Die Furcht des Weisen / Band 1
nicht mit Ambrose.«
»Du musst ihn höchstens ein oder zwei Stunden lang ertragen. Versuch bitte, ihn nach Imre zu locken, aber es würde notfalls auch genügen, wenn er sich mindestens hundert Meter weit vom GOLDENEN PONY entfernt.«
Fela seufzte. »Na, immerhin springt für mich ein Abendessen dabei raus.« Sie sah zu Simmon hinüber. »Hey, schicke Stiefel.«
Er grinste. »Nagelneu.«
Ich hörte Schritte und wandte mich um. Mola war die Einzige, die noch fehlte, aber aus der Richtung der Schritte hörte ich auch leise Stimmen. Ich biss die Zähne zusammen. Es war wahrscheinlich ein junges Liebespaar, das an diesem für die Jahreszeit ungewöhnlich warmen Abend einen Spaziergang unternahm.
Unsere Gruppe durfte dort nicht zusammen gesehen werden, nicht an diesem Abend. Das hätte zu viele Fragen aufgeworfen. Ich wollte eben loslaufen und diejenigen, die sich da aufhielten, abfangen, als ich Molas Stimme erkannte. »Warte bitte hier, bis ich es ihm erklärt habe«, sagte sie.
»Soll er doch einen Wutanfall kriegen, mir doch egal«, drang eine Stimme, die mir bekannt vorkam, aus der Dunkelheit hervor.
Ich hielt abrupt inne. Ich kannte diese zweite Stimme, kam aber einfach nicht drauf, wer das war.
Dann tauchte Mola zwischen den dunklen Bäumen auf. Und neben ihr erschien eine kleine Gestalt mit kurzem, rotblondem Haar. Devi.
Ich stand sprachlos da, während Mola näher kam, mit den Händen eine beschwichtigende Geste machte und sich beeilte zu sagen: |363| »Kvothe, ich kenne Devi von früher. Sie hat mir sehr geholfen, als ich neu an der Uni war. Bevor sie … abgegangen ist.«
»Rausgeschmissen wurde«, sagte Devi in stolzem Ton. »Ich schäme mich nicht dafür.«
Mola fuhr hastig fort: »Nach dem, was du gestern erzählt hast, schien mir da ein Missverständnis vorzuliegen. Und als ich sie besucht habe, um sie danach zu fragen …« Sie zuckte die Achseln. »Ist mir die ganze Geschichte so rausgerutscht. Und jetzt will sie helfen.«
»Ich will Ambrose ans Leder«, sagte Devi. Kalter Zorn schwang mit, als sie seinen Namen aussprach. »Wenn ich euch dabei helfe, ist das eher ein Nebeneffekt.«
Wilem räusperte sich. »Gehe ich recht in der Annahme, dass –«
»Er schlägt Huren«, schnitt Devi ihm das Wort ab. »Und wenn ich diesen überheblichen Dreckskerl ungestraft umbringen könnte, hätte ich das schon vor Jahren getan.« Sie sah Wilem mit nüchterner Miene an. »Ja, es gibt eine Vorgeschichte zwischen ihm und mir. Und nein: Die geht dich nichts an. Reicht dir das als Begründung?«
Angespanntes Schweigen. Wilem nickte, sein Blick betont neutral.
Darauf wandte sich Devi mir zu.
»Devi«, sagte ich und verbeugte mich knapp vor ihr. »Es tut mir leid.«
Sie guckte verblüfft. »Na sieh mal einer an«, sagte sie sarkastisch. »Vielleicht bist du ja doch nicht vollkommen hirnverbrannt.«
»Ich glaubte, ich könnte dir nicht vertrauen«, sagte ich. »Das war ein Irrtum, den ich sehr bereue. Ich konnte damals einfach nicht klar denken.«
Sie beäugte mich einen Moment lang. »Wir sind keine Freunde«, sagte sie schließlich, und ihr Blick war immer noch eiskalt. »Aber falls du diese Sache hier überleben solltest, werden wir mal miteinander reden.«
Dann sah Devi an mir vorbei, und ihr Blick wurde milder. »Die kleine Fela!«, sagte sie, ging hinüber und schloss sie in die Arme. »Du bist ja richtig erwachsen geworden!« Sie trat wieder einen Schritt zurück und musterte sie anerkennend. »Mein Gott, du siehst wirklich |364| aus wie eine waschechte modeganische Edelnutte! Er wird dir zu Füßen liegen.«
Fela lächelte und schwang den Rock ihres Kleids ein wenig hin und her. »Es ist doch ab und zu ganz nett, einen Vorwand zu haben, sich ein bisschen herauszuputzen.«
»Das solltest du auch ohne Vorwand tun«, sagte Devi. »Und für bessere Männer als Ambrose.«
»Ich hatte in letzter Zeit schrecklich viel zu tun. Und ich bin ein bisschen aus der Übung. Eine Stunde habe ich gebraucht, um meine Haare richtig hinzubekommen. Hast du noch irgendwelche Verbesserungsvorschläge?«, fragte sie, streckte die Arme aus und drehte sich einmal langsam im Kreis.
Devi betrachtete sie von Kopf bis Fuß. »Das ist schon viel besser, als er es verdient hat. Aber wieso trägst du denn gar keinen Schmuck?«
Fela sah auf ihre Hände. »Ringe vertragen sich nicht mit den Handschuhen«, sagte sie. »Und zu diesem Kleid hatte ich einfach nichts Passendes parat.«
»Dann nimm die hier«, sagte Devi und griff
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