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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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begierig, sie zu entdecken. »Silanah!«, schrie er. »Eleint! Ich schenke dir dein Leben. Flieh, Silanah. Ich werde nur einmal Barmherzigkeit zeigen. Hörst du, Eleint?«
    Silanah Rotschwinge starrte ihn unverwandt an, ihre Facettenaugen glühten wie Leuchtfeuer. Sie bewegte sich nicht, und sie antwortete auch nicht.
    Raest schritt auf sie zu und stellte überrascht fest, dass ihr Gewirr verschwunden war. War das eine Kapitulation? Er lachte ein zweites Mal.
    Als er sich ihr weiter näherte, veränderte sich über ihm der Himmel überzog sich mit einem quecksilbrigen Glühen, das keinerlei Ursprung zu haben schien. Die Stadt verschwand, und an ihre Stelle traten windgepeitschte, schlammige Niederungen. In der Ferne türmte sich die zackige Silhouette der Berge gewaltig auf; sie waren noch nicht von Gletscherströmen abgehobelt worden, sondern noch jung und wild. Raests Schritt verlangsamte sich. Dies ist eine Vision aus der Zeit der Älteren, eine Vision aus der Zeit noch vor den Jaghut. Wer hat mich hierher gelockt?
    »Oh je, oh je ...«
    Der Blick des Jaghut senkte sich, und er sah einen Sterblichen vor sich stehen. Raest zog eine vertrocknete Augenbraue in die Höhe, als er der absonderlichen Kleidung des Mannes gewahr wurde. Der Mantel war zerrissen, das einst kräftige Rot verblichen; die Manschetten waren voller Essensreste, die ausgebeulten, glänzenden Hosen in einem erstaunlichen Rosa gefärbt, und seine kleinen Füße steckten in hohen, schwarzen Lederstiefeln. Der Mann zog ein Tuch aus dem Ärmel und tupfte sich den Schweiß von der Stirn. »Mein lieber Herr«, keuchte er, »das Alter ist alles andere als spurlos an Euch vorübergegangen!«
    »In dir ist etwas von den Imass«, sagte Raest mit krächzender Stimme. »Selbst deine Sprechweise klingt nach ihren gutturalen Kehllauten. Bist du hergekommen, um zu meinen Füßen auf dem Boden zu kriechen? Hast du vor, mein erster Akolyth zu werden, bist du begierig auf meine Belohnungen?«
    »Nun, leider liegt Ihr da völlig falsch, Herr«, erwiderte der Mann. »Kruppe, jener unbedeutende, schwache Sterbliche, der hier vor Euch steht, verneigt sich vor niemandem, weder vor einem Jaghut noch vor einem Gott. Es gehört zu den Feinheiten dieses neuen Zeitalters, dass es Gleichgültigkeit sein wird, die Euch fällen wird, und dass Eure gewaltigen Anstrengungen durch den bescheidenen Kruppe, in dessen Traum Ihr schändlicherweise hineingestolpert seid, zur Bedeutungslosigkeit verblassen. Kruppe steht vor Euch, damit Ihr in den letzten Momenten vor Eurem Ableben seine gütige Miene sehen könnt. Wenn man es recht bedenkt, ist das sehr großherzig von Kruppe.«
    Raest lachte. »Ich bin schon früher durch die Träume Sterblicher geschritten. Du glaubst, du bist hier der Herr, aber da irrst du dich.« Die Hand des Jaghut schoss vor, giftige Macht strömte von ihr aus. Die Zauberei hüllte Kruppe ein, loderte dunkel auf und verblasste; von dem Mann war keine Spur mehr zu sehen.
    Zur Linken von Raest erklang eine Stimme. »Das war ungehobelt, verkündet Kruppe. Euer Übereifer ist wirklich enttäuschend.«
    Der Jaghut wirbelte mit zusammengekniffenen Augen herum. »Was für ein Spiel ist das?«
    Der Mann lächelte. »Wieso? Knappes Spiel, natürlich.«
    Raest vernahm ein Geräusch hinter sich, doch es war zu spät. Er fuhr herum ... doch im gleichen Augenblick durchbohrte ein mächtiges Feuersteinschwert seine linke Schulter, zerfetzte Rippen, schnitt durch Rückgrat und Brustbein. Der Hieb zog den Jaghut herunter und zur Seite. Raest ging zu Boden, Teile seines Körpers lagen um ihn herum. Er starrte zu dem T'lan Imass hinauf.
    Kruppes Schatten fiel auf Raests Gesicht, und der Jaghut blickte in die wässrigen Augen des sterblichen Mannes.
    »Er ist natürlich ohne Clan. Nicht gebunden und nicht zu binden, auch wenn er dem alten Ruf noch immer folgen muss - zu seinem großen Missfallen. Stellt Euch seine Überraschung vor, als er es bemerkt hat. Onos T'oolan, das Schwert des Ersten Imperiums, wird durch das Blut, das einst seine Glieder gewärmt, das Herz, das Leben, das er vor so langer Zeit geführt hat, wieder einmal gerufen.«
    Der T'lan Imass meldete sich zu Wort. »Du hast seltsame Träume, Sterblicher.«
    »Kruppe ist voller Überraschungen, sogar für sich selbst.«
    »Ich spüre die Hand eines Knochenwerfers in dieser Beschwörung«, fuhr Onos T'oolan fort.
    »Das stimmt. Ich glaube, er nannte sich Pran Chole, und er war von Kig Avens Clan von den Kron T'lan

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