Die Gärten des Mondes
schweifen und trommelte dabei ruhelos mit den Fingern auf den Tisch. Dann richtete er sich auf seinem Stuhl kerzengerade auf. Er füllte sein Glas. »Also - jetzt, da du weißt, was Rallick und ich vorhaben«, meinte er, »was willst du deswegen unternehmen?«
Kruppe hob die Augenbrauen. »Kruppe? Warum? Nur Gutes, natürlich, was denn sonst? Hilfe in der Not, und so. Es gibt keinen Grund, so offensichtlich verärgert zu sein, Freund Murillio. Geh unbedingt so vor wie geplant. Der weise Kruppe sollte für dich nichts weiter als eine gütige Begleitperson sein.«
»Beim Atem des Vermummten«, stöhnte Murillio und verdrehte die Augen. »Wir sind bisher auch ohne deine Hilfe klargekommen. Wenn du uns einen Gefallen tun willst, dann geh uns einfach aus dem Weg. Misch dich nicht ein.«
»Kruppe soll euch aus dem Weg gehen und seine besten Freunde ihrem Schicksal überlassen? Unsinn!«
Murillio trank sein Bier aus und stand auf. »Ich gehe nach Hause«, sagte er. »Meinetwegen kannst du Baruk auch erst in einer Woche berichten, mir ist's völlig gleichgültig. Und wenn Rallick herausfindet, dass du über unseren Plan Bescheid weißt - nun, Kruppe, dann möchte ich nicht in deiner Haut stecken.«
Kruppe winkte zum Abschied mit der Hand. »Siehst du Salli dort drüben? Auf ihrem Tablett befindet sich Kruppes Abendessen. Angesichts solch einer Mahlzeit verblassen Rallick Noms hässliche Dolche und seine noch hässlichere Laune zur Bedeutungslosigkeit. Also dann, gute Nacht, Murillio. Und bis morgen.«
Murillio starrte einige Augenblicke lang auf ihn hinunter, dann brummte er: »Gute Nacht, Kruppe.«
Er verließ das Gasthaus durch die Küchentür. Kaum war er in die Seitengasse getreten, als ihn eine Gestalt von der gegenüberliegenden Straßenseite ansprach. Murillio runzelte die Stirn. »Bist du das, Rallick?«
»Nein«, sagte die Gestalt im Schatten. »Doch du brauchst mich nicht zu fürchten, Murillio. Ich habe eine Nachricht für dich - vom Aal. Du kannst Kreisbrecher zu mir sagen.« Der Mann kam ein bisschen näher. »Die Nachricht betrifft Ratsherrn Turban Orr ...«
Rallick glitt in der Dunkelheit von Dach zu Dach. Dass er nicht das geringste Geräusch verursachen durfte, verlangsamte seine Jagd spürbar. Es würde nicht zu einem Gespräch mit Ozelot kommen. Rallick ging davon aus, dass er nur einen einzigen Schuss haben würde. Wenn er seine Chance nicht nutzte, würde sich die Zauberei seines Clanführers als entscheidender Faktor erweisen. Es sei denn...
Rallick blieb kurz stehen und durchsuchte seine Tasche. Vor vielen Jahren hatte Baruk, der Alchemist, ihn für eine besonders gut ausgeführte Arbeit mit einem kleinen Beutel voll rötlichem Staub belohnt. Baruk hatte ihm erklärt, welche magietötende Wirkung der Staub besaß, doch Rallick hatte der Versuchung, auf das Pulver zu vertrauen, bisher immer widerstanden. War es nach all den Jahren überhaupt noch wirksam? Konnte es Ozelots Kräften tatsächlich etwas entgegensetzen? Niemand konnte das wissen ...
Rallick überquerte ein hohes Dach, schlich dabei am Rande einer Kuppel entlang. Rechts unter ihm lag der Ostteil der Stadtmauer. Dahinter war ein schwacher Lichtschimmer zu erkennen: Sorgenstadt. Der Assassine nahm an, dass Ozelot am Sorgentor auf Colls Ankunft warten würde, dass er sich dort irgendwo an einer Stelle versteckt hatte, von wo aus er das Stadttor gut im Blick hatte. Er würde versuchen, Coll zu töten, bevor er die Stadt betrat.
Dies schränkte seine Möglichkeiten erheblich ein. Nur von wenigen Stellen aus hatte man gute Sicht und freies Schussfeld, und von diesen war der K'rul-Hügel eindeutig die Beste. Natürlich war es auch möglich, dass Ozelot seine Zauberei bereits eingesetzt hatte und hier irgendwo ganz in der Nähe lauerte, vor weltlichen Augen verborgen. Womöglich stolperte Rallick direkt über ihn.
Er erreichte die Nordseite des Kuppeldachs. Vor ihm reckte sich der K'rul-Tempel in die Höhe. Vom Glockenturm aus hätte man die Möglichkeit, einen sauberen Schuss anzubringen, wenn Coll durch das Tor kam. Rallick holte den Beutel aus seiner Tasche. Was immer der Staub bedeckte, hatte Baruk gesagt, würde sich als unempfindlich gegen Magie erweisen. Mehr noch, der Effekt wirkte innerhalb eines bestimmten Bereichs. Der Assassine schaute sich finster um. Wie groß war dieser Bereich? Und ließ die Wirkung nach einer gewissen Zeit wieder nach? Doch vor allen Dingen, hatte Baruk gesagt - und daran konnte Rallick sich noch
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