der Feuerwehr war, konnte er zudem noch über Fragen der städtischen Feuerlöschordnung Auskunft geben. Er hatte fünf Jahre lang ein Gymnasium besucht. Und so etwas bleibt, wie die Narbe einer Blinddarmoperation.
    Kein Wunder also, daß die Horde gerade von Brille jetzt handgreifliche Vorschläge erwartete.
    „Ich bitte um Entschuldigung, aber hier fallt mir unmöglich was Vernünftiges ein“, stellte Brille nach einer Weile fest. Er sah sich dabei im Lokal um. Eine Musikbox spielte, und an der

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