Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
weiß er genau, was er an dir hat..."
"Na, hoffentlich!"
*
Als ich Michael T. Swanns Büro betrat, erlebte ich zwei Überraschungen. Die erste betraf Tom Hamilton, der offenbar ebenfalls hier einen Termin hatte. Er hatte in einem der dunklen Ledersessel platzgenommen, die Swann in seinem Büro aufgestellt hatte.
Die zweite Überraschung betraf Swanns Schreibtisch. Ich war den Anblick einer völlig überladenen Tischplatte gewohnt, auf der sich Stapel von Akten, Manuskripten und Papieren zu Türmen von zweifelhafter Statik aufschichteten. Jedesmal, wenn Swann eine heftige Bewegung machte oder aus Versehen mit einem Fuß ein Tischbein berührte, fürchtete man, daß eines dieser Gebäude umstürzen könnte und in einer Art Domino-Effekt einige weitere mit sich in die Tiefe reißen würde.
Aber diese Papiertürme waren verschwunden. Statt dessen befanden sie sich neben dem Schreibtisch und ein Computer-Terminal stand jetzt unübersehbar dort, wo sich früher die Manuskripte freier Mitarbeiter ins Uferlose stapelten.
Swann tauchte hinter dem Bildschirm hervor. Er war ein breitschultriger, etwas untersetzt wirkender Mann. Seine Krawatte saß ihm wie ein Strick um den Hals und die Hemdsärmel waren hochgekrempelt. Swann war ein Mann, der von seiner Arbeit besessen war. So etwas wie ein Privatleben schien es für ihn kaum zu geben. Oft war er der erste, der morgens in der Redaktion war, und abends war er nicht selten der letzte, der das Verlagsgebäude verließ. Einen ähnlichen Einsatz verlangte Swann auch von allen anderen Angestellten der LONDON EXPRESS NEWS.
Gefürchtet waren seine cholerische Anfälle, die ihn insbesondere immer dann überkamen, wenn er schlecht recherchierte Artikel zu redigieren hatte. Aber gute Leistung erkannte er immer an. In dem Punkt war er absolut fair.
"Hallo, Patti!" sagte er. "Ein hektischer Tag heute. Ich glaube, wir haben uns noch gar nicht gesehen..." Ich schielte am Bildschirm vorbei und sah das
aufgeschlagene Computerhandbuch. Manchmal ist es ein Trost, zu sehen, daß auch andere Menschen nicht perfekt sind...
Wie gewohnt kam Swann gleich zur Sache.
Er warf mir den Ausdruck einer Pressemeldung zu, die ich gerade noch auffangen konnte, bevor sie zu Boden segelte.
"Ich erwarte nicht, daß Sie den kleinen Ort Darrenby in der Grafschaft York kennen. Aber vielleicht haben Sie schon einmal etwas von einem gewissen Brian Meany gehört..." Ich überlegte und kramte fieberhaft in meinem Gedächtnis herum. "Meinen Sie vielleicht Reverend Brian Meany?" fragte ich dann.
Der Name war mir tatsächlich ein Begriff.
Swann nickte.
"Dachte ich mir doch, daß Sie damit etwas anfangen können!" grinste er. "Ein wirklicher Reverend irgendeiner Kirche ist Meany allerdings nicht - auch wenn er von denen, die an seine besonderen Fähigkeiten glauben, so genannt wird."
"Dieser Meany machte doch vor einiger Zeit Schlagzeilen mit seinen Teufelsaustreibungen...", stellte ich fest. Swann kratzte sich am Kinn. "Sie haben recht, Patti. In der Zwischenzeit hatte sich der Rummel um ihn jedoch wieder etwas gelegt... Bis jetzt!"
"Nun, es scheint so, als hätte jemand eine Teufelsaustreibung durch ihn nicht überlebt... Sie können das der Meldung entnehmen, die gerade bei uns eingetrudelt ist. Die Polizei ermittelt und der Staatsanwalt grübelt wohl noch darüber nach, ob Anklage wegen Mordes oder Totschlags erhoben werden soll." Swann atmete tief durch. "Ich möchte, daß Sie in der Sache recherchieren..."
Ich war etwas verwirrt und blickte zu Tom hinüber.
"Meinen Sie uns beide?"
"Sehen Sie hier noch jemanden im Raum, Patti?"
"Nun..."
"Sie sind ja anerkanntermaßen unsere Spezialistin für Themen, die den Bereich des Okkulten streifen. Und das scheint ja hier der Fall zu sein. Mr. Hamilton hingegen kennt sich ganz gut in der Gegend da oben aus..." Ich sah Tom überrascht an.
"Ich dachte, du wärst mehr in Asien zu Hause", sagte ich dann, während sich unsere Blicke trafen. Er hatte nie erwähnt, daß Yorkshire eine Rolle in seinem Leben gespielt hatte. So erfuhr ich über diesen, was sein Leben anging, ziemlich lakonischen Mann mal wieder etwas per Zufall...
"Ich hatte Verwandte dort", sagte er und es klang aus seinem Mund fast wie eine Entschuldigung.
Die volle Bedeutung dessen, was er in diesem Moment gesagt hatte, sollte mir erst sehr viel später klarwerden.
"Mr. Field ist leider unabkömmlich, Patti", hörte ich Swann sagen.
"Sie meinen, wegen des Kalenders..."
"Sie sagen es! Aber keine
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