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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Fest hatte sich über die Mauern von Darujhistan hinaus ausgebreitet, und die letzte halbe Stunde hatte sie damit verbracht, sich durch die Menschenmenge, die sich auf Sorgenstadts Hauptstraße bewegte, einen Weg zu den Toren zu bahnen.
    Geistesabwesend rieb sie die Rapierwunde an ihrer Schulter. Ihre Reise in die Grabstätte schien den Heilungsprozess verlangsamt zu haben, und im Innern des Stichs hatte ein Schmerz begonnen, der so kalt war wie das Eis im Tunnel zu dem Grab. Sie musterte die beiden Wachen, die am Tor postiert waren, und trat vorsichtig näher.
    Nur einer der beiden schien überhaupt von ihr Notiz zu nehmen, und auch dieser Mann warf ihr nur einen flüchtigen Blick zu, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder dem Pöbel von Sorgenstadt zuwandte.
    Lorn betrat die Stadt unbemerkt, nur eine weitere Reisende, die gekommen war, um dem Frühlingsfest beizuwohnen.
    Direkt hinter dem Tor teilte sich die Straße und führte links und rechts um einen flachen Hügel herum, auf dem die halb zerfallenen Ruinen eines Tempels und eines Turms standen. Rechts von ihr erhob sich ein zweiter Hügel; die breiten Stufen, die zu seiner baumbestandenen Kuppe hinaufführten, und die vielen Fetische und Banner, die an Äste und Gaslaternen gebunden waren, ließen darauf schließen, dass es sich um eine Art Garten handelte.
    Was jene anbelangte, die sie suchte, war Lorns Gefühl stark und untrüglich. Nachdem sie die Hügel hinter sich gelassen hatte, konnte sie eine innere Mauer sehen. Sergeant Elster und sein Trupp waren irgendwo jenseits dieser Mauer, in der Unterstadt. Lorn schritt durch die wogende Menge, eine Hand in den Schwertgürtel gehakt, während sie mit der anderen die geschwollene rote Haut um ihre Wunde herum massierte.
     
    Der Wachposten am Sorgentor stieß sich von der Mauer ab, an der er bisher gelehnt hatte, und drehte eine Runde auf den Pflastersteinen. Er machte Halt, um seinen Helm zurechtzurücken, wobei er den Kinnriemen um ein Loch lockerte.
    Der andere Wachposten, ein älterer, untersetzter Mann mit Säbelbeinen, kam zu ihm. »Machen dich die Verrückten da draußen nervös?«, fragte er mit einem Grinsen, das mehr Zahnlücken als Zähne enthüllte.
    Der erste Mann starrte durch das Tor. »Vor ein paar Jahren gab's hier fast so was wie einen Aufstand«, sagte er.
    »Ich war dabei«, entgegnete der alte Mann und spuckte aufs Pflaster. »Wir mussten die Lederhauben von unseren Piken ziehen und ein bisschen Blut vergießen. Das hat sie verscheucht, und ich glaube nicht, dass sie diese Lektion vergessen haben. Ich würde mir nicht so viele Sorgen machen. Du tust sonst nicht hier Dienst, oder?«
    »Nein, ich bin nur für einen Freund eingesprungen.«
    »Tja, so ist das eben, was? Wo hast du denn normalerweise Dienst?«
    »Am Wachtturm des Despoten, von Mitternacht bis zum dritten Glockenschlag«, erwiderte Kreisbrecher. Er rückte seinen Helm noch einmal zurecht, hoffte, dass die unsichtbaren, freundlichen Augen das Signal bemerkt hatten. Die Frau, die vor ein paar Minuten hier durchgekommen war, hatte der Beschreibung des Aals genau entsprochen. Kreisbrecher wusste, dass er sich nicht geirrt hatte.
    Sie hatte ausgesehen wie eine Kriegerin, war wie eine Söldnerin gekleidet gewesen und hatte versucht, die Blutflecken einer Schulterwunde zu verbergen. Sein forschender Blick hatte sie nur einen winzigen Augenblick gestreift. Doch viele Jahre der Übung hatten dafür gesorgt, dass das gereicht hatte. Er hatte alles entdeckt, worauf er nach den Worten des Boten des Aals hatte achten sollen.
    »Das ist aber eine höllische Wache«, sagte der alte Mann neben ihm; er drehte sich um und schielte zum Park des Despoten hinüber. »Und dann warst du schon wieder hier, um die Morgendämmerung zu begrüßen.« Er wiegte den Kopf. »Die Bastarde lassen uns heutzutage viel zu hart arbeiten, wo jetzt imperiale Spione und so hier sind.«
    »Wird wohl nicht besser werden«, stimmte Kreisbrecher zu.
    »Drei Stunden muss ich noch hier bleiben, aber glaubst du, sie geben mir danach ein bisschen Zeit, damit ich mit meiner Frau und den Kindern aufs Fest gehen kann?« Der alte Mann spuckte erneut aus. »Ach, woher denn. Der alte Berrute muss los und zusehen, wie andere Leute sich in irgendeinem verdammten Herrenhaus amüsieren.«
    Kreisbrecher hielt den Atem an; dann seufzte er. »Du meinst wahrscheinlich das Fest von Lady Simtal.«
    »Verdammt richtig. Diese verfluchten Ratsherren stolzieren da mit ihrem protzigen Gehabe rum, und

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