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Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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hören.
    »Ich heiße Isaak«, stellte er sich vor, »und bin auf dem Weg nach Osten. Wer bist du?«
    »Alboin«, antwortete der Rothaarige, ohne seine Bestimmung zu nennen.
    »Hieß so nicht einstmals ein bedeutender König der Langobarden?«, fragte Isaak.
    »Nach dem bin ich benannt worden, wie mein Großvater, mein Vater und … «
    Er brach ab.
    »… dein Sohn?«, fragte Isaak leise, nachdem er mit einem großen Schluck sein Magengrimmen zu beruhigen gesucht hatte.
    Alboin nickte. Seine Miene sprach Bände, weshalb Isaak das Thema wechselte und fragte, ob die Männer ihm etwas Brot geben könnten.
    Alboin schüttelte den Kopf.
    »Das haben immer unsere Frauen gemacht«, sagte ein älterer Mann. »Und die sind tot oder verschleppt worden. Mit unseren Kindern.«
    Isaak erfuhr, dass die Männer eine Schmiede nahe Bardowick betrieben hatten, als des Königs Heer in ihr Dorf eingefallen war. Schmieden befanden sich aus gutem Grund außerhalb von Ansiedlungen, und so war es den Männern gelungen, vor der Übermacht des fränkischen Heers rechtzeitig in einen nahe gelegenen Wald zu flüchten. Nachdem sie in ihr ausgebranntes Dorf zurückgekehrt waren, konnte ihnen eine tödlich verletzte alte Frau mit letzter Kraft berichten, dass zwar einige Überlebende nach Osten und Süden weggeschafft, die meisten aber als Geiseln dem Tross des Königs einverleibt worden seien.
    »Nicht meine Frau und mein Sohn«, sagte Alboin bitter. »Sie sind in den Flammen umgekommen.«
    »Aber warum seid ihr jetzt hier, so fern eurer Heimat?«, fragte Isaak verblüfft.
    »Weil wir dem Tross des Königs auflauern wollen, um unsere Leute zu befreien, natürlich!«, rief der andere Mann ungeduldig. »Dieser fränkische Bedrücker, den sie König nennen, kann sich ja nicht ewig in Paderborn aufhalten.«
    Isaak unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. Er würde also nicht bis ins ferne Bardengau an der unteren Elbe weiterreisen müssen, um Karl anzutreffen. Vermutlich hatte der König sein Heer nach der erfolgreichen Strafexpedition schon aufgelöst. Isaak aber vertraute darauf, dass sich der mörderische Fredo und vielleicht auch noch dessen Spießgesellen bei den Mannen aufhielten, die mit dem König nach Aachen zurückkehren würden. Denn das, was vom Schatz des Iosefos noch übrig geblieben war, hatten die Räuber gewiss nicht mit in den Krieg genommen.
    Die Nachricht von des Königs Nähe verlieh dem Fernhändler neue Kraft. Eine Nacht guten Schlafes, und dann würde er am nächsten Tag Paderborn erreichen können, eine alte sächsische Siedlung, die König Karl nach der vorjährigen blutigen Schlacht auf dem Sintfeld endgültig ins Frankenreich eingegliedert und die er inzwischen zum zweiten Bistum in Sachsen erhoben hatte.
    »Alle Sachsen sind hier Franken geworden und werfen dem Despoten jetzt ihren Zehnten in den Rachen, damit er noch mehr Kriege gegen uns führen kann«, bemerkte Alboin grimmig, »wir dachten, gerade in dieser Gegend noch alte Stammesfreunde zu finden. Aber die beten heute vor lauter Angst das Kreuz an, als gäbe es unsere Götter nicht. So schnell geht das.«
    Er spuckte aus.
    »Du bist Sachse, aber deine Familie trägt über Generationen hinweg einen langobardischen Namen«, bemerkte Isaak. »Was hat es damit auf sich? Zumal gerade die Langobarden schon seit Langem dem Christentum anhängen.«
    »Bardowick«, erwiderte Alboin mit eindringlicher Betonung der ersten Silbe. »Unser Dorf ist einst von Langobarden des alten Glaubens gegründet worden, ehe der große Teil unseres Stammes in den fernen Süden zog und unsere Götter verleugnete. Wir halten übrigens nicht nur die Namen unserer Ahnen in Ehren, sondern auch ihre Kunst, die sie einst von den Kelten erlernt haben. Sie wird von Vater zu Sohn weitergegeben. Im ganzen Frankenreich wirst du niemanden finden, der im Schmieden und Gießen von Erz so bewandert ist wie wir. Du selbst hältst dich doch auch an alte Gebräuche deines Volkes.« Er nickte zum Feuer hin. »Gewiss bist du Jude und verhungerst lieber, als ein Stück Schwein zu verzehren. Hier ist ein Apfel.«
    Er warf ihn Isaak zu. Während dieser seine Zähne im köstlichen weißen Fleisch der Frucht versenkte, dachte er nach. Er kaute genüsslich und bemerkte dann: »Ich weiß, wo hervorragende Schmiede gebraucht werden. Wo sie für sich und ihre Familien ein Vermögen verdienen können, wenn sie denn in der Lage wären, etwas herzustellen, was fränkische Schmiede nicht vermögen.«
    »Wovon redest

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