Die galanten Memoiren der Madame Dumoncey
Griesgram. Dann kam er. Beim Eintreten fragte er mich schon, ob man ihn richtig informiert hätte. Auf dieses Späßchen ging ich gar nicht ein. Wir setzten uns zu Tisch, wo wir beide tiefes Schweigen bewahrten.
Endlich, beim Nachtisch, sagte der Financier zu mir: »Ihr müßt, meine Freundin,…ja, Ihr müßt eine Entscheidung treffen! Ihr wißt, wie ich Euch bis jetzt behandelt habe. Wenn Ihr Euch nicht von dem Grafen und der Duttey trennt – und zwar tatsächlich –, dann verlasse ich Euch. Wägt Eure Interessen ab!«
Ich versprach dem Financier, seine Befehle auszuführen. Dann schrieb ich einen Brief an den Grafen, den er selbst an ihn schikken ließ.
Was kostete mich dieser Brief! Ah! Nichts ist mehr wahr!
Ich verließ einen Mann, den ich mehr als mich selbst liebte. Das war nicht gerade wenig. Und alles nur, um mir das Wohlwollen dieses verdammten Mannes zu erhalten, den ich nicht ausstehen konnte. Aber gütiger Gott! Hätte ich denn anders handeln können? Wenn ich meinen Krösus von Financier aufgegeben hätte, dann hätte mich das an den Bettelstab gebracht.
Der Graf nämlich hatte keine Lust, mich auszuhalten. Obgleich er sehr reich war, gehörte er zu diesen originellen Männern, die das Vergnügen lieben, aber sich nicht entschließen können, einen Hintern zu kaufen und auch zu bezahlen. Er liebte mich, weil er die fast schon alberne Einfalt sah, mit der ich mich ihm immer hingegeben hatte. Bestimmt hätte er an der Ehrlichkeit und Lauterkeit meiner Gefühle gezweifelt, wenn ich ihn nur etwas gekostet hätte.
Matador, mein Financier, schien mit dem Opfer zufrieden zu sein, das ich auf mich nahm. Was ich ihm dann noch erzählte, machte ihm noch mehr Freude. In meiner Einfalt nämlich berichtete ich ihm von unserer berühmten Lustpartie. Ich erwähnte auch, wie ich dem Abbé Seeblumen gegeben und mich dann dem Grafen anstelle des Pfaffen hingegeben hatte. Meine Unbefangenheit und Aufrichtigkeit gefielen ihm, und er verzieh mir vollständig. Aber er blieb mir gegenüber gefühllos. Und von der Gefühllosigkeit zur Feindschaft ist es nur ein Schritt. Ein Liebhaber bricht leicht mit seiner Mätresse, wenn er ihr gegenüber gefühllos ist. Das sollte ich bald erfahren.
Nicht viel später hatte ich ein kleines Abenteuer, das die Abneigung, die der unangenehme Financier an sich schon längst gegen mich hegen mußte, endgültig sichtbar machte.
Ich war eines Tages im Theater und setzte mich an die Seite einer Dame von hohem Rang. Ich kannte sie nicht und musterte sie von oben bis unten. Beim Eintritt in die Loge grüßte ich sie nicht. In grobem Ton bat ich sie, mir Platz zu machen.
Diese Dame, die sehr bescheiden war, gab mir zur Antwort, es wäre wohl besser, wenn ich mir eine Loge für mich alleine nähme.
»Oh! Keineswegs, Madame«, antwortete ich, »dann hätte ich ja nicht mehr das Vergnügen Eurer Gesellschaft!«
Dann ging ich frech zu meinem Sitz, wo ich die Dame während der ganzen Vorstellung beleidigte. Sie war so einfach gekleidet, daß ich sie für eine Kammerzofe hielt. Um sie dafür zu bestrafen, daß sie bei mir saß, entschloß ich mich, sie zu reizen. Bald machte ich aus meinem Reifrock einen Schirm, wodurch ich ihr den Blick auf die Bühne versperrte, bald trat ich ihr mit gespielter Zerstreutheit auf die Füße. Diese Scherze trieb ich so weit, daß das Publikum im Parterre sie mitbekam. Man lachte sehr auf unsere Kosten. Deshalb sagte ich beim Hinausgehen zu der unbekannten Dame: »Madame, ohne daß eine Komödie angekündigt war, habt Ihr hier gerade eine sehr schöne gespielt!«
Auf dieses Kompliment wurde mir nicht geantwortet. Seelenruhig ging ich heim. Ich dachte nicht mehr an die arme Frau, deren Zorn erregt zu haben ich mir als eine sehr große Ehre anrechnete.
Keineswegs dachte ich an die unangenehmen Folgen, die meine Unverschämtheit mit sich brachte. Zwei Tage danach kam ein Polizeioffizier zu mir, um mir mitzuteilen, ich solle mich schnell aus dem Staube machen, wenn ich nicht ins Allgemeine Hospital gebracht werden wolle. Er sagte mir, daß ich eine Auseinandersetzung mit der Prinzessin D. de B. gehabt hätte, die sich bitterlich beim Leutnant der Polizei beschwert hätte. Um ihr Genüge zu tun, sei Befehl ergangen, mich zu verhaften. Ich bedankte mich bei dem Polizeioffizier, wozu ich allen Grund hatte, nahm sogleich eine Kutsche und ließ mich zu meinem Financier fahren. Ich teilte ihm mein Unglück mit. Seine ganze Antwort bestand darin, daß er mir 25 Louis gab.
»Nehmt
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