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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Herren ihrer Bekanntschaft so unähnlich war, was ihren Sinn für Humor ansprach und es ihr ermöglichte, ihn zu dulden. Sonst war wirklich nichts an ihm, das ihn annehmbar gemacht hätte: er war weder schön noch elegant; seine Manieren waren nachlässig und seine Moral – nicht vorhanden. Er war, genaugenommen, die Art windiger Person, der keine Dame von Geburt, Erziehung und Anstand auch nur die geringste Ermutigung hätte zuteil werden lassen. Er hatte nichts, das ihn empfahl, als sein Lächeln, und sie war ja zu alt und besaß zuviel Verstand, um sich von einem Lächeln bezaubern zu lassen, wie anziehend es auch sein mochte. Aber gerade, als sie zu dieser Einsicht gekommen war, sprach er wieder. Als sie zu ihm aufsah, erkannte sie, daß sie sowohl ihr Alter wie ihre Vernunft überschätzt hatte. Er lächelte auf sie nieder, und so sehr sie es auch versuchte, sie war unfähig, dem Impuls zu widerstehen, zurückzulächeln. Es war fast, als bestehe ein Band zwischen ihnen, das durch sein Lächeln nur fester verknüpft wurde. In Ruhe war sein Gesicht herb, aber das Lächeln verwandelte es. Seine Augen verloren ihren kalten, ziemlich zynischen Ausdruck, erwärmten sich zu Lachen und enthielten, abgesehen vom Vergnügen, einen undefinierbaren Blick des Verstehens. Er mochte ja spötteln, aber er tat es nicht unfreundlich; und wenn er sie aus der Fassung brachte, dann strömten seine lächelnden Augen bei allem Vergnügen auch Mitgefühl aus und luden sie deutlich erkennbar ein, sich an dem Spaß, den er hatte, zu beteiligen. Und, dachte Abby, das Gräßliche war, daß sie ihn wirklich teilte. Er schien zu glauben, daß sie verwandte Geister waren, und der schockierende Verdacht, daß er recht habe, veranlaßte sie, entschlossen vor sich hinzublicken und zu sagen: »Ja, Sir? Was haben Sie eben gesagt?«
    Er hörte sofort den zurückweisenden Ton in ihrer Stimme und antwortete nachgiebig: »Nichts, versichere ich Ihnen, woran Sie den geringsten Anstoß nehmen könnten! Praktisch nicht mehr als: ›Ich wollte, Sie sagten mir…‹, worauf Sie den Kopf drehten und so bezaubernd zu mir aufschauten, daß ich den Rest einfach vergessen habe. Wie, zum Teufel, ist es Ihnen gelungen, in all den zahllosen Jahren Ihres Lebens dem Ehestand zu entrinnen?«
    Sie zeigte ein ungebärdiges Grübchen, antwortete jedoch streng: »Ich bin damit sehr zufrieden, unverheiratet zu bleiben, Sir!« Dann fiel ihr ein, das könne ihn zu der Annahme verleiten, man habe sich noch nie um ihre Hand beworben, was aus einem ihr unbekannten Grund ein unerträgliches Mißverständnis gewesen wäre. Sie zerstörte eine eventuell dämpfende Wirkung ihrer würdevollen Antwort auf ihn, indem sie hinzufügte: »Obwohl Sie nicht zu glauben brauchen, daß ich nicht mehrere passende Heiratsanträge bekommen habe!«
    »Das glaube ich ja gar nicht!«
    Rosig überhaucht sagte sie, um ihre verlorene Würde wiederzugewinnen: »Und falls es das ist, was Sie von mir hören wollten – «
    »O nein!« unterbrach er sie. »Bis zu Ihrem hinreißenden Lächeln dachte ich, ich wüßte es. Aber sie sind nicht altjüngferlich – nicht im geringsten!«
    »Oh!« sagte Abby atemlos. »Altjüngferlich?! Oh, Sie – Sie – das bin ich durchaus nicht!«
    »Das habe ich doch gerade gesagt«, erklärte er.
    »Haben Sie gar nicht! Sie – Sie haben gesagt – « Ihr Sinn für Humor kam ihr zu Hilfe. Sie brach in Gelächter aus. »Gräßlicher Mensch! Jetzt hören Sie bitte auf, mich aufzuziehen! Was war es wirklich, das ich Ihnen sagen sollte?«
    »Oh, ich suchte nur Aufklärung. Ich kann mich nicht erinnern, daß ich in meiner Jugendzeit Bath besucht hätte, also verlasse ich mich auf Sie, mir zu sagen, was hier für Regeln und étiquette herrschen – soweit sie einen Menschen betreffen, der gern in die Gesellschaft aufgenommen werden möchte.«
    »Sie?!« rief sie aus und sah überrascht zu ihm auf.
    »Aber natürlich! Wie sonst könnte ich hoffen, meine Bekanntschaft mit – « Er schwieg, weil er einem gefährlichen Glitzern in ihren Augen begegnete, und fuhr glatt fort: »Lady Weaversham und ihrer liebenswürdigen Tochter fortzusetzen!«
    Sie biß sich auf die Lippen. »Nein, wirklich! Wie dumm ich doch bin. Lady Weaversham hat außerdem mehrere liebenswürdige Töchter.«
    »Guter Gott, sind die alle so rundgesichtig?«
    »Ein – ein bißchen«, bekannte sie. »Sie werden es ja selbst beurteilen können, wenn Sie vorhaben, den Bällen in den Neuen Gesellschaftsräumen

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