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Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)

Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)

Titel: Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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sich im Moment wohl noch niemand einen Begriff macht. Tante Lizzy, ich weiß es!"
    Tante Lizzy nahm mich in die Arme und drückte mich an sich. Langsam beruhigte ich mich etwas, aber die Gewißheit, daß
    etwas Furchtbares bevorstand, ließ mich zittern. Eine Gänsehaut überzog meine Unterarme.
    "Ich weiß es!" murmelte ich immer wieder.
    *
    Am nächsten Tag brachte Tante Lizzy mich mit meinem roten Mercedes 190 zunächst in die Ladbroke Grove Road, wo Tom seine Wohnung hatte. Er wartete bereits reisefertig auf uns. Gemeinsam fuhren wir dann zum Flughafen. Der Abschied war für Tante Lizzys Verhältnisse kurz und schmerzlos. Darum hatte ich sie gebeten.
    Aber natürlich kam ich nicht davon, ohne eine ganze Reihe von Ermahnungen und Ratschlägen mit auf den Weg zu bekommen. Das war einfach zu sehr in ihr drin, als daß sie es hätte lassen können. Seit ich zwölf Jahre alt war, lebte ich bei ihr. Sie war mir wie eine Mutter gewesen, auch wenn sich unser Verhältnis in den letzten Jahren mehr und mehr gewandelt hatte. Tante Lizzy war nun eher so etwas wie eine erfahrene Ratgeberin und Vertraute. Aber manchmal brach die fürsorgliche Mutter in ihr sich immer noch Bahn.
    Tom hatte die Reise gut organisiert. So gut, wie das möglich war, muß man dazu einschränkend sagen. In Moskau übernachteten wir in einem zweitklassigen Hotel, bevor am nächsten Tag der Anschlußflug nach Irkutsk uns über Tausende von Kilometern ostwärts brachte.
    Von dort aus brachte uns eine kleine Maschine 500 Kilometer weiter nach Osten bis Tschita. Von dort aus ging es mit dem Zug weiter. In überfüllten Abteilen saßen wir, während unser Zug uns durch eine weiße Schneelandschaft brachte. Endlos waren diese schneebedeckten Flächen. Soweit das Auge sehen konnte nichts anderes als Weiß. Die Sonne wurde durch diese Flächen reflektiert und es blendete einen. Manchmal wurde diese Ödnis aus Eis und Schnee durch Wälder oder Berge unterbrochen. Unsere Reisegefährten stellten eine illustre Mischung dar. Soldaten der roten Armee auf dem Weg nach Hause, fliegende Händler mit allem möglichen an Kleinwaren, chinesische Wanderarbeiter, die sich auf dieser Seite der Grenze bei Straßenarbeiten und dem Bau von Pipelines verdingten. Sibirien war ein fast menschenleeres Land, während es auf der chinesischen Seite der Grenze davon einen Überfluß gab. Eine Grenze, an der es in den sechziger Jahren noch blutige Grenzkonflikte gegeben hatte und die nun langsam etwas durchlässiger wurde. Eine Grenze, die auf mehr als tausend Kilometer durch einen einzigen, breiten Fluß
    gebildet wurde - den Amur.
    Am frühen Nachmittag des nächsten Tages erreichte der Zug einen kleinen Ort namens Jerofei Pavlovitsch. Die wenigen Häuser waren in der weißen Schneelandschaft kaum zu sehen. Wir stiegen aus. Es gab keinen Bahnsteig oder dergleichen. Wir standen mit unserem Gepäck auf dem hartgefrorenen Boden neben dem Gleis, während sich der Zug wieder in Bewegung setzte. Ich sah ihm noch nach, bis er sich wie eine lange, dunkle Schlange über den Horizont geschoben hatte. Niemand sonst hatte in diesem winzigen Nest absteigen wollen. Und so waren wir allein.
    Der eisige Nordwind blies uns um die Ohren. Ich zog die Kapuze meines gefütterten Anoraks sorgfältig über den Kopf. Darunter trug ich noch eine modische Strickmütze, aber dennoch hatte ich nicht das Gefühl, zu warm angezogen zu sein. Die Hände steckten in dicken Fausthandschuhen, und ich kam mir vor wie ein Eskimo.
    Der Wind heulte über die Ebene. An manchen Stellen hatte er den Schnee zu meterhohen Verwehungen aufgehäuft. Ich wandte mich an Tom, der sich genauso vermummt hatte wie ich. Suchend ließ er den Blick über die wenigen Häuser schweifen. Es handelte sich ausnahmslos um Holzbauten. Auf den Dächern lag eine dicke Schneeschicht und hier und da konnte man einen Kamin rauchen sehen.
    "Sollte uns hier nicht jemand abholen", meinte ich gegen den eisigen Wind, und eine Dampfwolke bildete sich vor meinem Mund.
    Tom zuckte die breiten Schultern.
    "Das solltest du nicht zu eng sehen", meinte er. "Die Züge kommen hier nicht so fahrplanmäßig pünktlich wie wir das aus London gewohnt sind. Der Mann, der uns abholt, kann daher auch nur ungefähr wissen, wann wir hier ankommen." Er sah auf die Uhr und atmete dann tief durch.
    "Jedenfalls ist das hier alles andere als eine gemütliche Wartehalle!" erwiderte ich. Ich schlang die Arme um Tom.
    "Dann mußt du mich eben wärmen!"
    "Auf die Dauer wird das

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