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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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sein Haar wild und schmutzig.
Joseph musste einer von Wills Zimmergenossen sein. Er war beinahe so groß wie Luke,
doch seine Schultern hingen nach vorne, und er hielt den Kopf gesenkt.
    »Nun geh schon, Luke«, bat Will. Er weinte
und machte sich nicht die Mühe, das zu verbergen. »Tally. Sorg doch dafür.«
    »Verschwinde!«, zischte Tally. »Aus dem
Weg – zu kämpfen ist dumm.«
    »Sie haben recht«, sagte Levin tonlos, und
einige der anderen wiederholten seine Worte.
    Ich beobachtete Luke und sah die schiere
Verzweiflung in seinen Augen. Hatte er das bisschen Essen, das er ergattert
hatte, an einem einzigen Tag aufgebraucht wie ich? Hatte er überhaupt etwas
abbekommen, bevor das Tablett zu Boden gerissen worden war? Er stieß ein Ge räusch aus, das wie ein tiefes Grollen klang, aber
er setz te sich in Bewegung und schlurfte zum Ende der Reihe.
    Jordan trat näher an den riesigen
Edelstein. Er versuchte sein Glück, aber nichts geschah, und so kam auch er zurück und stellte sich hinter Luke, während
Tally ei nen Schritt nach vorne machte, dann Joseph. Ich sah ihnen zu und
hoffte verzweifelt, dass es irgendjemandem gelingen würde, Essen heraufzubeschwören.
Selbst wenn ich keine Krume davon abbekäme, würde ich wenigstens wissen, dass es möglich war. Ich schloss die Augen und
versuch te zu wiederholen, was mir mit dem Spielzeugpferd gelungen war,
aber nun mit etwas Essbarem. Ich konnte Celias Pfannkuchen sehen, ich konnte sie riechen und schme cken, und ich
konnte sie in meinem Mund spüren. Ich konnte das
Geräusch der Butter in der Pfanne hören, wie sie un ter dem Teig zischte.
    Jedes Mal, wenn ich mitbekam, wie sich die
Reihe weiter nach vorne schob, öffnete ich die Augen und machte einen Schritt,
dann schloss ich sie wieder und erinnerte
mich an alles, was diese Pfannkuchen ausmach te: die seidige,
vollkommene, braune Oberfläche, das Innere, saftig und voller Luftlöcher. Ich
musste immer wieder schlucken und sabberte wie ein Hund.
    Dann warf ich einen
Blick zu Gerrard. Er stand auf ei ner Seite, einen Schritt aus der Reihe getreten, seine Augen auf
den mächtigen Edelstein geheftet. Ich sah über die Schulter zurück und
bemerkte, dass die anderen mich beobachteten.
Sie glaubten, ich könne Nahrung erschaf fen, oder vielmehr hofften sie
das. Auf jeden Fall würde ich es versuchen. Dann, mit einem Schlag, wurde mir
klar, was geschehen würde, wenn ich eine Platte mit Celias Pfannkuchen
erscheinen lassen würde. Es würde Kämpfe geben. Ich würde beinahe mit
Sicherheit verletzt werden, und ich würde nicht der Einzige sein.
    Erneut ging ich einen Schritt weiter, als
ein weiterer von Wills Zimmergenossen versagte und sich wieder
hinten einreihte. Nun waren nur noch zwei Jungen vor mir. Ich hörte jemanden
flüstern: »Viel Glück, Rob.«
    Rob. Aber ich öffnete nicht die Augen, um ein Gesicht mit dem
Namen zu verbinden. Es interessierte mich nicht. Ich wollte nur etwas essen.
Doch ich wusste, wenn ich es versuchte und es
gelänge, würde mir jemand die Mahlzeit wieder wegnehmen. Die Hälfte der Jungen
war größer als ich. Luke überragte mich beinahe um Haupteslänge, Joseph ebenso.
Mir schauderte es bei dem Gedanken daran, wieder hungrig schlafen gehen zu
müssen und dieses Mal vorher Schläge abbekommen zu haben.
    Ich spürte, wie ich schwitzte, und roch
den scharfen, stinkenden Angstschweiß. Sollten sie doch alle verflucht sein,
diese Zauberer! Ich hasste sie dafür, dass sie aus uns Tiere machten.
    Würde derjenige, der den Abschluss
schaffte, wie die fliegenden Pferde enden? Zwar in der Lage, seltsame,
wunderbare Dinge zu tun, aber mit kalten, toten Augen und für immer in etwas
anderes verwandelt?
    Einmal hatte ich mich zwischen den
Obstbäumen verborgen, als ein Zauberer gerade mit den Fohlen arbeitete. Ich
hatte mich versteckt, aß Äpfel aus den übervollen Erntekisten und sah aus der
Ferne zu. Ich war nicht sehr alt, vielleicht fünf oder sechs Jahre. Mein Vater
hatte mir verboten, in die Nähe der Ställe zu gehen, wenn die Zauberer dort
waren – jeder war gewarnt worden. Ich wusste also, dass mein Vater mich
schlagen würde, wenn er es herausfände.
    Aber ich war dort zwischen den Apfelkisten
zusam mengekauert sitzen geblieben und hatte
mit großen Au gen zugeschaut. Ich war wie gebannt und erwartete, jeden
Augenblick etwas Magisches zu sehen. Doch der Jährling war immer nur im Kreis
um den Zauberer herum getrabt, hatte seine Mähne geschüttelt, weil ihn die
Fliegen quälten, und er

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