Die Gärten des Mondes
dem Gedränge auf den überfüllten Straßen -, hatte in Crokus ein einziger Sturm verwirrter Gefühle getobt. Diese Frau schien genau zu wissen, wie sie ihn durcheinander bringen konnte, und alles, was er sich jetzt wünschte, war, sie jemand anderem vor die Füße zu werfen und seiner Wege zu ziehen.
Doch wenn das wirklich der Fall war, wieso fühlte er sich dann bei dem Gedanken daran so elend?
Crokus verließ Mammots Bibliothek und kehrte ins vordere Zimmer zurück. Moby zirpte und streckte ihm von seinem Platz auf Mammots Schreibtisch die leuchtend rote Zunge heraus. Crokus achtete nicht auf das kleine Wesen und trat zu Apsalar, die sich in den besseren der zwei Sessel gesetzt hatte - seinen Sessel, natürlich. »Ich verstehe das nicht. So wie es aussieht, ist er schon mindestens ein paar Tage weg.«.
»Na und? Ist das so ungewöhnlich?«, fragte Apsalar gleichgültig.
»Allerdings«, brummte er. »Hast du Moby gefüttert, wie ich dich gebeten hatte?«
Sie nickte. »Die Trauben?«
»Ja.« Er stemmte die Hände in die Hüften. »Seltsam. Vielleicht weiß Rallick irgendwas.« »Wer ist Rallick?«
»Ein Freund ... ein Assassine«, erwiderte Crokus beunruhigt. Blitzschnell war Apsalar auf den Beinen, die Augen weit aufgerissen.
»Was ist los?«, fragte Crokus und trat näher an sie heran. Das Mädchen schien völlig entsetzt zu sein. Er blickte sich im Zimmer um, wobei er halbwegs erwartete, einen Dämon aus dem Fußboden aufsteigen oder aus dem Schrank herauskriechen zu sehen, doch alles war völlig unverändert - abgesehen davon, dass es etwas unordentlicher war als sonst. Was, wie er annahm, wohl Mobys Schuld gewesen sein dürfte.
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte sie und entspannte sich mit einiger Mühe. »Es war, als wenn ich kurz davor gewesen wäre, mich an etwas zu erinnern, aber ... dann war alles wieder weg ...«
»Oh«, sagte Crokus. »Nun, wir könnten -« Es klopfte an der Tür.
Crokus begann zu strahlen, während er zur Tür ging. »Wahrscheinlich hat er seine Schlüssel vergessen oder so«, sagte er. »Es war nicht abgeschlossen«, erinnerte ihn Apsalar. Crokus öffnete die Tür. »Mira! Was -«
»Still!«, zischte die große Frau, drängte sich an ihm vorbei und schloss die Tür. Ihr Blick fiel auf Apsalar, und ihre Augen weiteten sich. Dann wandte sie sich wieder an Crokus. »Gut, dass ich dich gefunden habe, Junge! Bist du schon jemandem begegnet, seit du wieder hier bist?«
»Nein, warum? Es ist nur -«
»Einem Stallburschen«, sagte Apsalar. Sie starrte Mira stirnrunzelnd an. »Sind wir uns schon mal begegnet?«
»Sie hat ihr Gedächtnis verloren«, erklärte Crokus. »Aber sie hat Recht, wir haben Colls Pferd in den Stall gebracht.«
»Warum?«, wollte Mira wissen, doch noch ehe Crokus zu einer Erklärung ansetzen konnte, winkte sie ab. »Ach, ist im Moment auch unwichtig! Der Stallbursche dürfte eigentlich kein Problem darstellen. Sieht so aus, als hätten wir Glück!«
»Verdammt, Mira«, sagte Crokus, »was geht hier vor?«
Sie sah ihm in die Augen. »Dieser Wächter der D'Arles, den du in jener Nacht getötet hast, damals im Garten. Sie haben deinen Namen und deine Beschreibung, Junge. Frag mich nicht, woher. Doch die D'Arles wollen dafür sorgen, dass du gehängt wirst, wenn man dich erwischt.«
Alles Blut wich aus Crokus' Gesicht. Dann schnellte sein Kopf zur Seite, zu Apsalar. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Nein, sie erinnerte sich wirklich nicht. Doch es konnte nur sie gewesen sein. Er ließ sich in Mammots Sessel fallen.
»Wir werden dich verstecken, Junge«, sagte Mira. »Euch beide, nehme ich an. Mach dir keine Sorgen, Crokus, ich und Irilta, wir werden auf euch aufpassen, bis etwas arrangiert werden kann.«
»Ich glaube es einfach nicht«, flüsterte er und starrte dabei die Wand an, die ihm gegenüberlag. »Sie hat mich verraten. Verdammt soll sie sein!«
Mira schaute Apsalar fragend an, doch diese meinte nur schulterzuckend: »Es ist nur eine Vermutung, aber ich würde sagen, es geht um ein Mädchen namens Challice.«
Mira schloss für einen Moment die Augen. »Challice D'Arle, im Augenblick der Liebling der feinen Gesellschaft.« Mitleid ließ ihre Gesichtszüge weicher werden, als sie auf Crokus hinunterschaute. »Oh, mein Junge. So ist das also.«
Er richtete sich im Sessel auf und starrte zu ihr hoch. »Es ist vorbei.«
Mira grinste. »So ist's recht. Und jetzt«, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust, »warten wir einfach
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