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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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und sie sind alle auf der Straße!«
    Der Tiste Andii öffnete auf seiner Seite die Tür der Kutsche. »Dann überlasst das mir. Ich brauche einen hoch gelegenen Aussichtspunkt, Alchemist. Habt Ihr irgendwelche Vorschläge?«
    Baruks Wut war so groß, dass er sich Anomander Rake am liebsten widersetzt hätte, doch er unterdrückte den Wunsch. »K'ruls Glockenturm«, erklärte er. »Ein quadratischer Turm in der Nähe des Sorgentors.«
    Rake stieg aus der Kutsche. »Wir werden uns in Eurem Hause weiter unterhalten, Alchemist«, sagte er und beugte sich dabei nochmals ins Innere. »Ihr und Eure Magierkollegen müsst Euch bereit machen.« Er ließ seine Blicke über die Menge schweifen, verharrte einen Augenblick, als würde er den Geruch der Luft prüfen. »Wie weit ist es bis zu diesem Glockenturm?«
    »Dreihundert Schritt - aber Ihr wollt doch sicherlich nicht zu Fuß gehen?«
    »Oh, doch. Ich bin noch nicht so weit, jetzt schon mein Gewirr zu öffnen.«
    »Aber wie -?« Baruk verstummte, als Anomander Rake die Antwort auf seine Frage lieferte.
    Der Tiste Andii, der um mehr als Haupteslänge aus der wogenden Menge herausragte, zog sein Schwert. »Wenn Euch Eure Seelen etwas bedeuten«, brüllte der Sohn der Dunkelheit, »dann macht den Weg frei!« Das hoch erhobene Schwert erwachte stöhnend, und Ketten aus Rauch wanden sich um seine Klinge. Das schreckliche Geräusch quietschender Räder erfüllte plötzlich die Luft, und ganz schwach konnte man einen Chor jammernder Stimmen voller Hoffnungslosigkeit hören. Die Menge in den Straßen schreckte vor Lord Anomander Rake zurück; alle Gedanken an das Fest waren plötzlich vergessen.
    »Mögen die Götter uns bewahren!«, flüsterte Baruk.
     
    Es hatte harmlos genug begonnen. Der Schnelle Ben und Elster standen zusammen in der Nähe des Springbrunnens. Bedienstete huschten umher, während trotz des vorangegangenen blutigen Zwischenfalls und der Abwesenheit der Gastgeberin das Fest allmählich wieder in Gang kam, als der zwölfte Glockenschlag unaufhaltsam näherrückte. Hauptmann Paran gesellte sich zu seinem Sergeanten und dem Magier.
    »Wir haben die Gildenmeisterin getroffen«, sagte er. »Sie hat den Kontrakt angenommen.«
    Elster knurrte. »Wo wären wir alle ohne die Gier?«
    »Mir ist gerade etwas aufgefallen«, sagte Ben. »Meine Kopfschmerzen sind weg. Ich würde zu gern mein Gewirr öffnen und versuchen, etwas herauszufinden.«
    Elster dachte kurz nach. »Dann mal los.«
    Der Schnelle Ben trat ein Stück zurück, bis er sich im Schatten einer Marmorsäule befand.
    Ein alter Mann mit einer schrecklichen Maske kam langsam auf Elsters Männer am Waldrand zu. Dann trat eine große, dralle Frau mit einer Wasserpfeife zu dem alten Mann. Ihr Diener folgte ihr in einem halben Schritt Abstand. Die Frau, die eine Rauchfahne hinter sich herzog, rief dem alten Mann etwas zu.
    Einen Augenblick später zerriss ein Energieblitz die Luft, der wie ein Wasserstrahl zwischen Elster und Paran hindurchfloss und den alten Mann in die Brust traf. Der Sergeant hatte sein Schwert schon in der Hand, als er sich umdrehte, doch der Schnelle Ben, von magischen Energien umwabert, stieß ihn zur Seite und schoss auf die Frau los. »Nein!«, schrie er. »Bleibt weg von ihm!«
    Auch Paran hatte das blanke Schwert in der Hand. Die Klinge jammerte, als wäre sie von Entsetzen gepackt. Er stürzte vorwärts.
    Ein bestialischer Wutschrei erschütterte die Luft. Der alte Mann riss sich die Maske vom Gesicht und wirbelte herum. Der Blick seiner brennenden Augen fiel auf die Frau, und er streckte eine Hand in ihre Richtung aus. Die Woge der Macht, die von ihm ausging, war schiefergrau und knisterte in der Luft.
    Elster stand wie erstarrt da. Ungläubig sah er zu, wie der Schnelle Ben sich auf die Frau warf. Beide stießen mit dem Diener zusammen, und alle drei stürzten in einem Durcheinander aus Armen und Beinen zu Boden. Der sich windende Energiestrahl schnitt eine Schneise in die Menge, verbrannte alles, was er berührte. Wo noch einen Augenblick zuvor Männer und Frauen gestanden hatten, gab es jetzt nur noch weiße Asche. Der Angriff dehnte sich aus, ging durch alles hindurch, was sich in Sichtweite befand. Bäume lösten sich auf, Stein und Marmor explodierten in Staubwolken. Menschen starben; einigen fehlten Teile ihres Körpers, und ihr Blut spritzte dunkel auf, als sie zusammenbrachen. Eine Energielanze schoss wild gen Himmel, zuckte am Nachthimmel in eine dichte Wolke. Eine andere krachte

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