Die galanten Memoiren der Madame Dumoncey
würde.
Am nächsten Morgen fanden sich beide bei mir ein. Es bereitete mir eine maßlose Freude, sie zu sehen. Sie verschlangen sich geradezu mit den Augen. Sie blieben bis halb neun. Am nächsten Morgen erfuhr ich von dem Grafen, daß der Abbé für die Beleidigung, die er mir zugefügt hatte, mit Schlägen auf sein Hinterteil bestraft wurde.
Für dieses Bubenstück spendete ich ihm lauten Beifall. Unglücklicherweise dachte ich aber nicht an die Folgen. Die Abbés und das ganze Pfaffenpack sind wie die Frauen. Wenn man sie einmal beleidigt, verzeihen sie einem das niemals. Die Hiebe, die ich ihm mit der flachen Klinge geben ließ, kosteten mich sehr viel.
Meine Überraschung überstieg all meine Vorstellungskraft, als zwei Tage nach diesem Vorfall mein rücksichtsloser Financier kam, um mich mit finsterer Miene zur Rede zu stellen und mich wegen meines Verhaltens zu tadeln. Dabei gab er mir zu verstehen, daß er über alles informiert sei. Wenn ich nicht aufhören wollte, mich mit meinem Geliebten zu treffen, dann sollte er auch für meinen Unterhalt aufkommen.
Meine Antwort bestand aus einem Strom von Tränen. Sie machten auf den unentschlossenen Financier einen solchen Eindruck, daß er sich tausendmal bei mir entschuldigte. Zu guter Letzt sah er sein Unrecht ein. Nach diesem Eingeständnis ließ ich ihn gehen. Wenn ich mich in diesem Augenblick des fraglichen Abbés hätte bemächtigen können, so hätte ich ihn einer grausamen Behandlung unterzogen.
Ich dachte lange über mein Verhalten nach, dessen ich mich jetzt befleißigen mußte. Meinem Financier hatte ich versprochen, daß ich nicht mehr zu dieser Mätresse gehen würde. Dem Grafen ließ ich einen Brief zukommen, in dem ich ihm mitteilte, daß er sich vorsehen sollte. Inständig bat ich ihn, das Haus der Duttey – so hieß nämlich meine Freundin – nicht mehr zu betreten, bis die kleine Unruhe vorüber sei. Das war alles sehr leicht gesagt. Aber war es uns beiden auch möglich, uns nicht zu sehen?
Können zwei Liebende sich trennen, wenn sie es wollen? Was für eine Marter ist es aber für sie, sich nur unter großen Beschränkungen zu sehen! Die Liebe ist eine Leidenschaft und so stürmisch wie der Haß. Die Vernunft hat mir die richtige Richtung gewiesen, aber ich wollte auch meinen geliebten Grafen sehen. Andernfalls fühlte ich mich wie tot. Es vergingen ganze drei Wochen, ohne daß ich ein vertrautes Zusammensein mit ihn hatte. Das war für mich das größte Unglück auf der Welt!
Ich suchte nach einem Ausweg. Meine einzige Hoffnung war, daß ich dem Abbé erlaubte, was er schon so lange von mir wollte. Er kam noch jeden Tag zu mir. Man kann sich natürlich vorstellen, in welcher Absicht!
Eines Tages, als die anderen spielten, führte ich ihn in mein Ankleidezimmer und sprach so zu ihm: »Mein Herr, Ihr habt mir das größte Leid zugefügt, das bei einer Frau möglich ist. In unmenschlicher Weise habt Ihr mich daran gehindert, den einzigen Menschen zu sehen, den ich liebe. Ihr müßt mich deshalb mit ihm wieder zusammenführen, oder Ihr werdet Eure Beleidigung büßen. Wenn Ihr guten Willens seid, mir zu meinem Ziel zu verhelfen, dann könnt Ihr mit meiner Dankbarkeit rechnen.«
Mein Vorschlag verwunderte den Abbé ein wenig. Er wollte zunächst leugnen, daß er den Financier über meinen Seitensprung informiert habe. Danach rang ich ihm aber seine Zustimmung zu meinem Vorschlag ab. Er wollte meine Ehre vollständig wiederherstellen und dem guten Mann all das, was er ihm gesagt hatte, als Irrtum hinstellen. Aber er forderte als Gegenleistung meine Gunst. Sogleich wollte er eine Abschlagszahlung haben. Aber ich besaß genug Talent, um ihn zu mäßigen. Ich versicherte ihm, daß er alles bekommen sollte, was er sich wünschte. Bedingung sei jedoch, daß er sich wie ein Mann von Welt benehme, so wie er es versprochen habe und wie ich es wünschte.
Mit großer Ungeduld wartete ich auf das Ergebnis meiner Unterhaltung. Da kam eines Tages mein Financier, um mich zu besuchen. Er kam mit siegesgewisser Miene und trat gutgelaunt bei mir ein, während ich im Bett lag. Er sagte mir guten Tag und versuchte mir auf gut Glück kleine Zeichen seiner Zärtlichkeit zu geben. Dann folgte er mir in mein Ankleidezimmer, um mich zu liebkosen. Nach vielen Neckereien oder besser Kindereien sagte er mir endlich, daß er jetzt die Wahrheit genau wisse. Er schäme sich, mich verdächtigt zu haben, und sei jetzt völlig von der Unhaltbarkeit des schlechten
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