Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
und wissen weder ein noch aus..." Sie wandte sich an mich. Bevor der erstaunte Milton etwas sagen konnte, sprach sie einfach weiter: "Mein Bruder und ich wollten immer die Wahrheit über die seltsamen Umstände wissen, unter denen unser Großvater Zachary gestorben ist... Sie wissen, daß es gegen seinen Neffen George und seine um viele Jahre jüngere Frau Clarissa einen Mordprozeß gab, der im Sande verlief. Die Wahrheit kam nie ans Licht... Ich habe mich immer schon für Okkultismus interessiert und auch hin und wieder an Seancen im Bekanntenkreis teilgenommen. Aber erst als Mr. Milton auf uns zuging, erschien mir eine Reise in die Welt der Totengeister als sinnvolle Möglichkeit, endlich die Wahrheit herauszufinden..."
"Sie müssen wissen, daß meine Schwester übersensibel ist. Sie glaubte, daß eine negative Aura über diesem Haus liegen könne, solange diese Dinge im Dunkeln lägen", ergänzte Eric. Er drehte sich zu Alexander Milton um und forderte diesen dann auf: "Vielleicht fahren Sie jetzt fort..."
"Nun, wenn es Ihr ausdrücklicher Wunsch ist."
"Das ist es", bestätigte Sandra.
"Sie haben sich in Ihrer Schrift über Rachegeister ausdrücklich auf die Todesfälle von Clarissa und George Bascomb bezogen", stellte ich fest.
"Ja, ich habe den Fall soweit es möglich war, recherchiert. Allerdings geschah das erst Jahre nachdem George und Clarissa unter eigenartigen Begleitumständen zu Tode gekommen waren. Das hat die Arbeit natürlich erheblich erschwert. Und doch... Mir schien hier das geradezu klassische Muster für das Wirken eines Rachegeistes vorzuliegen." Er blickte Tom an.
"Sie müßten die Umstände kennen, Mr. Hamilton - sofern Sie wirklich die Wiedergeburt von George Bascomb sind..." Tom lächelte.
"Noch immer Mißtrauen? Ich kann Sie gut verstehen. Clarissa starb, als sie auf dem Weg zu unseren Anwälten war... Ganz in der Nähe des Trafalgar Squares. Zeugen wollten einen Leichenwagen gesehen haben, der genauso aussah wie jener, den der etwas exzentrische Onkel Zachary eigens für seine letzte Fahrt hatte anfertigen lassen. Mich erwischte es nur ein paar Tage später. Ich hatte in der City zu tun und hatte gerade im Kaufhaus Derry & Toms gegessen, als ich in einer Seitenstraße von diesem Unglückswagen überfahren wurde..." Toms Stimme vibrierte. Ich spürte sofort, wie sehr ihn die Erinnerung bewegte. "Es ist so, als wäre es erst gestern passiert", flüsterte er. "Ich sehe den dunklen Schatten dieses Wagens noch auf mich zu kommen. Niemand schien am Steuer zu sitzen..."
Milton nickte.
Er schien zufrieden zu sein.
"Sehen Sie, ein Rachegeist, der ruhelos die Lebenden heimsucht, kann dann entstehen, wenn beim Tod eines Menschen eine besondere psychische Energie entsteht..."
"Beispielsweise durch Haß", ergänzte ich. Milton nickte.
"Ich sehe, Sie verstehen mich, Miss Vanhelsing. Außerdem glaube ich, daß der Geist eines jeden Toten sich oft noch eine mehr oder minder lange Zeit in der Nähe seines Körpers aufhält. Menschen, die für kurze Zeit klinisch tot waren, berichten darüber, wie sie als Geist Zeuge ihrer eigenen Wiederbelebung wurden... Zachary muß im Augenblick seines Todes die Zusammenhänge begriffen haben. Vielleicht auch erst kurz danach durch die Gespräche von Clarissa und George... Es muß ein Schock für ihn gewesen sein, daß ihn seine junge Frau mit seinem Neffen betrog, dem er doch so vertraut hatte. Aber damit nicht genug! Zachary war gewiß ein etwas exzentrischer Mann, wie alle bestätigt haben, die ihn persönlich kannten. Wer läßt sich schon einen eigenen Leichenwagen anfertigen? Er litt außerdem unter panischer Angst vor Feuer, was in einem Erlebnis begründet lag, das er als kleines Kind hatte. Er erlebte einen Hausbrand mit und wie ich durch seinen Psychiater erfuhr, litt er unter Alpträumen, in denen stets Feuer eine besondere Rolle spielte..."
Jetzt mischte sich Tom ein. "Es war Clarissa, die darauf bestand, daß Zachary durch eine Feuerbestattung beizusetzen sei. Er habe sich das immer gewünscht... Von seiner Feuerphobie hatte ich keine Ahnung, obwohl ich wußte, daß er mindestens einmal die Woche zum Psychiater ging. Soweit, mir diese Dinge zu offenbaren, ging sein Vertrauen nicht."
"Aber Clarissa hat davon gewußt, da bin ich mir nach meinen Recherchen ziemlich sicher", erklärte Milton. "Es war ein Akt letzter Bosheit - über den Tod hinaus..."
"Aber der Rachegeist hat seine Rache doch vollendet!" warf ich ein. "Er tötete Clarissa und
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