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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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zu wenden.
    Die Berichterstattung des Rundfunks war nun wieder an den Sprecher auf dem Hansaplatz übergegangen.
    „Achtung! Hier Start und Ziel. Hier Start und Ziel
    Die Absperrmannschaften konnten die Menschen auf den Trottoirs nur mit Mühe zurückhalten. Alles drängte zur Straße, um einen möglichst weiten Blick auf die Strecke zu haben. Jeden Augenblick mußte die Spitze der Fahrer auftauchen. Auf den Tribünen waren die Menschen aufgestanden, waren zum Teil sogar auf die schmalen hölzernen Bänke gestiegen.
    Da wurde am andern Ende der Dockstraße der Film wagen der Wochenschau sichtbar. Im selben Augenblick waren auch schon die ersten fernen Rufe zu hören. Wie eine Feuerwand, die der Wind vor sich herjagt, kamen diese Rufe und Schreie immer näher. Die Nummer sechzehn kam als erste in Sicht. Der junge Mensch, der diese Nummer auf seinem Rücken trug, mußte sich auf der Strecke vom Großen Stern bis hierher die Spitze des Feldes erobert haben. Der Einundzwanziger vom „Rot-Weiß“, der von dort als erster gemeldet worden war, lag nur noch an dritter Stelle. Dann folgte schon Rudel auf Rudel.
    Die Jungen vom Abendblatt brüllten wie ein ganzes Regiment Soldaten, als jetzt Alibaba zu sehen war. Er hing geradezu wie angeklebt an Bulles Hinterrad.

    „Ali — baba!“
    „Ali-baba!“
    „Ali — baba!“

    Wie Salvenfeuer schlug es vom Kiosk der Witwe Schreiber herunter über den Platz. Und Hauptschriftleiter Sprinter blieb dabei mit der Lautstärke seiner Stimme nicht im geringsten hinter den Jungen zurück.
    Aber auch drüben von jenem Lastwagen der städtischen Straßenreinigung herunter brüllten die Leute des Nachtexpreß ihrem Anführer zu:

    „Bulle!“
    „Bulle!“
    „Bulle!“

    Für einen Augenblick war es so, als würde das Rennen nur allein von diesen beiden Fahrern bestritten. Unwillkürlich wurde man allgemein auf den Anführer der Nachtexpreß-Leute und auf den rothaarigen Jungen in seinem roten Abendblatt-Pullover aufmerksam.
    Aber auch die Lager dieser beiden offensichtlichen Rivalen waren nun durch das laute Zwischenspiel bekannt geworden.
    Abendblatt: Kiosk der Witwe Schreiber.
    Nachtexpreß: Lastwagen der städtischen Straßenreinigung.
    Nun wußten also auch die einzelnen Zeitungshändler, wo ihre Leute saßen, und mancher der Abendblatt-Verkäufer versuchte jetzt noch am Marco-Polo-Denkmal vorbei zum dortigen Zeitungsstand zu kommen, während andere wieder jenen hohen, grauen Lastwagen mit den Nachtexpreß-Leuten zu erreichen suchten. Unter ihnen auch Klemens Krüger, der Besitzer des Kiosk am Arkadia-Kino.
    Als nächster der Abendblatt-Jungen kam Harald in Sicht. Auch er wurde mit Hallo empfangen. Die Horde brüllte ihm nicht weniger laut zu als vorher ihrem Boß. Aber inzwischen war der Lärm rund um den Platz so allgemein geworden, daß die Rufe einzelner Gruppen gar nicht mehr auseinanderzuhalten waren.
    Harald mit seiner Zweihundert auf dem Rücken lag jetzt inmitten eines Rudels von etwa zehn bis zwölf Mann. Aber er fuhr etwas schneller als die anderen, und als er jetzt jenseits des Platzes wieder in die Dockstraße einbog, hatte er sich bereits aus seiner Gruppe gelöst, deren Spitze er dann überholte.
    Brille notierte sich in seinem Programmheft laufend die Reihenfolge der Fahrer. So sah er vom Rennen selbst nur wenig. Er notierte die Nummern, wie sie ihm von seinen Jungen nacheinander zugerufen wurden.
    Von den übrigen Fahrern der Horde war sehr, sehr lange nun nichts mehr zu sehen. Erst in der zweiten Hälfte tauchte wieder einmal einer der roten Abendblatt-Pullover auf: Erwin Kogge, der doch eigentlich beim Start noch ganz günstig gelegen hatte. Nach ihm dauerte es dann wieder lange, bis endlich Klaus Verhoven in Sicht kam, der mit den anderen sechs Jungen der Mannschaft bereits von Anfang an ziemlich hoffnungslos zurücklag. Was im übrigen den kleinen Sam nicht hinderte, auch ihn mit stürmischen Begeisterungsrufen zu empfangen. Das wirkte gegen Ende des Feldes zu etwas komisch und hatte wieder allgemeines Gelächter zur Folge. Aber das kümmerte Sam weiter nicht.
    Es war schon so: Alle Hoffnungen der Horde lagen bei Alibaba. Inwieweit Harald noch Chancen hätte, das würde sich im weiteren Verlauf des Rennens erst zeigen müssen.
    Alibaba spürte im Grunde noch keine Anstrengung. Kein Wunder also, daß er versuchte, den Anführer der Nachtexpreß-Leute hinter sich zu lassen. Da Bulle vor ihm fuhr, bemerkte dieser nicht, wie sich der Rothaarige beinahe unmerklich

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