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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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nicht sein------“

Eine ziemlich ungewöhnliche Konferenz

    Das achte Stockwerk des Abendblattes war um Mitternacht noch erleuchtet wie die Reklamefront einer Tanzbar. Gelb und kalt sprangen die riesigen Vierecke der Fenster aus dem übrigen Dunkel der Nachbarschaft. Sie warfen ihr Licht in langen, hellen Strichen über die Straße.
    Der Allgewaltige hatte siebzehn Minuten nach zweiundzwanzig Uhr seinem Hauptschriftleiter den Auftrag gegeben, sofort eine außerordentliche Redaktionssitzung einzuberufen.
    Eine Stunde später schon hatte Sprinter seinem Chef melden können, daß ihn die Herren im Sitzungssaale erwarten würden.
    „Alle Achtung Der Allgewaltige hatte anerkennend gelä-chelt. Wenn man bedenkt, daß sämtliche Schriftleiter, Abteilungsleiter und Chefs der Betriebsverwaltung erst in ihren Wohnungen alarmiert worden waren und daß viele erst aus Kinos oder Theatervorstellungen herausgerufen werden mußten — wirklich, dann war eine Stunde geradezu eine Rekordzeit.
    Die etwa vierzig oder fünfundvierzig führenden Leute des Abendblattes saßen in breiten Ledersesseln um einen riesigen Konferenztisch. Allgemein stand natürlich der Streik der Zeitungsjungen im Mittelpunkt der Gespräche. Die Gründe zu diesem Streik waren allerdings unbekannt. Herr Sprinter, der als einziger Bescheid wußte, schwieg. Man konnte sich also zu den Einzelheiten nicht äußern.
    Da betrat Mister Voss den Sitzungssaal. Augenblicklich verstummten alle Gespräche.
    Der Allgewaltige war nicht allein. Er kam in Begleitung. Und zwar in Begleitung von drei Jungen im roten Pullover des Abendblattes. Aber war dieses Gefolge zumindest schon ungewöhnlich, so wirkte der Feuerwehrmann, der ebenfalls noch hinter ihm durch die Tür trat, geradezu komisch.
    Während Mister Voss an der Stirnseite des breiten Tisches Platz nahm, wies er seiner sonderbaren Begleitung die vier Sessel an, die Hauptschriftleiter Sprinter an der Seite seines Chefs ausdrücklich freigehalten hatte.
    Nach einer kurzen Pause erhob sich der Allgewaltige.
    „Meine Herren, ich muß Sie bitten, den ungewöhnlichen Zeitpunkt der heutigen Sitzung zu entschuldigen. Aber als Zeitungsleute sind wir es ja wohl von unserer redaktionellen Arbeit her gewohnt, den Dingen an den Fersen zu bleiben. Das überträgt sich natürlich auf unsere übrige Arbeit und bis auf unsere persönlichen Dinge, die wir auch nicht auf die lange Bank schieben. So wollen Sie diese nächtliche Zusammenkunft verstehen. Im übrigen bitte ich Sie, sich so bequem wie möglich einzurichten. Rauchen Sie bitte ungestört. Ich selbst werde mir ebenfalls gleich eine Zigarre anstecken. Denn leider befürchte ich, daß ich Sie für längere Zeit in Anspruch nehmen muß.“
    Mister Voss hatte sich bei diesen Worten tatsächlich eine Zigarre aus seinem Etui genommen und steckte sie jetzt in Brand. Man folgte allgemein seinem Beispiel. Im übrigen war man überrascht, den Allgewaltigen nach den Ereignissen des heutigen Abends so ruhig und geradezu gutgelaunt zu sehen.
    „Quite well — “ Mister Voss setzte sich dabei wieder in seinen tiefen Ledersessel, „es ist Ihnen bekannt, daß sich unsere Jungen geweigert haben, den Rest der heutigen Nummer unserer Zeitung auszufahren —“
    Und nun kam Mister Voss in kurzen Worten auf die Gründe des Streiks zu sprechen.
    Ein etwas rundlicher Herr, der eine breite, schwarze Hornbrille auf der Nase trug, fühlte dabei erstmalig im Verlauf dieser Sitzung, wie es ihm unter seiner Weste heiß und kalt wurde. Es war Schriftleiter Fischer, einundvierzig Jahre alt, unverheiratet.
    Der Allgewaltige forderte jetzt Alibaba auf, seine Eindrücke von dem Konzert im Unionhaus zu schildern.
    Das kam etwas überraschend. Der Rothaarige stand also anfänglich etwas hilflos zwischen der Kante des riesigen Tisches und seinem Sessel.
    „Wir — wir waren von Vater Verhoven eingeladen, das heißt, die Karten hatten wir eigentlich von Herrn Bertelmann. Erster Rang, in der vordersten Reihe. Es war ganz voll, das Konzert — Herr von Bertelmann dirigierte selbst. Die Musik war eigentlich gar nicht so schlecht. Das glaubten wir alle. Anfangs wenigstens, wie gesagt — wir waren ja mehrere Jungen. Hier, Harald und Brille, die waren auch dabei---“
    Der Rothaarige schaute sich hilfesuchend nach seinen beiden Freunden um. Er flehte sie mit seinen Blicken geradezu an, ihm doch zu Hilfe zu kommen.
    „-----Der Applaus nach der ersten Symphonie war freundlich, wie man so sagt. Aber auch nicht

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