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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Gesichtsausdruck wurde säuerlich, als er seinen Trupp musterte. Trotter schwang die Spitzhacke, als befände er sich auf einem Schlachtfeld. Steine flogen nach allen Seiten. Fußgänger, die vorbeikamen, duckten sich - und fluchten, wenn das Ducken nichts genützt hatte. Igel und Fiedler kauerten hinter einem Schubkarren und zuckten jedes Mal zusammen, wenn der Barghast seine Picke auf den Boden knallte. Fäustel stand ein kleines Stück entfernt und wies Fußgänger an, den anderen Bürgersteig zu benutzen. Inzwischen bellte er die Leute nicht mehr an, denn er hatte im Streit mit einem alten Mann und einem Esel, der unter einem gewaltigen Berg Feuerholz geschwankt hatte, seine Stimme ruiniert. Die Holzbündel lagen jetzt überall auf der Straße verstreut und bildeten eine wirksame Barriere gegen alles, was Räder hatte, während der alte Mann und sein Esel nirgends zu sehen waren.
    Alles in allem jedoch, dachte Elster, hatten seine Leute sich mit einer Leichtigkeit in die Rolle der von der Hitze halb verrückt gewordenen Straßenarbeiter gefunden, die ihm ein seltsames Unbehagen bereitete.
    Igel und Fiedler hatten den Wagen, vollbeladen mit Pflastersteinen, noch nicht einmal eine Stunde nach ihrer mitternächtlichen Landung an einem öffentlichen Dock im Hafenviertel »besorgt«. Wie das genau vor sich gegangen war, wollte Elster lieber nicht fragen. Doch es passte perfekt in ihre Pläne. Irgendetwas nagte ganz weit hinten in seinem Hinterkopf an ihm, doch Elster ignorierte das Gefühl. Er war Soldat, und Soldaten befolgten Befehle. Wenn der Zeitpunkt gekommen war, würde an jeder größeren Kreuzung der Stadt Chaos herrschen.
    »Es wird nicht einfach sein, Minen zu legen«, hatte Fiedler gesagt, »daher machen wir es direkt vor aller Augen. Als Straßenarbeiter.«
    Elster schüttelte den Kopf. Wie Fiedler vorhergesagt hatte, war niemand gekommen, um ihnen Fragen zu stellen. So fuhren sie fort, Straßen aufzureißen und alte Pflastersteine durch mit Moranth-Sprengstoff gefüllte, feuergehärtete Tonsteine zu ersetzen. Würde alles so einfach sein?
    Seine Gedanken kehrten zu Leida zurück. Wohl kaum. Der Schnelle Ben und Kalam hatten ihn schließlich davon überzeugt, dass ihr Teil der Mission leichter wäre, wenn Leida nicht bei ihnen war. Also war sie hinter seinen Leuten hergetrottet, hatte pausenlos hierhin und dorthin gestarrt, war ansonsten jedoch keine große Hilfe gewesen. Er musste sich eingestehen, dass er sich irgendwie erleichtert fühlte, seit er sie auf die Spur des fetten Mannes gesetzt und damit weggeschickt hatte.
    Aber was hatte ein siebzehnjähriges Mädchen in die Welt des Krieges gezogen? Er konnte es nicht verstehen. Er konnte nicht hinter ihre Jugendlichkeit dringen, konnte nicht in sie hineinsehen und den kalten, tödlichen Killer hinter jenen toten Augen entdecken. So oft er seinen Männern auch erzählte, dass sie genauso ein Mensch sei wie jeder andere von ihnen auch, so wuchsen die Zweifel doch mit jeder Frage, die sie betraf und die er nicht beantworten konnte. Er wusste so gut wie nichts über sie. Die Enthüllung, dass sie mit einem Fischerboot umgehen konnte, war praktisch aus dem Nichts gekommen. Und hier in Darujhistan hatte sie sich nicht wie ein Mädchen verhalten, das in einem Fischerdorf aufgewachsen war. Sie besaß eine natürliche Gelassenheit, ein Maß an Sicherheit, wie man es sonst nur in den höheren, gebildeteren Klassen fand. Egal, wo sie sich aufhielt - sie benahm sich immer so, als ob sie dorthin gehören würde.
    Klang das nach einem siebzehnjährigen Mädchen? Nein, doch es stimmte mit den Behauptungen des Schnellen Ben überein, und das ärgerte Elster. Wie sonst passte die eiskalte Frau ins Bild, die vor Nathilog Gefangene gefoltert hatte? Wenn er sie ansah, pflegte ein Teil von ihm zu sagen: »Jung, nicht unangenehm fürs Auge, mit einem Selbstvertrauen, das sie anziehend macht.« Doch ein anderer Teil seines Verstandes schnappte zu. Jung? Er konnte sein eigenes raues, schmerzerfülltes Lachen hören. Oh nein, nicht dieses Schätzchen. Sie ist alt. Die ist in der Dämmerung der Zeiten unter einem blutroten Mond gewandelt. Ihr Gesicht ist das Antlitz all dessen, was nicht ergründet werden kann; sie sieht dir in die Augen, Elster, und du wirst niemals wissen, was sie denkt.
    Er spürte, wie ihm der Schweiß übers Gesicht und den Nacken hinunterrann. Blödsinn. Dieser Teil seines Verstandes verlor sich in seinem eigenen Entsetzen, nahm das Unbekannte und formte in

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