Die Gabe des Commissario Ricciardi
und Gebäck da, die hat mir ein Kunde mitgebracht. Möchten Sie welche?
Maione verzog das Gesicht:
– Um Himmels willen, das fehlte mir noch morgens in der Früh, ich soll wohl gleich ins Krankenhaus? Kaffee nehme ich gern, danke. Das Zeugs schmeckt zwar widerlich, aber zumindest werd' ich damit den bitteren Geschmack im Mund los.
Bambinella kicherte, während er sich am Herd zu schaffen machte.
– Freundlich wie immer, danke, Brigadiere. Eigentlich wollten Sie ja sagen: Bambinella, so wie du den Malzkaffee machst, mit deinen goldenen Händchen, macht ihn sonst keine. Und wüssten Sie erst, was ich sonst noch so anstelle mit meinen Goldhändchen … Einer meiner Kunden, ein Metzger aus La Torretta, sagt, dass meine Hände einen Toten zum Leben erwecken könnten, insbesondere wenn …
– Bitte, Bambinella, – unterbrach Maione ihn brüsk, – ich kann heute Morgen wirklich alles ertragen, bloß keine Details aus deinem Berufsleben. Und wenn ich außerdem dran denken muss, was du mit deinen Händen tust, wird mir auch noch der Malzkaffee zuwider, also lass gut sein.
– Wie Sie möchten, Brigadiere. Manche beruflichen Erfolge würde man eben gerne ab und zu mit jemandem teilen, zumindest mit seinen Freunden. Nun, was verschafft mir denn die Ehre, so früh am Sonntagmorgen? Ich glaub nicht, dass wir uns sonntags schon mal gesehen haben. Und dann ist ja auch Weihnachten. Lassen Sie mich raten: die Sache in Mergellina, stimmt's? Das Ehepaar, der von der Hafenmiliz, oder?
Maione schüttelte bewundernd den Kopf.
– Unglaublich. Dabei kannst du nicht mal lesen und es nicht aus der Zeitung haben. Woher um Himmels willen weißt du das?
Bambinella kratzte sich die Haare, die ihm widerspenstig auf dem ordentlich rasierten Handrücken nachwuchsen.
– Reiner Zufall, Brigadiere, wirklich. Ich hab' ein paar Kolleginnen, die im Bordell in La Torretta arbeiten, erinnern Sie sich, wir waren mal zusammen da, um eine von ihnen zu be
fragen, die irgendwas wusste, was Sie wissen wollten. Manchmal haben meine Freundinnen auch Fischer und Geldverleiher aus der Gegend als Kunden. Die Fischer können nicht viel zahlen, aber sie schenken ihnen frischen Fisch und die Mädchen braten ihn sich auf den Zimmern, auch wenn Madame sich drüber aufregt, weil sie findet, dass ein Bordell nach Rosen duften und nicht nach Frittiertem stinken sollte …
Maione hob die Hände zu einer flehenden Geste.
– Um Gottes willen, Bambinella, tu's mir zuliebe und bleib beim Thema. Heut' halt ich's nicht aus, deinen Ausschmückungen zu folgen. Bitte nur die Fakten.
Bambinella stülpte die rot angemalten Lippen nach vorn und zog eine Schnute.
– Böser, böser Brigadiere. Nicht mal reden darf ich, wie ich will. Jedenfalls hab' ich eins der Mädchen getroffen und sie hat mir gesagt, dass von nichts anderem geredet wird als vom Tod dieses … wie heißt er noch … Garofalo, glaub ich. Und dass eine Menge Dinge über ihn gesagt werden.
– Was denn zum Beispiel?
Bambinella kicherte nervös, die langen Finger vorm Mund.
– Mein Gott, woher soll ich das wissen? Ich hab' nicht nachgefragt, konnte ja nicht wissen, dass Sie an dem Fall dran sind, Sie und der schöne Kommissar mit den grünen Augen, der angeblich Unglück bringt. Sonst hätte ich mich natürlich informiert.
Maione fuhr auf:
– Ich hab' dir tausend Mal gesagt, ich will nicht, dass du sowas über den Commissario sagst, dass er Unglück bringt! Es stimmt einfach nicht. Wer's trotzdem denkt, soll kommen und mir's ins Gesicht sagen, dem hau' ich alle Zähne aus, dann ist Schluss damit!
Bambinella klimperte mit den falschen Wimpern.
– Ich sag's doch nur, damit Sie wütend werden. Männer, die sich aufregen, machen mich unglaublich an.
Maione erwiderte müde:
– Bambinella, lass bitte das Albern, ich bin wegen sehr ernster Dinge hier. Also, hör gut zu, wir haben keine Zeit und ich muss dich um zwei Dinge bitten. Erstens: Du musst sofort zu deinen Freundinnen nach La Torretta gehen und dir alles sagen lassen, was sie über diesen Garofalo wissen. Vor allem, ob jemand ihm Böses wollte oder ihm gedroht hatte.
Während Bambinella zuhörte, trank er in kleinen geräuschvollen Schlucken seinen Malzkaffee aus einem chinesischen Tässchen, wobei er den rechten kleinen Finger abgespreizte.
– Und die zweite Sache?
Maione runzelte die Stirn. Was er zu tun beabsichtigte, gefiel ihm nicht. Er hatte so etwas noch nie getan: berufliche Kontakte zu privaten Zwecken zu nutzen. Erst seufzte
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