Die Gärten des Mondes
beiseite stieß, dann kreischte es empört auf und flog in engen Kreisen um seinen Kopf herum.
»Na, spielst du wieder Nervensäge?«, sagte Crokus zu der Kreatur; er wedelte mit der Hand, als das Wesen zu nah herankam und sich prompt in seinen Haaren verhedderte. Winzige, menschenähnliche Händchen versuchten, irgendwo Halt zu finden. »Schon gut, Moby«, meinte er mitleidig und öffnete die Tür.
Drinnen war Mommot gerade dabei, einen Kräutertee zuzubereiten. »Möchtest du einen Tee, Crokus?«, fragte er, ohne sich umzudrehen. »Und was das kleine Monster angeht, das wahrscheinlich auf deinem Kopf sitzt, sag ihm, dass ich für heute mehr als genug von ihm habe.«
Moby schniefte empört und flatterte hinüber zum Schreibtisch des Gelehrten, wo er eine Bauchlandung hinlegte, die etliche Schriftstücke auf dem Fußboden verteilte. Er zirpte.
Seufzend drehte Mammot sich um, ein Tablett in den Händen. Seine wässrigen Augen richteten sich auf Crokus. »Du siehst müde aus, Junge.«
Crokus lümmelte sich in dem weniger abgewetzten der beiden Sessel, die in dem Raum standen. »Ja, ich bin müde und in düsterer Stimmung.«
»Mein Tee wird wie üblich Wunder wirken«, sagte Mammot lächelnd.
Crokus grunzte, sah dabei jedoch nicht auf. »Kann sein.«
Mammot trat vor und stellte das Tablett auf ein kleines Tischchen zwischen den beiden Sesseln. Mit einem leisen Seufzen ließ er sich in den freien Sessel sinken. »Wie du weißt, habe ich nur wenig moralische Bedenken, was deine Berufswahl angeht, Crokus, da ich Rechte grundsätzlich infrage stelle, auch das auf Eigentum. Selbst Privilegien bringen Verantwortung mit sich, wie ich immer gesagt habe, und das Privileg des Eigentums erlegt dem Eigentümer die Verantwortung auf, seinen oder ihren Besitz zu schützen. Meine einzige Sorge gilt natürlich dem Risiko, das du bei deiner Tätigkeit gezwungenermaßen eingehen musst.« Mammot beugte sich vor und schenkte Tee ein. »Junge, ein Dieb muss sich einer Sache absolut sicher sein -seiner Konzentration. Ablenkungen sind gefährlich.«
Crokus warf seinem Onkel einen Blick zu. »Was hast du all die vielen Jahre eigentlich geschrieben?«, fragte er unvermittelt und deutete hinüber zum Schreibtisch.
Überrascht griff Mammot nach seiner Tasse und lehnte sich zurück. »Oho! Haben wir plötzlich ein aufrichtiges Interesse an Bildung? Jetzt endlich? Wie ich schon immer gesagt habe, Crokus, du bist intelligent genug, um es weit zu bringen. Und obwohl ich nur ein bescheidener Gelehrter bin, wird mein Wort dir viele Türen in der Stadt öffnen. Tatsächlich würde dir selbst der Stadtrat eines Tages offen stehen, wenn du diese Richtung einschlagen wolltest. Es ist alles nur eine Frage der Disziplin, mein Junge - die gleiche Fähigkeit, die du als Dieb besitzen musst.«
Ein listiger Ausdruck glitt über Crokus' Gesicht, während er seinen Onkel weiter anblickte. »Wie lange würde es dauern«, fragte er leise, »in solchen Kreisen bekannt zu werden?«
»Nun«, sagte Mammot, »das Wichtigste ist natürlich das Lernen.«
»Natürlich.« Vor Crokus' geistigem Auge stieg jetzt allerdings das Bild eines schlafenden Mädchens auf.
Mammot blies in seinen Tee. »Wenn du deine ganze Zeit den Studien widmest ... und in Anbetracht deines jugendlichen Eifers ... würde ich mal sagen, ein Jahr, vielleicht mehr, vielleicht weniger. Gibt es denn einen Grund zur Eile?«
»Nur jugendlicher Eifer, nehme ich an. Wie auch immer, du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Was schreibst du da, Onkel?«
»Oh.« Mammot warf einen Blick zu seinem Schreibtisch hinüber und beobachtete mit einer hochgezogenen Augenbraue Moby, der ein Tintenfass geöffnet hatte und daraus trank. »Die Geschichte Darujhistans«, sagte er. »Ich fange gerade mit dem fünften Band an, der mit Ektalm beginnt, dem vorletzten Tyrannen-König.«
Crokus verschluckte sich. »Mit wem?«
Lächelnd schlürfte Mammot seinen Tee. »Mit dem Usurpator, der Letastte vom Thron gestoßen hat und auf den seine Tochter Sandenay gefolgt ist, die die Erwachende Zeit herbeigeführt hat - und damit das Ende des Zeitalters der Tyrannen.«
»Ach ja, richtig.«
»Crokus, wenn es dir ernst mit all dem ist, können wir deinen Unterricht mit der Geschichte Darujhistans beginnen, aber das bedeutet nicht, dass wir mit Band fünf anfangen. Es bedeutet, dass wir ganz am Anfang anfangen.«
Crokus nickte. »Entstanden auf Grund eines Gerüchts«, sagte er.
Drüben auf dem Schreibtisch begann
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