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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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große Erfahrung mit Fannys quecksilbrigem Temperament und wußte, daß es, wann immer diese dazu verurteilt war, im Bett zu bleiben, viel brauchte, um sie zu überzeugen, daß ihre Übel nicht sofort leichter würden, wenn sie aufstand und spazierenging. Daher dachte sie sich bei Fannys Erregung nichts Besonderes. Sie ließ Mrs. Grimston an Fannys Bett sitzen und zog sich zurück, um sich anzukleiden und – vom Frühstück gestärkt – Selina die Neuigkeit mitzuteilen.
    Sie entdeckte, daß Fardle, Selinas Zofe, ihr zuvorgekommen war und mit ihrem gar nicht vielversprechenden Bericht über Fannys Verfassung Selinas Appetit zerstört hatte. Als Abby in ihr Zimmer kam, saß sie im Bett und aß in schwachen Tee getunkte Toaststückchen, eine trübselige Kost, zu der sie in Zeiten seelischer Not ihre Zuflucht nahm. Sie begrüßte ihre Schwester mit einem Stöhnen und verlangte zu wissen, ob man um den Arzt geschickt hatte.
    »Ja, Liebes, schon vor einer Stunde! Bestimmt wird er gleich hier sein«, antwortete Abby heiter. »Nicht daß ich glaube, man könne viel für sie tun, aber ich hoffe, er kann ihr wenigstens Erleichterung verschaffen. Grimston hat ihr um sieben Uhr ein Fieberpulver gegeben, aber es hat nicht gewirkt, also habe ich ihr gesagt, sie solle es nicht wiederholen.«
    »Nein, nein, laß die Grimston nicht an ihr herumquacksalbern! Oh Abby, wenn das der Anfang von Pocken wäre – « brachte Selina heraus und starrte Abby schreckerfüllt an.
    »Anfang der Pocken?« wiederholte Abby erstaunt. »Guter Gott, nein! Wie kannst du nur so albern sein, Selina? Du hast doch bestimmt nicht vergessen, daß Dr. Rowton uns alle letztes Jahr dazu überredete, uns impfen zu lassen! Außerdem, wo sollte sie sich die zugezogen haben? Ich habe nichts gehört, daß ein Pockenfall in Bath vorgekommen wäre!«
    »Nein, Liebe, sehr wahrscheinlich nicht, aber man kann nie wissen, und Fardle hat mir gerade erzählt – «
    »Fardle!« rief Abby aus. »Das hätte ich erraten können! Ich bin ganz überzeugt, daß sie eine Schwester oder Tante oder Kusine hat, die fast an Pocken gestorben wäre, und daß ihre Symptome genau denen von Fanny entsprachen. In diesem Haushalt ist noch nie eine Krankheit vorgekommen, die nicht schon eine von Fardles Verwandten auch gehabt hätte, nur viel schlimmer. Bitte, reg dich ja nicht auf, Liebe! Ich wäre sehr überrascht, fände Dr. Rowton, daß Fanny an etwas Ernsterem als an einer Influenza leidet.«
    »Mein Liebstes, warum hast du nicht um Dr. Dent geschickt? Ich halte nicht viel von Rowton, obwohl er in seiner Art ein vortrefflicher Mann ist, natürlich, aber nicht klug! Du weißt, wie gut Dr. Dent meinen Fall verstanden hat, als ich Influenza hatte!«
    »Ja, aber ich war überzeugt, es sei dein Wille, daß ich um Rowton schicke, weil er Fannys Konstitution so gut kennt«, sagte Abby diplomatisch. »Hast du vor, heute vormittag in die Stadt zu fahren? Würdest du, bitte, eine Flasche Lavendelwasser kaufen?«
    »Die muß Fardle besorgen«, sagte Selina mit versagender Stimme. »Ich werde heute vormittag still im Bett bleiben, denn ich habe schon einen Krampf gespürt, und der Himmel sei vor, daß ich im gegenwärtigen Zeitpunkt krank werde! Ein schrecklicher Schock, mit einer solchen Neuigkeit geweckt zu werden! Ja, und sie muß mir Kampfer mitbringen, denn ich glaube nicht, daß einer im Haus ist, und du weißt, wie anfällig ich für Erkältungen und Influenza bin!«
    Abby stimmte dem zu, wagte jedoch die Meinung vorzubringen, es sei nicht sehr wahrscheinlich, daß sich selbst der empfindlichste Mensch gleich zweimal innerhalb eines Monats Influenza zuziehen würde.
    »Nein, Liebste«, erwiderte Selina und richtete einen geduldig vorwurfsvollen Blick auf sie. »Ein gewöhnlicher Mensch bestimmt nicht, aber ach, ich habe mich nie guter Gesundheit erfreut, und was das betrifft, sich nicht zweimal in einem Monat Influenza zuzuziehen, so hatte ich letzten Winter drei epidemische Erkältungen, eine nach der anderen! Und ich erinnere mich, daß du genau dasselbe gesagt hast, als du niesend und schnüffelnd von Lady Trevisians Kartenpartie heimkamst und ich dich bat, mir nicht nahe zu kommen, sondern sofort ins Bett zu gehen. Du sagtest, ich könne es nicht von dir bekommen, weil ich mehr als vierzehn Tage lang nicht aus dem Bett gewesen sei. Und doch hab ich es bekommen!«
    Abby bat um Entschuldigung, küßte sie auf die Wange und überließ sie dem Genuß ihres milden Triumphs.
    Im Krankenzimmer

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