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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ausgebeulten Tweedjackett hervorquoll. »Sie meinen, ob ich Ihnen auf die Finger schauen soll?«
    Darwin starrte auf das Gepäckband. Diesmal verkniff er sich die Antwort.
    »Kommen Sie wieder auf den Boden zurück«, beruhigte ihn Blackwater. »Wir machen hier beide nur unseren Job.«
    »Ja, sicher«, erwiderte Darwin, ohne den Blick von den vorübergleitenden Koffern und Taschen zu nehmen.
    Eine Zeit lang verfolgten die zwei schweigend das Gerangel um die vordersten Plätze am Förderband.
    »Jeff?«, sagte Darwin unvermittelt.
    »Mhm?«
    »Was ist eine Chimäre?«
    Der Terrier zuckte die Achseln. »Ein Sportwagen?«
    Der Zug benötigte für die Strecke von Schiphol zum Amsterdamer Zentralbahnhof neunzehn Minuten. Blackwater redete exakt genau so lang auf Darwin ein. Ob der je das Rotlichtviertel der niederländischen Hauptstadt besucht habe, wollte er wissen. Da säßen die Damen des horizontalen Gewerbes mit fast nichts auf dem Leib in den Schaufenstern. Wie die Steaks in einer Metzgerei. Toll! Blackwaters abstehende Ohren glühten vor Begeisterung.
    Die intimen Einzelheiten aus dem Leben des schottischen Terriers waren für Darwins Geist wie ein Dauerbeschuss mit Leuchtmunition. Was für ein Zynismus! Irgendwo rang Alex Daniels vielleicht um ihr Leben, und dieser geile Bock dachte nur an Sex. Im bisherigen Verlauf der Reise hatte Darwin kaum die Muße gefunden, das zunehmend verwirrender werdende Netz aus Spuren und Anhaltspunkten in seinem Kopf neu zu ordnen. Dabei tat er alles, um seinen Gedanken Freiraum zum Manövrieren zu erkämpfen. Im Moment blätterte er in einem Magazin, eine normalerweise bewährte Methode, um mitteilungsbedürftige Zeitgenossen auf Abstand zu halten.
    Nicht so bei Blackwater.
    Bald stiegen sie in den Fernzug nach Arnheim um. Blackwater begleitete die Aktion mit Schilderungen seines letzten All-incl u sive-Urlaubs in der Dominikanischen Republik. Der Alkohol sei in Strömen geflossen, und die heißen karibischen Schönheiten…
    »Hat Julian Kendish eigentlich schon immer eine Glatze gehabt?«, fragte Darwin mitten in die Schilderung einer wilden Strandparty hinein.
    Blackwater verschluckte sich an seinen eigenen Worten. Der gedankliche Salto mortale schien ihm Schwindel zu bereiten. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Sie haben gerade von › viel nackter Haut ‹ gesprochen.«
    »Äh… Ach so!« Er grinste. »Julian hat mir mal erzählt, er hätte früher wie ein Yeti ausgesehen, nur in Dunkelbraun. Die Haare hat er durch eine Krankheit verloren.«
    Darwin nickte und sah nachdenklich zum Fenster hinaus.
    In Arnheim holten die zwei Männer ihr vorbestelltes Fahrzeug von der Mietwagenstation ab und fuhren vom Hauptbahnhof zum nahen Rijnhotel, dessen Lage hielt, was der Name versprach: Es befand sich direkt am Rhein.
    Nach dem Einchecken fragte Blackwater: »Machen wir uns kurz frisch, bevor wir ins Nachtleben eintauchen?«
    Darwin entschuldigte sich. Er werde im Hotelrestaurant eine Kleinigkeit essen und früh schlafen gehen. Die Enttäuschung des Kollegen trug er mit Gelassenheit.
    Sobald der Detektiv allein auf seinem Zimmer war, machte er sich an die Umrüstung seines Firmenhandys. Er hatte sich auf dem Flughafen für einige Minuten von seinem Schatten loseisen können, um eine Prepaid-Karte zu kaufen. Damit besaß er nicht nur eine neue Telefonnummer, sondern im Mobilfunknetz auch eine anonyme Identität. Seinen Apparat bei ArtCare abzuhören war ein ungleich einfacheres Unterfangen, als sich in den codierten Funkverkehr einzuschalten, auch wenn das durchaus möglich war, sofern ein Angreifer über das notwendige Wissen und das richtige Equipment verfügte.
    »Du bist paranoid«, murmelte er, während er die Nummer von Becky Hamptons privatem Handy wählte. Er saß auf dem Bett. Seine Augen waren auf die Akte gerichtet, die neben ihm lag. Nach einmaligem Läuten meldete sich seine Mitarbeiterin.
    »Ich brauche deine Hilfe«, erklärte Darwin. »Bist du noch im Büro?«
    »Hast du mal auf die Uhr gesehen?«
    »Schon gut. Wenn du morgen Früh in die Firma kommst, dann musst du mir einen hoch aufgelösten Scan von Julian Kendish besorgen.«
    »Dem Vorgänger deines jetzigen Reiseführers?«
    »Sehr witzig. Ginge es nach Blackwater, dann wäre ich jetzt auf einer Schaufenster tour der besonderen Art. Hör zu, in der Personalakte unseres ehemaligen Sicherheitsgurus findest du bestimmt ein Foto…«
    »Damit werden die lieben Kollegen mich auch gerade aus der Personalabteilung spazieren

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