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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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entspannter Miene. Dann sagte er: »Ich habe Sie gestern Abend gefragt, ob ich mich auf Sie verlassen kann, Darwin.«
    Die Bemerkung hatte für den Empfänger die Wirkung einer kalten Stahlklinge, die langsam durch sein Fleisch glitt. »Äh… Ich verstehe nicht, Sir…«
    »Dann werde ich mich präziser ausdrücken: Ist es möglich, dass Sie bei Ihrer allmorgendlichen Berichterstattung vergessen haben, mir etwas Wichtiges zu erzählen?«
    »Ich denke nicht, Sir. Natürlich versuche ich, Sie mit Einzelheiten zu verschonen, die…«
    »Es geht mir nicht um Details und Nebenschauplätze, Darwin. Schließlich versichern wir keine Badewannen oder andere Konsumgüter, die sich jederzeit ersetzen lassen. Wenn das Gerücht in die Öffentlichkeit dringt, unsere eigenen Mitarbeiter seien auf irgendeine Weise am Verlust einzigartiger Kulturschätze beteiligt, dann könnte das dem Ruf unserer Firma einen irreparablen Schaden zufügen. Ich schätze Ihre Intelligenz hoch genug ein, sich dieses heiklen Umstandes bewusst zu sein.«
    Darwin starrte seinen Chef konsterniert an. Eine Frage dröhnte in seinem Kopf: Lässt er dein Telefon abhören? Er hatte am Morgen mit Mortimer über Julian Kendish gesprochen. Oder war es seine Bemerkung gegenüber Jack Jordan gewesen, die…?
    »Was ist?«, fragte Cadwell ungeduldig. »Fällt Ihnen wirklich nichts ein, das Sie mir noch erzählen sollten?«
    »Nun«, druckste Darwin, »ich gehe natürlich allen relevanten Spuren nach.«
    »Das ist löblich.« Cadwell nickte, als wolle er ihn zum Weiterreden ermuntern.
    »Dabei interessiere ich mich auch für mögliche Sicherheitslücken bei uns im Haus.«
    »Sicherheitslücken? «
    »Die Überprüfung aller fünf Kunstwerke der Einbruchsserie wurde von Julian Kendish vorgenommen.«
    »Ach! Eigentlich überrascht mich das nicht. Als wir hier anfingen, hat Julian die Checks für sämtliche Verträge in Eigenregie durchgeführt.«
    »Sicher. Deshalb habe ich es auch nicht für nötig gehalten, Sie mit dieser Routinesache zu behelligen.«
    Über dem Schreibtisch trafen sich die Blicke des Firmenchefs und seines ersten Ermittlers wie die Feuerstöße zweier Flammenwerfer. Schließlich sagte Cadwell in unüberhörbar bedrohlichem Ton: »Tun Sie Ihre Arbeit, Darwin. Aber geben Sie Acht, dass aus Ihren › Routinesachen ‹ kein Fulltimejob wird.«
    Cadwell erhob sich, öffnete die Tür, doch ehe er das Büro verließ, drehte er sich noch einmal um.
    »Ach, fast hätte ich’s vergessen. Jeff wird Sie nach Holland begleiten.«
    »Blackwater?«, erwiderte Darwin überrascht.
    »Bei den letzten Einbrüchen wurde jedes Mal die Sicherheitstechnik manipuliert. Jeff soll das Personal vom Kröller-Müller-Museum bei der Überprüfung unterstützen.«
    Darwins Kiefer mahlten aufeinander. Ihn beschlich das kalte Gefühl, Jeff Blackwater sollte nicht nur die Technik kontrollieren.
    Flug BA440 landete um achtzehn Uhr dreißig auf dem Amsterdamer Flughaften Schiphol. Mit zwanzigminütiger Verspätung. Gemessen an den Gepflogenheiten des internationalen Flugverkehrs also erstaunlich pünktlich.
    Der Versicherungsdetektiv lief mit ausholenden Schritten auf den Schalter der Einreisekontrolle zu. Weil er um einen Kopf größer und zudem deutlich athletischer als der fettleibige schottische Terrier Jeff Blackwater war, gewann er einen kostbaren Vorsprung. Er brauchte diesen Moment der Stille, und wenn es auch nur die geräuschvolle Ruhe in einer murmelnden, drängelnden, aber anonymen Masse war. Das oberflächliche Gerede des Sicherheitsexperten von ArtCare hatte Darwins Nerven gehörig strapaziert. Blackwater benahm sich völlig ungezwungen, nicht wie jemand, der seinen Kollegen bespitzelte.
    Vielleicht war er ja ein natürliches Schauspieltalent.
    Am Gepäckband trafen sie sich wieder. Blackwater schob den Riemen seiner schwarzen Nylonhandgepäcktasche auf der Schulter zurecht und griente.
    »Es passt Ihnen nicht, dass ich Ihnen an der Hacke klebe, stimmt’s, Darwin?«
    Der Gefragte antwortete mit einem vernichtenden Blick.
    » Nehmen Sie’ s nicht persönlich, aber der Doktor bekommt allmählich Muffensausen. Wenn wir die Sache hier versieben, wird die Konkurrenz sich vor Schadenfreude am Boden wälzen.«
    »Hat Dr. Cadwell Sie neben der Überprüfung der Sicherheitstechnik noch mit anderen Aufgaben betraut?« Darwin biss sich auf die Zunge. Die Frage war heraus, ehe sein Verstand sie zurückhalten konnte.
    Blackwater kratzte sich am Schmerbauch, der aus seinem

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