Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
Vom Netzwerk:
sterben.«
    »Somiss hat das nicht so gemeint«,
erklärte ich ihm. »Unsere Eltern würden das nie zulassen.«
    Ich sah Gerrard hinterher. Er lief
ungerührt weiter, und ich konnte ihn lachen hören.
    »Hey! Tally! Warte!«, rief der Junge, als
jemand durch den dunklen Flur auf uns zukam. »Gibst du mir irgendwas von deinem
Essen ab? Irgendetwas? Bitte!«
    Gerrard war schon weit voraus, und ich
drehte mich wieder um, um ihm zu folgen, aber ich konnte die Stimmen hinter mir
hören.
    »Bitte, Tally? Du kennst mich. Wir sind
gemeinsam nach Agents gegangen. Wir waren dort Freunde. Du weißt …«
    »Halt den Mund, Will.«
    Drei weitere Namen, hörte ich mich selbst
denken, als ich mich beeilte, Gerrard hinterherzukommen. Jordan, Tally und Will. Auf eine gewisse Art war es tröstend, die Namen zu kennen, auch
wenn ich Tally im Schummerlicht zwischen den Fackeln gar nicht richtig hatte
sehen können. Ich war mir ziemlich sicher, dass er einer von Levins
Zimmerkameraden war, nämlich derjenige, der ein wenig wie Aben aussah.
    Und Somiss, dachte ich. Nun kannte ich
also sogar den Namen des Zauberers, der mich am meisten ängstigte.
    »Sieh nur! Da ist er! Der Junge, der so
viel mitgenommen hat«, gellte eine Stimme hinter uns.
    Ich hörte Gerrard einen seltsamen Laut
ausstoßen. Lachte er wieder? Er packte seinen Umhang fester und hielt ihn nun
beinahe bis zur Taille hoch. Dann fing er an zu rennen, und ich konnte die
Rückseite seiner bleichen Beine sehen, als er vor mir davonhastete.
    Auch ich rannte nun, um ihn einzuholen,
und ich schämte mich, dass ich auf Gerrard angewiesen war, wenn ich den Rückweg
finden wollte. Aber ich war mir sicher, dass ich ohne ihn unseren Raum nie wiederfinden
würde. Hinter mir konnte ich hören, wie noch jemand anderes Will anschrie, er
möge den Mund halten und aufhören zu betteln. Und ich hörte Schritte. Ein paar
von den anderen jagten Gerrard hinterher. Das wusste er und lief deshalb, so
schnell er es vermochte. Ich konnte nur alles daran setzen, ihn in Sichtweite
zu behalten.
    Gerrard bog nach links in einen schmalen
Gang ein. Dann nahm er zwei weitere Abbiegungen, schließlich eine dritte. Ich
folgte ihm, bis ich keine Stimme mehr hören konnte. Und dann waren wir wieder
in unserem Zimmer angekommen, mehr oder weniger in Sicherheit, und wir hatten etwas
zu essen. Nahrung!
    Ich riss ein Stückchen vom Brot ab und
stopfte es mir in den Mund.
    Es war süß und mit
Honig zubereitet, und es schmeckte so gut, dass ich beinahe zu weinen begann.
Den Rest legte ich auf meinen Schreibtisch: den angebrochenen Laib Brot, eine
Orange und eine Kugel harten Käse. Gerrard musste sich über seinen Schreibtisch beugen, um
das, was er in der Vorderseite seines Umhangs
transportiert hatte, auszu schütten. Ich konnte nicht anders, sondern
musste dorthin starren. Er drehte sich um und sah mir in die Augen.
    »Rühr es nicht an. Niemals.«
    Schwer ließ ich mich auf mein Bett sinken.
Gerrard hatte fünf Brotlaibe, einen halben Käse, fünf oder sechs Orangen, eine
Melone und vier Apfel. Außerdem hatte er ein geschwollenes Auge, Blut lief aus
einer Wunde über dem Wangenknochen, und an seiner rechten Hand waren die Knöchel
aufgeplatzt.
    Ich war bei den Ersten gewesen und hatte
ganz vorne vor dem Tablett gestanden. Warum war es mir nicht eingefallen,
meinen Umhang zu benutzen? Ich wusste, weshalb. Weil ich nicht nachgedacht
hatte. Ich war verzweifelt damit beschäftigt gewesen, den Kämpfen aus dem Weg
zu gehen, und voller Angst, ich könnte verletzt werden. Wieder einmal hatte ich
es bewiesen. Ich war ein Feigling.
    Ohne nachzudenken, trat ich hinaus auf den
Gang und lief blind bis zur ersten Abzweigung durch den Tunnel. Dort bog ich
ein, machte noch einige Schritte, blieb dann stehen und lehnte den Rücken gegen
den kalten Stein. Und dort weinte ich, bis ich nicht mehr konnte. Gerrard hob
nicht einmal den Blick, als ich wieder ins Zimmer zurückkehrte und auf mein Bett
kroch. Er lernte.

23
     
    NICHT DORT HINEIN«,
SAGTE FRANKLIN LEISE. SADIMA
DREHTE SICH UM, DIE HAND AN DER TÜR ZU SOMISS’ ZIMMER.
    »Ich dachte, da er bis Mittag weg ist,
könnte ich …«
    Sie brach ab, denn Franklin schüttelte den
Kopf.
    »Nein. Geh da niemals hinein. Niemals.«
    Sadima lächelte. »So schmutzig kann es
doch gar nicht sein, und wenn doch …«
    »Sadima«, begann Franklin langsam. »Somiss
erlaubt es nicht. Niemand betritt seinen Raum.«
    Sadima trat von der Tür zurück. »Nicht
einmal du?«
    Franklin stieß

Weitere Kostenlose Bücher