Die Gärten des Mondes
singen.«
»Ich glaube, du unterschätzt die Zauberin, Fiedler«, widersprach Elster. »Sie ist eine Überlebende - und sie ist loyal. Es ist nicht allgemein bekannt, aber man hat ihr mehr als einmal den Titel einer Hohemagierin angeboten, doch sie hat immer wieder abgelehnt. Es sieht vielleicht nicht so aus, aber ein magisches Duell zwischen ihr und Tayschrenn wäre eine ganz knappe Angelegenheit. Sie beherrscht ihr Gewirr, und das schafft man nicht, wenn man kein Rückgrat hat.«
Fiedler stieß einen leisen Pfiff aus und stützte seine Arme auf die Brustwehr. »Da hab ich mich wohl geirrt.« »Noch was, Sappeur?«
»Eins noch«, erwiderte Fiedler mit ausdruckslosem Gesicht.
Elster spannte sich innerlich an. Er wusste, was dieser Ton bedeutete. »Schieß los.«
»Heute Nacht soll irgendwas freigelassen werden, Sergeant.« Fiedler wandte sich zu seinem Vorgesetzten um, seine Augen glitzerten im Dunkeln. »Es wird eine ziemliche Sauerei geben.«
Beide Männer wirbelten herum, als die Klappe hinter ihnen geräuschvoll geöffnet wurde. Hohefaust Dujek Einarm stieg herauf; ein flackernder Schimmer umgab ihn, der vom Licht aus dem Raum unter ihm stammte. Er trat von der letzten Sprosse der Leiter aufs Dach. »Helft mir doch mal mit dieser verdammten Tür«, rief er den beiden Männern zu.
Sie eilten zu Dujek hinüber; ihre Schritte knirschten auf dem Kies. »Gibt es irgendetwas Neues über Paran, Hohefaust?«, fragte Elster, während Fiedler sich über die Falltür beugte und sie mit einem Grunzen wieder zufallen ließ.
»Nichts«, sagte Dujek. »Er ist verschwunden. Genau wie dein Killer, Kalam!«
Elster schüttelte den Kopf. »Ich weiß, wo er ist, und ich weiß auch, wo er die ganze Nacht über gewesen ist. Der Hauptmann ist zuletzt von Igel und Fäustel gesehen worden; da hat er gerade das Astloch verlassen. Danach scheint er geradezu vom Erdboden verschluckt worden zu sein. Wir haben Hauptmann Paran nicht getötet, Hohefaust!«
»Lass diese Wortklauberei«, murmelte Dujek. »Verdammt, Fiedler, ist das dein Schwert da drüben? In der Pfütze}«.
Fiedler stieß zischend den Atem zwischen den Zähnen hindurch aus und eilte zu seiner Waffe.
»Der Bursche ist eine hoffnungslose Legende«, sagte Dujek. »Shedenul segne seine Haut.« Er schwieg einen Moment, schien seine Gedanken zu ordnen. »Na gut, vergessen wir das. Ihr habt Paran also nicht getötet. Aber wo steckt er dann?«
»Wir suchen ihn«, erwiderte Elster ausdruckslos.
Die Hohefaust seufzte. »In Ordnung. Ich habe verstanden. Du willst wissen, wer sonst noch an Parans Tod interessiert sein könnte, das heißt, ich soll erklären, wer ihn geschickt hat. Also, er ist einer von Mandata Lorns Männern, schon seit einiger Zeit. Er ist aber keine Klaue. Er ist der Sohn eines verfluchten Adligen aus Unta.«
Fiedler hatte sich den Schwertgurt wieder umgeschnallt und stand jetzt zwanzig Schritt entfernt am Rande des Dachs, die Hände in die Hüften gestemmt. Ein guter Mann. Sie sind alle gut, verdammt noch mal. Elster zwinkerte, um das Regenwasser aus den Augen zu kriegen. »Jemand aus der Hauptstadt? Es könnte durchaus jemand aus diesen Kreisen sein. Niemand mag die alten adligen Familien, nicht einmal diese Familien selbst.«
»Schon möglich«, stimmte Dujek zu. Er schien nicht überzeugt zu sein. »Wie auch immer, er hätte euren Trupp kommandieren sollen, und das nicht nur für den nächsten Auftrag, sondern auf Dauer.«
»War es seine Idee, Darujhistan zu infiltrieren?«, fragte Elster.
»Nein, aber keiner weiß, wessen Idee es war. Vielleicht war es die Mandata, vielleicht auch die Imperatrix höchstpersönlich. Das bedeutet, dass wir euch den Auftrag trotzdem durchführen lassen.« Ein Schatten huschte über seine Gesichtszüge. »Ich muss euch noch die letzten Einzelheiten mitteilen.« Er blickte dem Sergeanten ins Gesicht. »Unter der Annahme, dass Paran für immer weg ist.«
»Darf ich offen sprechen, Hohefaust?«
Dujek stieß ein bellendes Gelächter aus. »Du glaubst doch nicht etwa, ich wüsste nicht, was los ist, Elster? Der ganze Plan stinkt. Ein strategischer Albtraum ...«
»Da bin ich anderer Meinung.«
»Was?«
»Ich glaube, er wird genau das bewirken, was er auch bewirken soll«, meinte der Sergeant dumpf. Sein Blick wanderte vom allmählich heller werdenden östlichen Horizont zu dem Soldaten, der am Rand des Daches stand. Denn er soll bewirken, dass wir alle getötet werden.
Dujek musterte das Gesicht des Sergeanten
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