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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Fleisch wurde weggerissen, Feuer drang in ihn, bohrte Löcher in ihn. Er wurde in die Knie gezwungen, ein Mahlstrom wirbelte wie Wahnsinn um ihn herum. Mammot heulte, reckte eine Faust, die nur noch aus verkohlten Knochen bestand. Die Faust zuckte, und eines von Bens Gewirren schloss sich. Die Faust zuckte erneut.
    Der Schnelle Ben sackte in sich zusammen. »Ich kann nicht mehr.«
    Derudan packte ihn am Umhang. »Magier! Hört mir zu!« Ein weiteres Gewirr schloss sich. Ben schüttelte den Kopf. »Ich bin erledigt.«
    »Hört zu! Der Mann da - der da drüben - was tut er da?« Der Schnelle Ben schaute auf. »Beim Atem des Vermummten!«, heulte er in plötzlichem Entsetzen auf. Ein Dutzend Schritte entfernt kauerte Igel; nur sein Kopf und seine Schultern ragten über eine Bank hinaus. Die Augen des Saboteurs glühten in einem manischen Glanz, den der Magier kannte, und die große Arbaleste in seinen Händen war genau auf Mammot gerichtet.
    Igel stieß einen wortlosen, gellenden Schrei aus.
    Der Magier brüllte auf und warf sich ein zweites Mal auf die Frau. Noch während er durch die Luft flog, hörte er das Tock der Armbrust. Der Schnelle Ben schloss die Augen, ehe er erneut mit der Frau zusammenprallte.
     
    In engen Kreisen flog Scharteke über die Ebene, auf der sich der Jaghut-Tyrann aufgehalten hatte. Er war bis auf fünfzig Schritte an Silanah herangekommen und dann verschwunden. Doch er war nicht durch ein Gewirr geflohen. Sein Verschwinden war vollkommen, war absolut gewesen - und dadurch umso faszinierender.
    Es war eine glorreiche Nacht gewesen, mit einem Kampf, der es wert war, dass man sich seiner erinnerte, und dessen Ende sich dann als gar kein richtiges Ende erwiesen hatte. »Welch köstliches Geheimnis«, krächzte Scharteke. Sie wusste, dass ihre Gegenwart anderswo gewünscht wurde, doch sie zögerte, diesen Ort zu verlassen. »Welch schreckliche Energien habe ich gesehen.« Sie lachte. »Ich verspotte die Verschwendung, die schiere Narretei. Ach, und alles, was jetzt bleibt, sind Fragen, lauter Fragen!«
    Sie reckte den Kopf. Die beiden Tiste-Andii-Wechselgänger ihres Herrn blieben über ihr. Keiner von ihnen wollte aufbrechen, solange sie nicht die Wahrheit über das Schicksal des Jaghut-Tyrannen erfahren hatten: Sie hatten sich das Recht verdient, Zeugen dieser Enthüllung zu werden, allerdings vermutete Scharteke, dass sie die ersehnten Antworten niemals bekommen würden.
    Silanah stieß einen klagenden Schrei aus und erhob sich vom Erdboden. Das Gewirr, das ihren Flug ermöglichte, war stark und durchdringend zu spüren. Der Kopf des roten Drachenweibchens wandte sich gen Westen, und sie stieß einen zweiten Schrei aus.
    Wild mit den Flügeln schlagend, bremste Scharteke ihren Sturzflug, schwebte dann dicht über dem aufgewühlten Boden dahin. Sie schraubte sich wieder in die Höhe und sah, was auch Silanah gesehen hatte. Scharteke kreischte schrill vor Freude, Erwartung - und Überraschung. »Jetzt kommt es! Jetzt kommt es!«
     
    Als er die Augen schloss, brach das letzte von Bens Gewirren in sich zusammen. Die Arme der Frau schlossen sich um ihn, als er sie umriss. Sie stieß ein unartikuliertes, lautes Ächzen aus und fiel, mitgerissen von seinem Schwung, zu Boden. Die Detonation presste ihm die Luft aus den Lungen. Die Steinfliesen unter ihnen machten einen Satz, und die ganze Welt bestand nur noch aus feurigen Blitzen und umherschwirrenden Marmorbrocken. Dann wurde es still.
    Der Schnelle Ben setzte sich auf. Er schaute hinüber zu der Stelle, an der Mammot gestanden hatte. Die Pflastersteine waren verschwunden, und ein großes, tiefes, dampfendes Loch gähnte jetzt neben dem zerschmetterten Springbrunnen. Der alte Mann war nirgends zu sehen.
    »Bester Magier«, murmelte die Frau unter ihm. »Leben wir tatsächlich noch?«
    Der Schnelle Ben schaute auf sie hinunter. »Ihr habt Euer Gewirr geschlossen. Das war sehr klug.«
    »Ich habe es geschlossen, das stimmt, aber nicht aus eigenem Antrieb. Warum sollte das klug gewesen sein?«
    »Moranth-Munition ist eine weltliche Waffe, Hexe. Geöffnete Gewirre ziehen ihre Sprengkraft an. Der Tyrann ist tot. Ausgelöscht.«
    Und dann war Igel bei ihnen. Die Lederkappe war zur Hälfte weggerissen und eine Seite seines Gesichts von Brandwunden übersät. »Bist du in Ordnung?«, keuchte er.
    Der Magier streckte einen Arm aus und versetzte Igel eine Kopfnuss. »Du Idiot! Wie oft habe ich dir schon -«
    »Er ist tot, oder etwa nicht?«, gab Igel zurück.

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