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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Autokönig so ohne weiteres auf eine Holztribüne, wenngleich auch auf einen Ehrenplatz, setzte, das paßte nicht ganz in seine Vorstellung von derlei Persönlichkeiten.
    Mr. Voss vom Abendblatt kam in seinem knallroten Mercedes. Sam hätte ihn am liebsten mit einem lauten Hurra empfangen. Aber das ging wohl nicht. Zudem befand sich Mr. Voss heute in Begleitung einer Dame. Da war Takt und Zurückhaltung geboten.
    „Ist das seine Frau?“
    Sprinter nickte nur.
    Daß Mr. Voss auch so etwas wie ein Familienleben hatte, war für Sam ebenfalls eine ziemliche Überraschung.
    „Achtung, Achtung eine klare, tiefe Stimme gab jetzt über den Lautsprecher die Bedingungen des Rennens bekannt. Danach führte die Strecke vom Hansaplatz weg über die Dockstraße zum Hafenviertel, an den Werften entlang über die Kieler Straße und die Hafenchaussee. Am Großen Stern hatten die Fahrer zur Parimontstraße einzubiegen, bis sie wiederum über den oberen Teil der Dockstraße zum Start und Ziel, dem Hansaplatz, zurückkamen. Die ganze Strecke war für den Verkehr gesperrt und von Kontrollposten der Rennleitung besetzt. Wie in den vergangenen Jahren mußte die Route, die etwa zwei Kilometer lang war, fünfmal gefahren werden. Bei der fünften Durchfahrt war die Startlinie des Hansaplatzes auch zugleich das Ziel.
    Die lange, breite Gerade der Dockstraße, die als erste Etappe vor dem Feld lag, war auf ihren Gehsteigen dicht mit Menschen angefüllt. Zwischen diesen Massen der Besucher aber lag sie breit, leer und gerade wie ein graues Band. In dieses Band rollte jetzt ein Wagen der Wochenschau, auf dessen Dach eine Filmkamera aufmontiert war. Die Objektive dieser Kamera hatte man in Richtung zum Start in Stellung gebracht. Dort bestieg jetzt ein Schiedsrichter in weißem Hemd und weißer Hose einen eigens für diesen Zweck errichteten Holzturm. Er hatte eine kleine weiße Flagge bei sich.
    Nun war es bald so weit. Sam rückte aufgeregt hin und her. Sprinter erzählte gerade von einem Cowboy-Rennen, das er einmal in Südamerika miterlebt hatte. Dort sei es üblich, daß sich sämtliche Besucher des Rennens, die am Sieg eines bestimmten Pferdes interessiert seien, beim Knall des Startschusses den linken Schuh von dem Fuß rissen. Das sei ein alter indianischer Aberglaube. Man könne von solchen Dingen denken, was man wolle. Aber er, Sprinter, glaube daran und würde deshalb auch heute danach handeln.
    Damit öffnete er an seinem linken Schuh bereits die Schnürsenkel. Wie sich später herausstellte, tat er es nicht allein.
    Der Starter auf seinem Holzturm hatte ein Mikrofon vor sich stehen. Sein Kommando war also weit über den Hansaplatz hinaus wohl noch bis ans andere Ende der Dockstraße zu verstehen.
    „Auf die Plätze — fertig
    Er hob jetzt seine Flagge mit der einen Hand steil in die Luft. Mit der anderen hielt er eine Pistole.
    „Los!“
    Mit diesem Wort zusammen fiel der Schuß, der sich über die Lautsprecher anhörte wie die Salve einer Geschützbatterie.
    Die ersten vier oder fünf Reihen des Feldes waren glatt vom Start gekommen. Sie jagten bereits die Dockstraße hinunter, während das übrige Gros der Fahrer noch alle Hände voll zu tun hatte, um überhaupt erst frei zu werden. Jetzt zeigte es sich, daß die Besitzer der hohen Nummern von Anfang an im Nachteil waren. Denn so sehr hatte die Erregung alle Fahrer gepackt, daß keiner mehr warten wollte, bis Reihe um Reihe in ordnungsmäßigem Ablauf gestartet war. Jeder versuchte auf gut Glück in die Strecke zu kommen. Die hintersten stießen am ganzen Feld vorbei seitlich vor. Wer in der Mitte eingepreßt war, suchte sich mit Gewalt Luft zu machen. Es war, wie wenn unter den noch zurückgebliebenen drei- oder vierhundert Startenden plötzlich eine Handgranate explodiert sei. Fahrräder schoben sich ineinander und verfingen sich. Von den Nachdrängenden zur Seite geschoben, stürzten die ersten bereits, bevor sie auch nur einen Meter gefahren waren, und jeder, der sich aus dem Durcheinander löste, konnte glücklich sein, wenn er den Hansaplatz erst einmal hinter sich hatte und zur Dockstraße eingebogen war.
    Dicht hinter Bulle gewann Alibaba die offene Strecke. Als nächster der Abendblatt-Jungen löste sich Erwin Kogge vom Feld. Dann tauchte eine ganze Weile keiner der roten Abendblatt-Pullover mehr auf. Bis jetzt endlich Harald an der ganzen Länge des noch vor ihm liegenden Rudels vorbeikam. Er wurde dabei bis dicht an die Barriere der Tribünen gedrückt. Fast streifte

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