Die Gärten des Mondes
erneut und verstummte wiederum schnell. »Ein Tauschgeschäft.«
»Natürlich«, antwortete die Schwester. »Ich suche einen anderen für Euch, einen vorzeitigen Tod. Sogar einen sinnlosen.«
Die Erscheinung schwieg, dann nickte sie knirschend. »Natürlich im Schatten dieses Sterblichen.«
»Einverstanden.«
»In meinem Schatten?«, fragte Paran. »Was soll das heißen?«
»Eine Menge Kummer, leider ...«, sagte die Erscheinung. »Eine Person, die Euch nahe steht, wird an Eurer Stelle durch das Tor des Todes gehen ...«
»Nein! Nehmt mich stattdessen. Ich flehe Euch an.«
»Schweigt!«, schnappte die Erscheinung. »Pathos macht mich krank.«
Das Heulen erklang erneut, diesmal viel näher.
»Wir sollten lieber gehen«, sagte der Bruder.
Die Erscheinung öffnete den Mund, als wollte sie lachen, dann schloss sie ihn klackend wieder. »Nein«, murmelte sie, »nicht schon wieder.« Sie hinkte zurück zum Tor, blieb dabei einmal stehen, um sich umzudrehen und zu winken.
Die Schwester verdrehte die Augen.
»Es ist Zeit zu gehen«, wiederholte der Bruder unbehaglich.
»Ja, ja«, sagte die Schwester, die noch immer Paran betrachtete.
Der Hauptmann seufzte, drehte den Kopf zur Seite. »Kein letztes Rätsel, bitte ...« Als er wieder aufsah, war Oponn verschwunden. Er versuchte erneut, sich aufzusetzen. Wieder gelang es ihm nicht.
Und plötzlich spürte er eine neue Präsenz; sie erfüllte die Luft mit Spannung, mit dem Geruch von Gefahr.
Seufzend verdrehte Paran den Kopf so weit wie möglich. Er erblickte zwei Hunde - dunkle, massige, ungeschlachte Kreaturen, die mit heraushängenden Zungen dasaßen und ihn beobachteten. Das sind die Bestien, die die Kompanie in Itko Kan getötet haben. Diese verfluchten, schrecklichen Bestien. Beide Hunde erstarrten, als könnten sie den Hass in seinen Augen sehen. Paran spürte, wie ihm angesichts ihrer gierigen Aufmerksamkeit kalt ums Herz wurde. Es dauerte einige Zeit, bis er bemerkte, dass er die Zähne bleckte.
Ein schattenhafter Fleck schob sich zwischen die beiden Hunde. Er hatte die ungefähren Umrisse eines Menschen und war halb durchsichtig. Der Schatten sprach. »Ihr seid derjenige, den Lorn geschickt hat. Ich hatte jemanden mit... größeren Fähigkeiten erwartet. Eines muss man Euch allerdings lassen: Ihr seid tapfer gestorben.«
»Offensichtlich nicht«, sagte Paran.
»Ah, ja«, sagte der Schatten. »Und daher ist es an mir, die Aufgabe zu vollenden. Viel zu tun in letzter Zeit.«
Paran dachte an das Gespräch zwischen Oponn und dem Diener des Vermummten. Unsicherheit. Wenn ein Gott etwas fürchtet, dann ... »An dem Tag, da Ihr sterben werdet, Schattenthron«, sagte er ruhig, »werde ich auf der anderen Seite des Tores auf Euch warten. Lächelnd. Götter können doch sterben, nicht wahr?«
In dem Durchgang unter dem Torbogen knisterte etwas. Schattenthron und die Hunde zuckten zusammen.
Paran fuhr fort; er wunderte sich über seinen Mut, diese Aufgestiegenen zu reizen. Nun, habe ich Autorität nicht schon immer verabscheut? »Auf halbem Weg zwischen Leben und Tod - Ihr müsst verstehen, dieses Versprechen kostet mich nichts.«
»Lügner! Das einzige Gewirr, das Euch jetzt berühren kann, ist -« »Der Tod«, sagte Paran. »Aber natürlich hat jemand anderes ... sich eingemischt und ist rechtzeitig wieder verschwunden, lange bevor Ihr mit Euren viel zu lauten Hunden hier aufgetaucht seid.«
Der König des Hohen Hauses Schatten schob sich einen Schritt vorwärts. »Wer war es? Was plant er - oder sie? Wer stellt sich uns entgegen?«
»Sucht Euch Eure Antworten selbst, Schattenthron. Ihr versteht aber wohl, dass Euer ... Gegenspieler andere Mittel und Wege finden wird, solltet Ihr mich jetzt durch das Tor schicken, oder? Und ohne den Hauch einer Ahnung, wer das nächste Werkzeug Eures Gegenspielers sein wird - wie wollt Ihr da seinen nächsten Zug wittern? Ihr werdet anfangen, auf Schatten loszugehen.«
»Es wäre leichter, Euch zu folgen«, stimmte der Gott zu. »Ich muss mit meinem Gefährten sprechen ...«
»Wie Ihr wollt«, sagte Paran. »Ich wünschte nur, ich könnte aufstehen ...«
Der Gott stieß ein krächzendes Gelächter aus. »Wenn Ihr aufsteht, könnt Ihr gehen. Nur in eine Richtung. Ihr habt eine Gnadenfrist. Und wenn der Vermummte kommt, um Euch auf die Beine zu helfen, so ist es seine Hand, die Euch führt, nicht unsere. Ausgezeichnet. Und wenn Ihr lebt, wird mein Schatten Euch folgen.«
Paran grunzte. »In meinem Schatten herrscht
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