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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Imass.«
    Raest erhob sich von der Erde; er konzentrierte seine Magie dicht um seinen Körper, um ihn zusammenzuhalten. »Kein T'lan Imass kann mir widerstehen«, zischte er.
    »Das ist eine zweifelhafte Behauptung«, sagte Kruppe. »Aber selbst wenn dem so wäre - er ist nicht allein in seinem Bestreben.«
    Eine große, von einem schwarzen Kapuzenumhang verhüllte Gestalt stieg aus dem Bachbett. Der Jaghut legte den Kopf schief und richtete sich auf, als die Erscheinung näher kam. »Du erinnerst mich an den Vermummten. Ist der Todeswanderer noch am Leben?« Er zog ein finsteres Gesicht. »Nein. Ich kann dich nicht spüren. Du existierst überhaupt nicht.«
    »Vielleicht«, erwiderte die Gestalt. Ihre Stimme klang tief und sanft, und ein leichtes Bedauern schien in dem Wort mitzuschwingen. »Doch wenn dem so ist«, fuhr das Wesen fort, »dann gilt für dich das Gleiche. Wir kommen beide aus der Vergangenheit, Jaghut.« Die Gestalt blieb fünfzehn Schritt vor Raest stehen und wandte den Kopf in Richtung des Drachen. »Ihr Meister wartet auf deine Ankunft, Jaghut, aber er wird vergeblich warten, und dafür solltest du uns dankbar sein. Er würde dir eine Art von Tod schenken, dem noch nicht einmal eine Kreatur wie du entfliehen kann.« Der Kopf wandte sich wieder Raest zu, und die Dunkelheit unter der Kapuze betrachtete erneut den Jaghut. »Hier, in den Träumen eines Sterblichen, werden wir deine Existenz beenden.«
    Raest grunzte. »In diesem Zeitalter gibt es niemanden, der mich besiegen kann.«
    Die Gestalt lachte; es war ein tiefes rumpelndes Geräusch. »Du bist ein Narr, Raest. In diesem Zeitalter kann dich sogar ein Sterblicher töten. Die Gezeiten der Versklavung haben sich umgekehrt. Jetzt sind wir Götter die Sklaven, und die Sterblichen sind unsere Herren - obwohl sie es nicht wissen.«
    »Dann bist du also ein Gott?« Raests Gesichtsausdruck wurde womöglich noch finsterer. »Wenn dem so ist, dann bist du im Vergleich zu mir ein Kind.«
    »Ich war einst ein Gott«, erwiderte die Gestalt. »Ich wurde als K'rul verehrt, und meine Erscheinung war die des Obelisken. Ich bin der Schöpfer der Pfade - erkennst du einen tieferen Sinn in diesem uralten Titel?«
    Raest wich einen Schritt zurück, hob seine vertrockneten Hände. »Das ist unmöglich«, keuchte er. »Du bist ins Reich des Chaos hinübergetreten, an den Ort deiner Geburt zurückgekehrt... du wandelst nicht länger unter uns ...«
    »Wie ich schon bemerkt habe, die Dinge haben sich geändert«, sagte K'rul leise. »Du hast die Wahl, Raest. Onos T'oolan kann dich vernichten. Du verstehst nicht, was sein Titel ›Schwert‹ bedeutet -es gibt in dieser Welt niemanden, der ihm gewachsen wäre. Du kannst schmachvoll unter der Klinge des Imass sterben, oder du kannst mich begleiten. Denn in einer Hinsicht sind wir gleich, wir beide. Unsere Zeit ist vorüber, und die Tore des Chaos erwarten uns. Für welche der beiden Möglichkeiten entscheidest du dich?«
    »Für keine von beiden, Älterer.« Mit einem leisen, hohlen Lachen sank Raests zerschmetterter, verdorrter Körper in sich zusammen.
    K'rul legte den Kopf schief. »Er hat einen anderen Körper gefunden.«
    Kruppe zog sein Taschentuch aus dem Ärmel. »Oh je, oh je«, sagte er.
     
    Kalam machte eine knappe Handbewegung, und Paran duckte sich. Der Hauptmann hatte einen trockenen Mund. In diesem Garten stimmte irgendetwas ganz und gar nicht. Er fragte sich, ob es vielleicht an der Erschöpfung lag, die er verspürte. Die Luft im Garten fühlte sich irgendwie unangenehm an, scheuerte förmlich an seinen Sinnen. Er glaubte beinahe sehen zu können, wie die Dunkelheit pulsierte, und der Geruch nach Verfall war zu einem Gestank geworden.
    Kalam griff nach seinen Messern. Paran spannte sich; er konnte nicht sehen, was hinter dem Assassinen war. Es gab zu viele Bäume und zu wenig Licht. Ein Stück voraus flackerten Gaslampen, und eine Menge Menschen befanden sich auf der Terrasse. Aber die Zivilisation schien tausende von Längen entfernt zu sein. Der Hauptmann hatte das Gefühl, als befände er sich im Innern einer uralten Präsenz, die um ihn herum langsam und schwer atmete.
    Kalam gab ihm ein Zeichen, dass er bleiben sollte, wo er war, und tauchte in die Schatten zu ihrer Rechten. Tief geduckt schob sich der Hauptmann nach vorn bis zu der Stelle, an der der Assassine gerade eben noch gestanden hatte. Ein kleines Stück voraus schien es eine Schneise oder eine Lichtung zu geben. Er konnte das allerdings

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