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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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teure Schwester, das war er! Ich werde deine Ohren nicht mit Einzelheiten seiner Laufbahn besudeln – Abigail! Findest du das zum Lachen?!«
    »Oh, verzeih!« sagte sie und würgte an einem Kichern. »Es ist höchst unhöflich, einem Menschen ins Gesicht zu lachen, aber ich konnte mir nicht anders helfen! Ich habe plötzlich gedacht, wie sehr es Miles Calverleigh genießen würde, dich so einen Unsinn reden zu hören, und fragte mich, was er wohl sagen würde! Obwohl ich es ahne! Es wäre bestimmt empörend, also ist es vielleicht ganz gut, daß er nicht hier ist, denn er würde dich sehr entsetzen – durchaus genügend, um dich gallsüchtig zu machen, vermute ich! Be – besudle meine Ohren nicht länger, James! Denke daran, daß ich seit langer Zeit den Kinderschuhen entwachsen bin! Ich finde, daß mich sein Ruf keinen Deut kümmert.«
    »Du bist ja hysterisch!« rief er aus. »Du weißt nicht, was du sagst! Er ist ein Mensch ohne Grundsätze, ohne Rücksicht auf irgendeine Tugend, die man dich achten gelehrt hat!«
    »Oh, auf die nimmt er wirklich keine Rücksicht!« sagte sie herzlich. »Er kennt auch keine Rücksicht auf Familienverpflichtungen, und ich komme sehr schnell zu dem Schluß, daß er damit vollkommen recht hat.«
    Er sagte, sie zügelnd: »Ich halte dir alles Groteske, was du immer mit Begeisterung aussprichst, zugute, aber ein so wildes, unbedenkliches Gerede ist denn doch sehr ungehörig von dir! Wenn du meinst, dir liege kein Deut an Calverleighs Ruf, dann verstehst du nicht, was du sagst, denn du weißt nichts darüber. Es wäre entsetzlich, wenn du es wüßtest.«
    »Nun, du weißt doch auch nichts darüber, oder?« sagte sie. »Du kannst nicht sehr viel gewußt haben, bevor er nach Indien geschickt wurde, denn du bist jünger als er, und er war damals erst zwanzig; und von jener Zeit an kannst du überhaupt nichts mehr von ihm wissen.«
    Er fand sich genötigt, noch eine Runde um das Zimmer zu machen, die Hände am Rücken verschränkt, die Finger krampfhaft bewegend. Als er wieder stehenblieb, holte er hörbar Luft und sagte: »Abby! Es gibt Umstände, die eine Verbindung zwischen einer Wendover und einem Calverleigh unmöglich machen – undenkbar! Ich kann dir nicht mehr erzählen: du mußt mir glauben, wenn ich dir sage, daß dem wirklich so ist!«
    »Du brauchst nicht mehr zu erzählen«, antwortete sie gefaßt. »Ich weiß, was geschehen ist – vor zwanzig Jahren!«
    »Was?!« Er sah einen Augenblick entsetzt und ungläubig drein. »Das kannst du nicht wissen!«
    »O doch! Er brannte mit Celia durch, nicht wahr? Aber es wurde alles vertuscht, nach dem Brauch ihrer Familie und der unseren, und sie heiratete Rowland.«
    »Wer hat dir das erzählt?« fragte er, wie vom Blitz gerührt.
    »Aber natürlich er selbst – Miles Calverleigh.«
    Ihm fiel das Kinn herunter. Es machte ihm anscheinend Mühe zu sprechen, so daß er stotterte: »C-Calverleigh selbst hat d-dir d-das erzählt? Calverleigh selbst? Guter Gott!« Es fehlten ihm die Worte. Während Abby ihn einigermaßen amüsiert betrachtete, zog er sein Taschentuch heraus und wischte sich die Stirn. Als er seine Gefühle wieder einigermaßen beherrschen konnte, sagte er: »Es ist schlimmer, als ich es für möglich gehalten habe! Er muß tot für alle Scham sein. Verloren für jede Spur Anstand!«
    »Ich glaube nicht, daß er je eine Spur Anstand zu verlieren hatte«, sagte sie nachdenklich. »Wie es mit dem Schamgefühl ist, weiß ich nicht, aber er schämt sich nicht dafür, mit Celia durchgebrannt zu sein. Ich sehe auch wenig Grund, warum er es sollte. Es war unklug – und natürlich ungehörig –, aber er war sehr jung, und als Celia von ihrem Vater gezwungen worden war, sich mit Rowland zu verloben, dachte er vermutlich, es wäre das einzige, was er tun konnte. Ich tadle ihn nicht. Jene, die ich tadle und von Herzen verachte, sind Papa und Morval und Rowland.«
    Er sah sie starr an und sagte leise, mit geheimnisvoller Betonung: »Du weißt nicht alles! Sie wurden erst am nächsten Tag eingeholt!«
    Sie versuchte, nicht zu lachen, aber sein entsetzter Ausdruck war zuviel für sie. Von einer derartigen Verworfenheit völlig aus der Fassung gebracht, sagte er scharf: »Mir kommt vor, daß ihr gut zusammenpaßt, du und dieser Schurke!«
    »Ja, James, auch mir kommt das so vor!« stimmte sie ihm zwischen nicht zu unterdrückenden Ausbrüchen des Gelächters zu.
    Es war vielleicht günstig, daß sie in diesem Augenblick durch Selina

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