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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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wohl in allen Teilen der Stadt gleichmäßig in den Verkehr gebracht werden. Im übrigen tappe die Polizei noch völlig im dunkeln und fordere die Bevölkerung auf, bei der Entdeckung der Verbrecher mitzuhelfen. Auch die scheinbar nebensächlichsten Beobachtungen könnten von Wert sein. Zuständig sei Kriminalkommissar Haustecher, Polizeipräsidium, Zweiter Stock, Zimmer 128 .
    Aber so sensationell dieser Bericht auch aufgemacht war, das Interesse der Abendblatt-Jungen, als sie das erste druckfeuchte Exemplar schon an der Rotationsmaschine in Empfang nahmen, richtete sich auf eine andere Stelle der Zeitung.
    Wirklich und wahrhaftig, da auf der vierten Seite, rechts oben, stand es in dicken Buchstaben gedruckt:

    „Zirkus im Zirkus“

    Sogar die Schlagzeile war so geblieben.
    Und dann folgte der Artikel, wie ihn die Jungen selbst noch in der Frühe von Alibaba vorgelesen bekommen hatten. Nur ein paar Worte waren geändert. Und darunter standen als Unterschrift die beiden Buchstaben H. M. Die Initialen vom Namen des jungen Verfassers.
    Alibaba las den Artikel jetzt noch mal, und irgendwie, da er nun schwarz auf weiß gedruckt in der Zeitung stand, schien er sich anders anzuhören. Jetzt würde er von Tausenden gelesen. Dadurch hatte er plötzlich mehr Gewicht.
    Alibaba war der erste, der zu Harald hinging.
    „Das haben wir dir zu verdanken. Es ist nämlich nicht nur schön für dich, daß dein Zeug hier abgedruckt ist. Das ist auch für uns alle was wert. Dadurch erfährt die Stadt von dem, was wir gestern abend Nun fand er nicht das richtige Wort und sprach einfach weiter: „- dadurch hat das Ganze jetzt erst einen Sinn. Dadurch, daß es jedermann lesen kann nämlich.“
    Der zweite war Brille. Er drückte Harald lächelnd die Hand.
    „Ich gratuliere! Und es macht nichts, daß es nicht mein Schrieb ist, der da drin steht.“
    Jetzt kamen auch die anderen, und es hätte bestimmt ein allgemeines Händeschütteln und Schulterklopfen eingesetzt, wenn nicht der alte Bombinsky laut verkündet hätte, daß er in fünf Minuten mit der Ausgabe anfange.
    „Fertigmachen, Signori!“ rief Alibaba und schwang sich auf die Rampe.
    Klaus Verhoven stand eine Weile später so ziemlich als letzter in der Reihe der wartenden Jungen. Sam hatte ihm gerade eine der Zeitungen gereicht, die er mit List und Tücke für sich gerettet hatte. Nun zeigte auch er seinem Freunde den Artikel über die Pleite des Nachtexpreß. Aber als er das Blatt gerade wieder zusammenfalten wollte, hielt Klaus ihn dabei auf. Sein Blick war auf eines der Fotos gefallen, das einen älteren Herrn zeigte, der mit einer Brille und einem ziemlich langen weißen Bart vor einem Bücherregal an seinem Schreibtisch saß. „Medizinalrat Professor Dr. Hammerstein, Leiter der Augenklinik des wissenschaftlichen medizinischen Forschungsinstituts.“ Das Bild schien zu einem längeren Artikel zu gehören, der über die Arbeit des Gelehrten berichtete. „Operation an scheinbar völlig erblindeten Augen — Bindehauttransplantation — Professor Hammerstein ist der einzige Augenchirurg unserer Stadt, der nach den Erfahrungen des berühmten Pariser Gelehrten Massilier arbeitet. Der Gelehrte, der heute auf eine fünfzigjährige Praxis zurückschaut
    „Mozart!“
    „Verhoven!“
    Alibaba mußte den Namen des Jungen zweimal aufrufen, bis er jetzt aufhorchte und dann Sam bat, die Zeitung behalten zu dürfen. Er steckte das Blatt hastig unter seinen Pullover und trat zur Ausgabe.
    Und dann ging es wieder einmal hinaus auf die Straße, über die Bogenbrücke und in die hellerleuchtete Hafenchaussee.
    Aber diesmal war es nicht nur das übliche Abendblatt, das die Jungen hinter sich auf ihren Gepäckträgern aufgestapelt durch die Stadt fuhren. Diesmal war es mehr als sonst. Diesmal knallten die Jungen ihre Pakete nicht einfach eilig und wortlos auf die Verkaufstische der Kioske. Diesmal wiesen sie jeden, dem sie ihre Zeitungen übergaben, lachend auf die Seite und jene Spalte hin. Sam war ganz aufgeregt, als er bei Witwe Schreiber ablud.
    „Auf der vierten Seite — oben rechts! Das müssen Sie lesen! Da lachen ja die Pferde! Die Zirkusgeschichte vom Nachtexpreß! Kein Aas ist hingegangen.“
    Er vergaß ganz, Dankeschön zu sagen, als er seine Tüte Kuchen in die Tasche gesteckt bekam, und wieherte noch im Wegfahren: „Sie lachen sich tot! Die ganze Stadt lacht sich tot! Soviel Beerdigungen werden gar nicht möglich sein, wie es heute noch Leichen gibt! Alle, weil sie sich

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