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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Talenten aufbrummen.« Er sah zu Sim und Manet hinüber. »Darauf wette ich eine ganze Goldmark. Hält jemand dagegen?«
    Keiner der beiden war dazu bereit.
    Ich bekam ein flaues Gefühl im Magen. »Aber das kann doch nicht …«, sagte ich. »Das …«
    Nun legte auch Sim seine Karten hin, und seine grimmige Miene passte gar nicht zu seinem sonst immer so freundlichen Gesicht. »Kvothe«, sagte er in formellem Ton. »Ich sage dir: Setz ein Trimester aus.«

    Schließlich wurde mir klar, dass meine Freunde recht damit hatten. Doch nun geriet ich vollends ins Schlingern. Ich hatte keine Prüfungen mehr, auf die ich mich vorbereiten musste, und im Handwerkszentrum ein neues Projekt zu beginnen, wäre die reine Dummheit gewesen. Ich hatte nicht mal mehr Lust, in der Bibliothek noch weiter nach Informationen über die Chandrian oder die Amyr zu suchen. Ich hatte so lange gesucht und so wenig gefunden.
    Stattdessen spielte ich mit der Gedanken, andernorts danach zu suchen. Es gab ja schließlich noch andere Bibliotheken. Jedes Adelshaus besaß wenigstens eine bescheidene Büchersammlung, die Aufzeichnungen über die Ländereien und die Familie enthielt. Die meisten Kirchen verfügten über Akten, die Jahrhunderte zurückreichten und von Gerichtsverfahren, Eheschließungen und Erbschaften berichteten. Das Gleiche galt für sämtliche Ortschaften ab einer gewissen Größe. Die Amyr konnten ja schließlich nicht jede einzelne Spur ihrer Existenz vernichtet haben.
    Die Recherchen selbst würden nicht so schwierig sein. Schwierig würde es sein, überhaupt Zugang zu den Bibliotheken zu erlangen. Ich konnte ja wohl kaum in meinen staubigen Straßenkleidern in Renere auftauchen und einfach verlangen, die Archive des Palasts einzusehen.
    Das war wieder eine Situation, in der mir ein Schirmherr unschätzbare Dienste hätte leisten können. Ein Schirmherr hätte mir |504| ein Empfehlungsschreiben mitgeben und mir alle möglichen Türen öffnen können. Und mit der Unterstützung durch einen Schirmherrn wäre auf meinen Reisen auch für meinen Lebensunterhalt gesorgt gewesen. In vielen kleineren Ortschaften ließen sie einen nicht mal im örtlichen Wirtshaus auftreten, wenn man kein Schreiben eines Schirmherrn vorweisen konnte.
    Die Universität war nun ein ganzes Jahr lang der Dreh- und Angelpunkt meines Lebens gewesen. Vor die Notwendigkeit gestellt, sie zu verlassen, war ich vollkommen ratlos und wusste nicht, was ich mit mir anfangen sollte.

|505| Kapitel 50
Dem Wind nachjagen
    M einen Termin für die Zulassungsprüfung gab ich an Fela weiter und wünschte ihr dafür viel Glück. Und damit war das Wintertrimester für mich zu Ende.
    Mit einem Mal lösten sich drei Viertel meines Alltags in Luft auf. Ich hatte keine Seminare mehr zu besuchen und keine Schichten in der Mediho mehr abzuleisten. Ich durfte die Werkzeuge und Materialien im Handwerkszentrum nicht mehr benutzen und die Bibliothek nicht mehr betreten.
    Zunächst war das gar nicht so schlimm. Das Mittwinterfest war eine fabelhafte Ablenkung, und von den Sorgen um meine Arbeit und mein Studium befreit, konnte ich mich ungestört amüsieren und viel Zeit mit meinen Freunden verbringen.
    Dann begann das Frühjahrstrimester. Meine Freunde waren immer noch da, aber sie waren nun mit ihren Studien beschäftigt. Ich ertappte mich dabei, dass ich immer öfter nach Imre ging. Denna war immer noch nicht wieder aufgetaucht, aber Deoch und Stanchion tranken stets gern ein Gläschen mit mir und erzählten mir den neusten Tratsch.
    Threpe traf ich dort ebenfalls. Er versuchte zwar immer noch, mich zum Abendessen bei sich einzuladen, aber ich merkte, dass es ihm keine Herzensangelegenheit mehr war. Mein Gerichtsverfahren hatte auch den Leuten auf dieser Seite des Flusses nicht behagt, und man erzählte sich immer noch alle möglichen Geschichten darüber. Ich würde nun für lange Zeit, vielleicht gar für immer, in den angesehenen gesellschaftlichen Zirkeln nicht mehr willkommen sein.
    |506| Ich spielte mit dem Gedanken, die Universität zu verlassen. Mir war klar, dass die Leute das Verfahren schneller vergessen würden, wenn ich nicht mehr da war. Doch wohin sollte ich gehen? Die einzige Idee, die ich dazu hatte, war, nach Yll zu reisen, in der vagen Hoffnung, Denna zu finden. Ich wusste aber auch, dass das absolut töricht gewesen wäre.
    Da ich kein Geld für Studiengebühren ausgeben musste, ging ich zu Devi, um meine Schulden abzuzahlen. Doch zum ersten Mal traf ich sie nicht

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