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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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mich halten: Ich lachte und riss triumphierend die Hände hoch.
    Kilvin hob beide Augenbrauen und sah mich an. Ich grinste wie manisch.
    Der Meister hob den Bolzen vom Boden auf und betrachtete ihn erneut. Dann spannte er die Armbrust ein zweites Mal, zielte und drückte ab.
    Scheppern. Der Bolzen fiel ein zweites Mal zu Boden und schlitterte ein wenig beiseite.
    Diesmal entdeckte Kilvin, woher das Geräusch kam. In der von uns aus fernsten Ecke des Raums hing ein Metallgegenstand von der Decke herab. Er hatte die Ausmaße und die Form einer großen Laterne. Er bewegte sich sacht hin und her und drehte sich ein wenig, als hätte er gerade einen leichten Schlag von der Seite abbekommen.
    Ich nahm den Gegenstand von seinem Haken und brachte ihn zu Meister Kilvin. »Was ist das, Re’lar Kvothe?«, fragte er neugierig.
    Ich stellte das Ding auf der Werkbank ab. »Allgemein gesagt, |459| Meister Kilvin, ist es ein automatisch reagierendes kinetisches Abwehrgerät.« Ich strahlte vor Stolz. »Genauer gesagt, es hält Pfeile ab.«
    Kilvin beugte sich darüber, um es sich genauer anzuschauen, aber außer schlichten dunklen Eisenplatten gab es da nichts zu sehen. Meine Konstruktion sah tatsächlich ganz so aus wie eine große, achtseitige Laterne, die komplett aus Metall bestand.
    »Und wie nennst du es?«
    Das war der einzige Aspekt meiner Erfindung, für den ich bisher keine befriedigende Lösung gefunden hatte. Ich hatte mir hundert Namen dafür überlegt, aber keiner schien mir passend. »Pfeilfalle« war zu banal und unschön, »Freund des Reisenden« zu hochgestochen, »Banditen-Ruin« allzu melodramatisch. Ich hätte Kilvin nie wieder in die Augen sehen können, wenn ich versucht hätte, es so zu nennen.
    »Der Name bereitet mir noch Probleme«, gestand ich. »Vorläufig nenne ich es ›Pfeilfänger‹.«
    »Hmm«, machte Kilvin. »Aber es ist ja nicht so, dass es die Pfeile direkt
fängt

    »Ich weiß«, sagte ich. »Aber mir fiel nur das ein oder ›Schepper … Plumps …‹.«
    Kilvin sah mich von der Seite an, und in seinen Augen lag ein Lächeln. »Man sollte doch meinen, dass sich ein Student von Elodin besser auf die Namensgebung versteht, Re’lar Kvothe.«
    »Delevari hatte es leicht, Meister Kilvin«, erwiderte ich. »Er hat eine verbesserte Achse entwickelt und einfach seinen Namen drangepappt. Ich kann dieses Ding ja nun schlecht ›Kvothe‹ nennen.«
    Kilvin schmunzelte. »Wohl wahr.« Er wandte sich wieder dem Pfeilfänger zu und betrachtete ihn neugierig. »Und wie funktioniert das?«
    Ich grinste und zog eine große Papierrolle hervor. Sie war vollständig bedeckt mit Diagrammen, komplizierter Sygaldrie, metallurgischen Symbolen und komplexen Formeln für die kinetischen Konversionen.
    »Es gibt zwei Hauptbestandteile«, sagte ich. »Der erste ist die Sygaldrie, die automatisch eine sympathetische Verbindung herstellt zu jedem dünnen, sich schnell bewegenden Metallgegenstand im |460| Umkreis von sieben Metern. Ich scheue mich nicht, Euch zu sagen, dass es mich viele Tage gekostet hat, das auszutüfteln.«
    Mit einem Finger pochte ich auf die entsprechenden Runen auf dem Papier. »Anfangs dachte ich, das alleine würde genügen. Ich hoffte, wenn ich eine sich im Anflug befindliche Pfeilspitze mit einem feststehenden Stück Eisen in eine Verbindung bringe, würde dadurch der Schwung des Pfeils absorbiert, und er würde unschädlich gemacht.«
    Kilvin schüttelte den Kopf. »Das haben schon andere versucht.«
    »Und das hätte mir klar sein müssen«, sagte ich. »Damit fängt man bestenfalls ein Drittel des Schwungs ab, und ein Pfeilschuss mit zwei Dritteln des normalen Schwungs kann immer noch verheerende Wirkung entfalten.«
    Ich deutete auf ein anderes Diagramm. »Was ich wirklich brauchte, war etwas, das den Pfeil zurückstoßen kann, und zwar sehr schnell und sehr fest. Dafür habe ich dann letztlich eine Stahlfeder aus einer Bärenfalle verwandt. Umgebaut natürlich.«
    Ich nahm eine lose Pfeilspitze zur Hand, die auf der Werkbank lag, und tat, als würde sie auf den Pfeilfänger zufliegen. »Erstens: Der Pfeil kommt nah genug heran, und die Bindung wird hergestellt. Zweitens: Der Schwung des heranfliegenden Pfeils betätigt den Auslöser, genau so, wie wenn man in eine Falle tritt.« Ich schnippte mit den Fingern. »Dann wirkt die in der Feder gespeicherte Energie auf den Pfeil ein, hält ihn damit auf oder schleudert ihn sogar zurück.«
    Kilvin nickte. »Wenn aber die Feder nach jedem

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