Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
grünlichen Aura gefangen war.
Jener Aura, die die Wildhüter getötet hatte! erinnerte ich mich schaudernd.
Der Uksaki setzte sich auf sein Hinterteil. Die Vorderbeine blieben gerade durchgedrückt. Sein majestätischer, kalter Blick ruhte auf Tom.
Erneut schossen grünliche Strahlen aus den flackernden Augen heraus. Diese Strahlen schienen Toms Körper in gewisser Weise abzutasten und verweilten dann bei seinem Kopf. Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen.
Tom verwandelte sich.
Sein Körper schien an Substanz zu verlieren, sich aufzulösen...
Es war grauenvoll.
Ich sah sein Skelett deutlich hervortreten und erwartete bereits meinen Geliebten zu demselben Knochenstaub zerfallen zu sehen, der die gesamte Höhle ausfüllte. Verzweiflung trieb mir Tränen in die Augen.
Tom...
Wie in einer Art Film sah ich Szenen aus der kurzen Zeit vor mir, die uns gemeinsam vergönnt gewesen war. Ich sah den Blick seiner grüngrauen Augen, wie er mir in jenem Moment begegnet war, als wir uns zum ersten Mal in den schmucklosen Räumlichkeiten der LONDON EXPRESS NEWS begegneten. Ein Blick voller Geheimnis und Weite.
Und Liebe, dachte ich.
Aber nun, so schien es, riß uns ein unfreundliches Schicksal grob auseinander. Ich konnte es nicht fassen. Ich schluckte.
Nein, das darf nicht sein!
*
Da ich unfähig war, auch nur die geringste Bewegung auszuführen, konnte ich den Blick auch nicht von dem grauenhaften Bild abwenden, was sich mir bot. Toms blanker Totenschädel schien mich aus leeren Augenhöhlen heraus anzublicken.
Alles andere von ihm hatte sich fast völlig aufgelöst. Es bildete nur noch eine schwache Aura um ihn herum. Nicht mehr, als eine blasse Projektion.
Diese wurde jetzt allerdings wieder stärker.
Der Puls schlug mir bis zum Hals, und alles krampfte sich in mir zusammen, als ich sah, daß die Substanz, die nun mehr und mehr den Raum zwischen den bleichen Knochen füllte, sich verändert hatte.
Es war nicht Toms Körper, der wenige Augenblicke später vor mir lag.
Kein gefütterter Anorak, keine Thermohosen und Stiefel... Statt dessen ein Gewand, das aus Fellen zusammengesetzt war. Ein behaartes Gesicht mit einem etwas verwirrten Ausdruck... Ich wußte, wen ich in diesem Moment für wenige
Augenblicke vor mir hatte. Es muß Maguan sein, dachte ich. Der Jäger sah mich an.
Und ich hatte das Gefühl, daß diese Augen mir vertraut waren.
Er ist es! dachte ich.
Doch schon Sekundenbruchteile später begann auch der steinzeitliche Jäger sich aufzulösen. Er verwandelte sich zurück in Tom. Die grünliche Aura um ihn herum verschwand. Tom bewegte sich.
Und ich spürte, daß ich nicht länger in dem unsichtbaren Schraubstock gefangen war, der mich in seinem eisernen, unerbittlichen Griff gehalten hatte.
Ich stürzte auf Tom zu, der sich im selben Moment Hoch rappelte. Ich fiel ihm um den Hals. "Tom, du lebst..." Ich schlang den Arm um seine Taille, überglücklich darüber, daß er so vor mir stand. Erst als ich ihn berührte, konnte ich es wirklich glauben. Schließlich hatte ich ihn nur wenige Augenblicke zuvor mit einem grinsenden Totenschädel gesehen...
"Patti!" stieß er hervor.
Garrison war inzwischen auch frei. Er kam zögernd auf uns zu.
Die Blicke der Uksaki waren noch immer auf uns gerichtet. Sie musterten uns kalt. Wer mochte schon ermessen, welche Geheimnisse hinter diesen dämonisch flackernden Augen verborgen waren?
Ich schmiegte mich an Tom.
Wir sahen den Uksaki entgegen.
"Was geschieht nun?" flüsterte ich.
"Sie lassen uns gehen", sagte Tom.
"Woher weißt du das?"
"Sie sind mit mir in eine Art geistige Verschmelzung eingetreten. Und sie haben mich als Maguan, den Jäger wiedererkannt..."
"Wird das Morden weitergehen?" fragte ich, während mein Blick von einem dieser Monstren zum anderen wanderte.
"Nein!" sagte plötzlich eine dumpfe Stimme. Ich hörte sie nicht wirklich. Es war eine Stimme, die aus meinem eigenen Kopf zu sprechen schien. Eine Gedankenstimme...
Ich sah Tom an und wußte, daß er dasselbe gehört hatte. Die Gedankenstimme der Uksaki! durchfuhr es mich schaudernd.
"Maguan, der Jäger, ist ein Freund", sagte die Stimme. "Wir achten seinen Mut als Jäger. Er war uns immer treu ergeben. Aber unsere Zeit ist um... Seit Tausenden von Jahren schon ruhten wir. Die Intervalle des Schlafs waren im Lauf der Zeit immer länger geworden und wir erwarteten, irgendwann völlig ins Reich des Todes überzugehen, um dann schließlich in anderer Gestalt wieder auf der Erde zu
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