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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Nachtexpreß-Anführers überraschte ihn so, daß er unwillkürlich und fast ruckartig stehenblieb.
    „Ein Bekannter von dir wollte dich sprechen. Er sagte, daß er ein guter Freund sei So hatte ihm gestern nacht, als er spät nach Hause gekommen war, sein Vater berichtet. Da hatte der Junge hin und her gegrübelt, wer das wohl gewesen sein könnte. Im stillen hatte er gehofft, es würde Harald gewesen sein. Aber Harald hatte ja an der Konferenz teilgenommen, und Mario hatte ihn spät, wie alle anderen, Weggehen sehen. Denn selbstverständlich waren sämtliche Jungen in der letzten Nacht so lange im Abendblatt geblieben, bis das Ergebnis der Konferenz bekannt geworden war. Harald konnte ihn daher nicht besucht haben. Wer also — ?
    In diesem Augenblick war die Frage beantwortet.
    Bulle war es gewesen.
    Der Chef der Nachtexpreß-Leute höchstpersönlich---
    Mario wußte nicht, was er von diesem Besuch denken sollte.
    Wie kam Bulle dazu, sich seinem Vater gegenüber als „guten Freund“ auszugeben? Was wollte er von ihm? Der Junge ging langsam auf den seltsamen Besucher zu. Mit einem komischen Gefühl in der Magengrube. Voll Abwehr und Mißtrauen.
    Schon wollte er seinen Vater bitten, ihn doch jetzt nicht allein zu lassen. Aber zu spät. Herr Potini schloß den roten Plüschvorhang hinter sich. Er schien anzunehmen, daß die beiden jungen Leute etwas unter sich zu bereden hätten.
    Im übrigen freute er sich über diesen Besuch. Er konnte sich nicht erinnern, daß sein Junge jemals Freunde bei sich gehabt hatte.
    Vater Potini liebte seinen Jungen sehr. Aber irgendwo waren selbst seiner Liebe Grenzen gesetzt. Dort, wo er Mario sich selbst überlassen mußte. Und da fürchtete der Italiener für seinen Jungen. Er kannte ihn nur zu gut. Er wußte, daß Mario nicht stark, nicht rücksichtslos genug sein würde, wenn er draußen vor dieser Ladentüre auf der Straße ganz auf sich allein gestellt war.
    Bulle war langsam aufgestanden, nahm seine Hand aus der Tasche und ging auf Mario zu. „Ich denke, wir kennen uns. Du erinnerst dich doch noch? Vor dem Rennen damals — Unionplatz — Training – Sonntagvormittag-“
    Er versuchte möglichst harmlos zu grinsen.
    Mario brachte kein Wort über die Lippen.
    Aber Bulle schien auch gar nicht auf eine Antwort zu warten. Er steckte sich eine Zigarette in den Mund und nahm Feuer. „Ist doch gestattet hier?“
    Mario nickte stumm und holte einen kleinen Teller von der Kommode, stellte ihn auf den Tisch. Aschenbecher schienen bei den Potinis nicht in Gebrauch zu sein.
    Der Chef der Nachtexpreß-Ausfahrer ging an eine der Wände und fing an, sich sehr interessiert die Bilder anzusehen. Dabei fragte er über die Schulter hinweg, was denn gestern abend los gewesen sei.
    War der Kerl dessentwegen gekommen? Wollte er bei ihm herumspionieren? Wie hatte der Kerl überhaupt seine Wohnung in Erfahrung gebracht?
    Hinter der Stirn des schmalen, schwarzen Jungen jagten und stürzten die Gedanken durcheinander. Dabei zwang er sich, auf Bulles Frage so ruhig wie möglich zu antworten. Das war nicht einfach.
    Ich glaube nicht, daß ich das so ohne weiteres erzählen kann —“
    „Ach so — Geheimnis? Naja, dann frage ich natürlich nicht weiter
    Aber dabei kam Bulle ganz nahe auf den Jungen zu. Dicht vor ihm blieb er stehen. „Nun mal offen heraus mit der Sprache. Bist ja wohl auch nicht auf den Kopf gefallen und kannst dir denken, daß ich nicht zweimal bei dir angerauscht komme, nur um dir ,Buono giorno’ zu sagen, oder wie das bei euch heißt---“
    Seine Zigarette war bis auf einen kurzen Stummel zu Ende geraucht. Diesen Stummel zerdrückte Bulle jetzt mit seinem Daumen in dem Teller. „Gefällt es dir beim Abendblatt oder nicht? Ich meine, glaubst du, daß du dort so was wie ‘ne Lebensstellung gefunden hast?“
    „Ich weiß nicht
    „Darüber mußt du dir aber klarwerden, mein Sohn. Ich für meinen Teil kann dir nämlich versichern, daß es auch noch andere Möglichkeiten gibt, sein Geld zu verdienen —“
    Bulle griff in seine Tasche und holte ein Portemonnaie hervor, das ziemlich gut gefüllt schien.
    „Was verdienst du so in der Woche?“
    Mario gestand, daß es nicht mehr als dreißig Mark seien.
    „Sieh mal an. Und dafür strampelst du dir jeden Abend die Beine krumm
    Bulle hielt jetzt fünf Geldscheine in der Hand. „Hier sind fünfzig Mark. Die gehören dir, wenn du mir jetzt ganz klipp und klar sagst, weshalb eure verdammte Zeitung gestern abend nicht auf die Straße

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