Die Fuenfzig vom Abendblatt
Schadenfreude eben die reinste Freude ist. Es macht immer Spaß, zu erfahren, daß die Konkurrenz auf die Nase gefallen ist. Gebe ich ganz offen zu —“
Einige von den Jungen wagten wieder zu grinsen.
„Eure Begeisterung also in Ehren. Aber in eurer Begeisterung habt ihr was Falsches getan. Ihr habt geschwindelt, ihr habt Menschen, die sich nach ihrer Arbeit auf ein Vergnügen freuten, betrogen, und ihr habt eine ganze Menge Schaden angerichtet. Daß es von euch gut gemeint war, ändert daran nichts. Warten wir ab, was noch hinterher kommt. Jedenfalls für die Zukunft —“
In diesem Augenblick klingelte wieder einmal das Telefon, und natürlich war es für Mr. Voss, der daran erinnert wurde, daß er für heute abend Theaterkarten hätte.
„Wenn Sie nicht Gäste hätten, würde ich Sie einladen mitzukommen meinte Mr. Voss, als ihm Sprinter ein paar Minuten später in den Mantel half. „Ich hab’ noch eine Karte.“
„Schönen Dank, aber
„Bitte, Herr Sprinter, lassen Sie sich nicht aufhalten wagte jetzt Alibaba zu bemerken. „Es ist ohnehin schon spät für uns und dann — für heute sind wir sowieso ziemlich bedient — --“
Erst jetzt, wie alles durcheinander lachte, merkte der Boß der Zeitungsjungen, daß er etwas gesagt hatte, was er eigentlich nur denken wollte.
Erwin Kogge ist doch kein Casanova
Es war genau 11 Uhr, als Harald zu Herrn Sprinter ins Zimmer trat.
Der Hauptschriftleiter saß über einer Menge von Papieren und großen Korrekturbogen hinter seinem Schreibtisch. Sein Rotstift war in voller Aktion. Jetzt faltete er einen der riesigen Bogen zusammen und steckte ihn in eine Kapsel und diese dann in eine der Rohrpostöffnungen, die in die Platte seines Schreibtisches eingelassen waren. Er drückte dabei ohne aufzusehen auf einen Knopf, und im selben Augenblick war zu hören, wie die Luft in der Röhre ansaugte und die Kapsel zischend mit sich in die Tiefe zog.
Sprinter wollte sich gerade dem Jungen zuwenden, da öffnete sich eine der Türen, und ein Angestellter im weißen Arbeitsmantel kam mit vier oder fünf Fotos in den Raum. „Die ersten Funkbilder vom Erdbeben in Chile —“
Unwillkürlich trat Harald ein paar Schritte näher, um etwas zu sehen. Sprinter sah sich diese Bilder kurz der Reihe nach an. Eins griff er heraus. In ihm bezeichnete er mit seinem Rotstift ein Viereck.
„Diesen Ausschnitt, Hasselmann. Sofort klischieren und dann auf Maschine zwei zur Montage!“
Der Angestellte verließ mit dem bezeichneten Foto fast im Laufschritt wieder das Zimmer. Und nun hatte Sprinter endlich Zeit.
„Pünktlich. Das freut mich. Entschuldige, aber hier in der Redaktion ist es natürlich nicht mehr ganz so gemütlich wie bei mir zu Hause.“
Dabei griff er nach einem der Papierbogen, die genauso groß zu sein schienen wie jeweils eine Seite der Zeitung. Auf diesen Bogen waren bereits einige Spalten mit Schriftsatz überklebt, einige Fotos und Zeichnungen waren eingesetzt, während andere Teile noch frei waren. Sprinter klopfte jetzt mit dem Ende seines Bleistiftes auf eine dieser weißen Stellen.
„Da — hier soll dein Bericht hin. Hier das Foto über der weißen Stelle, das hat gestern einer unserer Pressefotografen aufgenommen. Er war so ziemlich zur gleichen Zeit wie du ebenfalls im Lunapark-„
Harald kam zwei, drei Schritte näher. Der Abdruck des Bildes war noch etwas schwach. Aber man konnte doch die Konturen von Zelten und Karussells erkennen.
Da klingelte das Telefon.
„Ja — hier Sprinter. — Na, schön, wieviel Platz wollen Sie noch, Pleschke? Dieses Erdbeben hat uns im letzten Augenblick völlig umgeschmissen. Grauenhaft. Kann man gar nicht glauben — Wie? — Siebzig, achtzig Zeilen ? — Hm — müßte gehen — Passen Sie auf, der Lokalteil soll die zwei Morde kürzen und auf die letzte Seite nehmen — Auf der letzten Seite liest sich sowas ohnehin besser — Dafür nehmen Sie die Vorschau aufs ,Grüne Band’ rein — ja — die Überschrift über beide Spalten — Ist geritzt, Pleschke!“
Sprinter hatte kaum den Hörer aufgelegt, da klingelte es schon wieder.
„Sprinter — natürlich — wer soll sonst dran sein, wenn Sie meine Nummer wählen? — Wie? — Na, dann teilen Sie eben den Ostasien-Artikel, die zweite Hälfte morgen. Das ,Persische Öl’ muß bleiben. Haut genau hin mit der Abstimmung in Teheran. Klar, Karte dazu und das Foto, das ich Ihnen raufgeschickt habe — Einverstanden. — Gut, veranlassen Sie das sofort-“
Als
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