Die Fuenfzig vom Abendblatt
was für ein gefährliches Stichwort er gegeben hatte.
„Ach richtig, du kennst ja diese Inge Remo — “
Nun faßte sich Erwin Kogge doch in seinen Kragenausschnitt, so als ob der plötzlich zu eng wäre.
„Nun ja, was heißt da kennen? Wir waren im Kino, haben auch eine Portion Eis zusammen gegessen —“
Es war offensichtlich, daß er schwindelte.
„Dann seid ihr ja schon so gut wie verlobt.“ Alibaba grinste breit und anzüglich. Dabei öffnete er Erwin Kogges Schranktüre, so daß jetzt für alle Jungen die ganze Fotogalerie sichtbar war. Denn so ziemlich die ganze Horde hatte sich inzwischen um Alibaba versammelt. Man roch es förmlich, daß irgend etwas in der Luft lag. Da wollte keiner fehlen.
Aber auch Erwin Kogge schien zu wittern, daß man es dieses Mal auf ihn abgesehen hatte. Er wollte deshalb seinen Schrank möglichst schnell wieder geschlossen sehen. Doch lachend hielt ihn der Boß davon ab.
„Bist doch sonst nicht so bescheiden.“ Und nun nahm er tatsächlich jene erstaunliche Neuerwerbung, jenes Foto von Inge Remo samt dem Reißnagel einfach von der Holzwand und beguckte es sich anscheinend mit größtem Wohlgefallen.
„Wirklich ein zauberhafter Goldfisch. Was sie an dir nur gefunden haben mag? Aber die Mädels fliegen ja auf dich, das ist nun mal so Und dabei verwies Alibaba mit einer graziösen Geste auf den hübschen Reigen der übrigen Bilder.
„Ist sie im Leben, ich meine in Natur, wirklich auch so hübsch wie hier auf dem Foto?“
Erwin Kogge griff plötzlich nach dem Werkzeug, das im untersten Fach seines Schrankes lag, und meinte, daß er doch noch mal nach seinem Fahrrad sehen müsse.
Alibaba hielt ihn unerbittlich zurück.
„Du warst doch mit ihr im Kino, du hast doch zusammen mit ihr Himbeereis gelutscht. Sie hat dir doch dieses Foto hier mit einer eigenhändigen Widmung geschenkt, verdammt, da mußt du doch wissen, ob sie nur auf dem Foto so hübsch aussieht oder ob sie auch in Wirklichkeit-“
Erwin Kogge wollte sich jetzt mit einem regelrechten Sprung ins Freie retten. Dabei knurrte er noch: „Was du heute für Quatsch daherredest Aber da packte ihn jetzt Alibaba mit beiden Fäusten an seinen Rockaufschlägen.
„Du, das möchte ich nämlich ganz genau von dir wissen.“ Die Horde hatte immer noch nicht gemerkt, was da eigentlich gespielt wurde. War ihr Boß etwa eifersüchtig?
„Sag schon was!“ Sam versuchte einzulenken.
Aber Harald schob den Negerjungen zur Seite.
„Du, ich habe gestern diese Inge Remo kennengelernt. Zufällig eigentlich. Weißt du, als ich im Lunapark war wegen dieses Artikels. Da tritt sie nämlich jetzt auf. Aber daß die beiden nicht mehr bei Bertoldi sind, das hat sie dir wohl schon längst erzählt-“
Erwin Kogge wußte beim besten Willen nicht, was er sagen sollte. Er war völlig perplex. Alles, nur das hatte er nicht erwartet. Er sah jetzt wirklich nicht sehr intelligent aus.
„Mach doch den Mund zu!“ Alibaba fuhr sich grinsend mit der Hand unter die Nase. Nur so.
„Inge Remo verschenkt nämlich keine Fotos, und Autogramme haßt sie wie die Pest. Das hat sie mir gestern gesagt. Du hast dieses Mal Pech gehabt.“
Nun hatte auch die Horde begriffen. Dieses Bild mit der unwahrscheinlichen Widmung war also ein aufgelegter Schwindel.
„Na, du armes Würstchen, sag mal, wer dir nun wirklich diese charmanten Zeilen unter das Bild geschrieben hat? Deine Tante oder deine Schwester? Denn eine Mädchenhandschrift ist es ja wohl.“
Alibaba betrachtete das Bild wieder voll Interesse.
Nun hatte Erwin Kogge endlich seine Sprache wiedergefunden. Er versuchte zu retten, was noch zu retten war.
„Da brauche ich niemand dazu. Ich kann meine Schrift verstellen, wie ich will. Das ist eben Begabung.“ Er zog geringschätzig die Mundwinkel etwas tiefer und brachte im übrigen seinen Rock wieder in Ordnung.
„Ach nee, wie du willst? Und diese ganze Galerie hier, jede dieser Unterschriften und Widmungen hast du also mit deiner famosen Klaue höchstpersönlich über die Fotos geschmiert?“
„Das ist noch gar nichts, ich kann noch viel mehr —“
Erwin Kogge setzte sich wie eine gekränkte Königsmutter auf einen Hocker und schlug wahrhaftig seine Beine übereinander.
„Aber mir genügt das. Uns allen genügt das. Vollkommen, mein Lieber-“
Alibaba riß jetzt ein Foto nach dem anderen von der Schranktür. Bis nur noch ein paar Fetzen an den Reißnägeln zurückblieben.
„Hast vermutlich von diesen Mädchen nicht eine
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